Essen/Berlin. Allein im Ruhrgebiet fehlen 235.000 Fachkräfte. Nun senkt der Bund die Hürden für die Einwanderung von Arbeitnehmern. Aber reicht das aus?
Im Kampf gegen den Arbeitskräftemangel sollen nun abgesenkte Einwanderungshürden dabei helfen, Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu holen. Nach dem Bundestag machte am Freitag auch der Bundesrat den Weg frei für eine Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes.
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Das Gesetz sieht unter anderem die Einführung einer sogenannten Chancenkarte vor. Je nach Sprachkenntnis, Berufserfahrung, Alter und Deutschlandbezug sollen Ausländer Punkte bekommen können, die sie zum Erhalt dieser Chancenkarte berechtigen. Sie dient dann als Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr. Inhaber können damit in Deutschland auf Arbeitssuche gehen. Kanada macht das so ähnlich seit vielen Jahren.
Nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser können in diesem Jahr bundesweit rund 600.000 Stellen nicht besetzt werden, „schlicht weil die Menschen nicht da sind“, sagte sie im Bundesrat. Deutschland brauche bis zum Jahr 2035 sieben Millionen zusätzliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, rechnete Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in der Länderkammer vor. Deshalb müssten Einwanderung und die Mobilisierung zusätzlicher Arbeitskräfte im Inland Hand in Hand gehen, sagte Heil.
Die gravierenden Engpässe sind auch an Rhein und Ruhr zu spüren. „Da rollt noch ein Tsunami auf uns zu“, sagte in dieser Woche Hartmut Buhren, Stellvertretender Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Essen, bei einem Besuch von IHK-Vertreterinnen und Vertretern in der WAZ-Redaktion.
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„Laut dem IHK-Fachkräftemonitor fehlen in den nächsten fünf Jahren allein im Ruhrgebiet 235.000 Arbeitskräfte“, sagte Buhren. Der Personalmangel treffe inzwischen alle Branchen und Betriebsgrößen. Um die personellen Löcher zu stopfen, setzen auch die Ruhrgebiets-Kammern auf Zuwanderung. „Wir müssen ausgetretene Pfade verlassen“, fordert der Unternehmer aus Mülheim. „Die Akquise von Auszubildenden und Fachkräften aus dem Ausland ist ein guter Weg, den müssen die Ausländerämter aber mitgehen und dürfen keine Hürden aufstellen.“
In Nordrhein-Westfalen haben 2022 rund 12.800 Menschen die Anerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses beantragt. Das waren gut 20 Prozent mehr als im Vorjahr, wie das Statistische Landesamt IT.NRW am Freitag in Düsseldorf mitteilte.
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Bei drei Viertel aller Anerkennungsverfahren ging es um medizinische Gesundheitsberufe wie Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger (rund 4000 Fälle), Ärztinnen und Ärzte (2400) sowie Pflegefachmann oder -frau (680). Die meisten Antragsteller hatten ihren Berufsabschluss in Syrien (1500), der Türkei (1200) oder Tunesien (900) erworben.
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