Essen. Biomüll aus Millionen Haushalten wird verheizt, nur weil braune Tonnen fehlen oder die Behälter falsch befüllt werden. Bald drohen Geldbußen.

  • Speisereste oder Gartenabfälle können in der Biotonne entsorgt werden. Aus den organischen Abfällen wird Biogas oder Kompost.
  • Trotz gesetzlicher Vorgaben wird in Millionen Haushalten wertvoller Biomüll mit dem Restmüll verbrannt, weil braune Tonnen fehlen oder die Behälter falsch befüllt werden. Nun werden die Vorschriften verschärft.
  • In diesem Artikel lesen Sie, was mit dem Biomüll passiert und welche Regeln künftig gelten.

Rund fünf Millionen Tonnen Biomüll aus Sammelbehältern werden jährlich in Deutschland verwertet, pro Kopf rund 60 Kilo, hat das Umweltbundesamt ausgerechnet. Von übrig gebliebenen Nudeln über Kaffeesatz und Eierschalen bis hin zum Grünschnitt aus dem Garten: In den – je nach Region – braunen Tonnen landet alles, was organischer Abfall ist. Also das, was sich zersetzen kann. Ein Schatz, der viel zu kostbar ist, um verbrannt zu werden, sagt Michael Jedelhauser, Experte für Kreislaufwirtschaft beim Naturschutzbund Deutschland (NABU). Doch genau das geschieht immer noch in Millionen Haushalten, die keine Biotonne haben.

Dabei ist das, was die Mikroorganismen und Bakterien aus Speiseresten und Gartenabfällen machen, ein nachhaltiger Wertstoff: „In den Vergärungsanlagen wird aus den Bioabfällen Energie, und in den Kompostieranlagen stellen wir Erden und Kompost her“, sagt Jedelhauser. „So schützen wir Klima und Rohstoffe.“

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Dennoch gibt es bei der Sammlung und Verwertung von Biomüll „viel Luft nach oben“, stellt der NABU in Analysen fest. So gibt es in den deutschen Städten und Kreisen ein Flickenteppich aus verpflichtender und freiwilliger Sammlung. Und, wie Umfragen immer wieder zeigen: Viele Bürger befüllen die Abfalltonnen falsch. Entweder aus Unwissenheit oder aufgrund von Gleichgültigkeit, so die Erklärungsversuche. Bund und Länder sagen den Fehlwürfen nun den Kampf an. Ab Mai gelten strengere Regeln, schärfere Kontrollen und auch Geldbußen sind möglich.

Worum es bei der Biomüllsammlung geht, warum noch viele Ressourcen verschwendet werden und was sich in diesem Jahr an Vorschriften ändert: ein Überblick.

Warum nicht alle eine Biotonne vor der Haustür haben

Eigentlich sind Städte und Gemeinden in Deutschland seit 2015 über das Kreislaufwirtschaftsgesetz verpflichtet, den Bürgern ein Sammelsystem für Biomüll bereitzustellen. Eine Analyse des NABU aber zeigt: In vielen Kreisen gibt es die Biotonne nur auf freiwilliger Basis, in manchen wird sie gar nicht angeboten.

Erst 284 von 400 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland hatten laut NABU Stand 2023 eine Pflicht-Biotonne eingeführt. 16 Prozent der deutschen Landkreise und kreisfreien Städte bieten Bürgern keine Möglichkeit, Speisereste und Gartenfälle in einer Biotonne zu entsorgen. „Trotz der gesetzlichen Vorgabe gibt es somit immer noch Millionen Haushalte, in denen wertvoller Bioabfall in den Restmüll wandert und verbrannt wird“, sagt Jedelhauser. Vier Millionen Tonnen Biomüll würden auf diesen Weise pro Jahr verloren gehen.

In weiteren 14 Prozent der Städte und Kreise wird laut NABU lediglich eine freiwillige Biotonne angeboten. Doch selbst die hat Akzeptanzprobleme: Dort, wo es freiwillige Biotonnen gibt oder Bürger ihren Biomüll etwa in Sammelstellen abliefern können, gebe es signifikant weniger Bioabfälle und deutlich mehr Restmüll, stellt die Umweltorganisation fest.

Der NABU fordert als Konsequenz, die Biotonne in Kreisen und Städten flächendeckend für jedes Grundstück einzuführen. Die Kommunen sollten zudem regelmäßige Kontrollen durchführen, um die Qualität des Bioabfalls sicherzustellen. „Stärker reguliert werden sollte auch die Eigenkompostierung im heimischen Garten“, so Jedelhauser. „In vielen Haushalten, die sich so von den Gebühren für die Biotonne befreien lassen konnten, hat die Ausbringung der Mengen zu einer Überdüngung des Gartens geführt.“

Kampagne #wirfuerbio startet
„Störstoff“ Plastik: Mit einer Anzeigenkampagne - im Bild ein Plakat aus Meschede im Hochsauerland - informieren Abfallwirtschaftsbetriebe aus den Bundesländern über die richtige Befüllung der Biotonne. © WP | Stadt Meschede

Das passiert mit dem gesammelten Biomüll

Die eingesammelten organischen Abfälle können auf zwei Arten verwertet werden: Entweder sie verrotten in Kompostieranlagen zu Humus, oder aus ihnen wird in Vergärungsanlagen Biogas gewonnen.

Die Kompostierung in industriellen Anlagen dauert etwa im Schnitt sechs Wochen. Dann ist aus den organischen Abfällen Humuserde geworden. Als Kompost und Nährstofflieferant wird sie für die Landwirtschaft oder allgemein als Bodenverbesser genutzt. Vorteil für die Umwelt: So kann auf torfhaltige Erden verzichtet und die Ausbeutung von Mooren verringert werden. Zuvor aber muss der Biomüll von Störstoffen wie etwa Kunststoff gereinigt werden.

Auch in den Biogasanlagen muss der angelieferte Müll zunächst gesäubert werden. Bakterien setzen dann Gärungsprozesse in Gang, am Ende entsteht Methan. Das Gas wird gereinigt und kann anschließend entweder ins Erdgasnetz eingespeist oder zur Strom- und Wärmegewinnung in einem Blockheizkraftwerk verbrannt werden. Die Reste (Rotte) können kompostiert werden, aus ihnen kann Dünger gewonnen werden.

Was in den Biomülltonne kommt

Ob grün, braun oder gelb: In den Mülltonnen der Deutschen häufen sich die Fehlwürfe, klagt die Entsorgungsbranche. Doch gerade beim Biomüll sind die Regeln kompliziert.

Generell gilt, dass alle pflanzlichen Küchenabfälle sowie Gartenabfälle in der Biomülltonne entsorgt werden können. Das sind zum Beispiel:

  • Salat-, Obst- und Gemüseabfälle
  • feste Speisereste
  • Eierschalen
  • Brotreste und Teigwaren
  • Käsereste
  • Kaffee- und Teesatz
  • Servietten und Küchenpapier
  • Blumen und Topfpflanzen.

Es gibt Ausnahmen. Was darüber hinaus in den Biomüll darf, ist in den Abfallsatzungen der Kommunen geregelt: Manche erlauben etwa auch Speisefette oder Öle, auch tierische Lebensmittel. Welche Abfälle in die Biotonne genau dürfen, ist abhängig davon, ob es in der Stadt oder im Kreis entsprechende Aufbereitungsanlagen gibt, um die Abfälle zu verwerten. Die Verbraucherzentralen raten, sich auf den Websites der Entsorger zu informieren oder die Abfallberatung zu befragen, die es in vielen Kommunen gibt.

Michael Jedelhauser

„Trotz der gesetzlichen Vorgabe gibt es immer noch Millionen Haushalte, in denen wertvoller Bioabfall in den Restmüll wandert und verbrannt wird.“

Michael Jedelhauser, Naturschutzbund Deutschland

Was nicht in den Biomülltonne kommt

Biomüll von Störstoffen wie Plastik, Metallen, Glas oder Folien zu reinigen, ist sehr aufwendig. Allerdings bereiten genau diese Stoffe bei der weiteren Verwertung große Probleme. Sie behindern etwa den Kompostierungsprozess in den Anlagen und verschlechtern die Qualität der Komposte. Am Ende können so nicht zersetzte Mikroplastikteilchen oder Metalle auf den Äckern landen.

Nicht in die Biotonnen dürfen:

  • Kunststoffe
  • Verpackungen
  • Folien, Tüten, Plastiktüten
  • Metalle, Alufolien oder Dosen

Was viele Verbraucher nicht wissen: Auch Produkte, die als kompostierbar beworben werden oder biologisch abbaubaren Kunststoffen bestehen, dürfen nicht in die Biotonnen. Dazu zählen etwa:

  • Kompostierbare Plastiktüten
  • Kompostierbare Kaffeekapseln
  • Kompostierbares Besteck

Der Grund: Ihre Zersetzung dauert in den industriellen Kompostieranlagen zu lange. Dort muss der Kompost in vier bis sechs Wochen verkaufsfertig sein. Es gibt jedoch biologisch abbaubare Plastikbeutel für Biomüll, die sich schneller zersetzen und in die braune Tonne dürfen. Sie müssen nach der Norm „Bioabfall-Beutel DINplus“ zertifiziert sein. Verbraucher können diese Beutel an der flächendeckenden Bedruckung mit dem Keimlingssymbol erkennen. Informationen über biologisch abbaubare Produkte und deren Entsorgung gibt das Umweltbundesamt auf dieser Seite.

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Tabu für die Biotonne sind außerdem:

  • Hygieneartikel
  • Windeln
  • Staubsaugerbeutel
  • Textilien
  • Leder
  • Katzen- und Kleintierstreu
  • behandeltes Holz
  • Asche

Diese Stoffe können mit dem Restmüll entsorgt werden. Papier gehört grundsätzlich in die Papiersammlung. Erlaubt und sinnvoll sind jedoch kleine Mengen von Zeitungspapier, um in der Tonne Feuchtigkeit aufzusaugen.

>> Tipp: Was in die Biomülltonne gehört und was nicht, hat das Umweltbundesamt auf dieser Seite aufgelistet.

Im Mai 2025 werden die Regeln für den Biomüll verschärft

Am 1. Mai 2025 tritt die „kleine“ Novelle Bioabfallverordnung (BioAbfV) in Kraft. Sie enthält strengere Vorgaben für das Befüllen der Biotonnen. Künftig darf die Tonne nur höchstens ein Prozent Störstoffe enthalten. Sind mehr als drei Prozent Plastik, Glas oder andere Abfallsorten enthalten, drohen dem Haushalt Konsequenzen. Dann kann eine Tonne stehen gelassen werden. Sie müsste dann einzeln abgeholt und kostenpflichtig als Restabfall entsorgt werden. Theoretisch können die Entsorgungsbetriebe auch Bußgelder verhängen. Bürger müssten jedoch keine Strafzahlungen wegen einer falschen Befüllung der Tonne befürchten, teilt das Bundesumweltministerium mit. Demnach richten sich die in der in der Verordnung enthaltenen Ordnungswidrigkeiten nur an Aufbereiter, Bioabfallbehandler und Gemischhersteller, die Bioabfälle verwenden.

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