Bochum. Der Bochumer Immobilienriese Vonovia hat den Berliner Konzern Deutsche Wohnen komplett übernommen. Was das für Mieterinnen und Mieter bedeutet.

Der größte deutsche Wohnimmobilienkonzern Vonovia kann seine Tochter Deutsche Wohnen wie geplant noch enger an sich binden. Bei einer außerordentlichen Hauptversammlung am Freitag stimmten die Aktionäre von Vonovia für die Komplett-Übernahme. Die erforderliche Mehrheit sei deutlich übertroffen worden, teilte das Bochumer Unternehmen mit.

99,97 Prozent des Grundkapitals hätten für den sogenannten Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag sowie für die damit verbundene Kapitalerhöhung gestimmt. Bereits am Donnerstag hatte sich die erforderliche Mehrheit auf der außerordentlichen Hauptversammlung der Deutsche Wohnen für den Vertrag ausgesprochen, so Vonovia.

Vonovia brauchte die Zustimmung der Anteilseigner, um ihren Einfluss beim Berliner Wohnungsriesen Deutsche Wohnen auszuweiten. Der Plan löst Proteste aus. Kritik weist Vonovia zurück.

Vonovia greift sich die letzten 13 Prozent an Deutsche Wohnen

Es war am Pfingstmontag 2021, als Vorstandschef Rolf Buch am späten Abend im dritten Anlauf den Deal verkünden konnte. Der Dax-Konzern Vonovia, die Nummer 1, schluckte die Nummer 2, Deutsche Wohnen. Durch die Übernahme der 140.000 Wohnungen in der Hauptstadt verschafften sich die Bochumer Zugang zum gleichermaßen umkämpften wie lukrativen Immobilienmarkt in Berlin. Vonovia kaufte schließlich im Oktober 2021 allerdings nur 87,6 Prozente der Anteile. Nun greift Vonovia auch nach den restlichen rund 13 Prozent des früheren Rivalen.

Es geht aber auch um einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Das bedeutet, dass die Deutsche Wohnen in Berlin künftig komplett vom Vonovia-Vorstand in Bochum gelenkt wird und auch der Jahresüberschuss direkt in die Kasse des Dax-Konzerns fließt.

Daran entzündet sich die geballte Kritik des Mieterbunds NRW, des Mieterbündnisses Vonovia & Co., der Plattform kritischer Immobilien-Aktionäre und des Dachverbands kritischer Aktionäre. „Für Mieterinnen und Mieter bedeutet die Verschmelzung der beiden Konzerne das Schlechteste aus beiden Welten zu bekommen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Mieterbund NRW: „Kommunen und Lieferanten werden erpressbar“

Den Mieterschützern ist allein schon die schiere Größe der neuen Vonovia mit rund 480.000 Wohnungen allein in Deutschland suspekt. „Fast eine halbe Millionen Wohnungen in der Hand eines Konzernes ist eine unzumutbare Machtkonzentration. Kommunen und Lieferanten werden erpressbar“, warnt Hans-Jochem Witzke, der Vorsitzende des Mieterbunds NRW.

Damit aber nicht genug. Als Vonovia-Aktionär hat Knut Unger vom Mieterverein Witten im Vorfeld angekündigt, gegen den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag zu stimmen und er hat dazu bei der Hauptversammlung einen Gegenantrag eingebracht. Der Vertrag solle „die vollständige Unterwerfung der Wohnungsbestände und Betriebe der Deutsche Wohnen SE unter das Kommando der Vonovia-Vortandes besiegeln und die Übernahme unumkehrbar machen“, schreibt Unger im Gegenantrag. „Für die Mietenden besiegelt dieser Schritt, dass die Mieten gemäß den Geschäftszielen des Vonovia-Vorstandes weiterhin stark ansteigen und die ortsüblichen Vergleichsmieten in den Ballungsräumen antreiben werden.“ Nach Konzernangaben sind die Kaltmieten bei Vonovia in Deutschland bis zum 30. September des vergangenen Jahres um durchschnittlich 2,2 Prozent auf 7,81 Euro pro Quadratmeter gestiegen.

Vonovia: „Für die Mieterinnen und Mieter ändert sich nichts“

Vonovia-Sprecherin Nina Henckel weist die Vorwürfe zurück. Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag „erlaubt eine Vereinfachung der Führungsstruktur und Governance im Konzernverbund der beiden Unternehmen“, sagte sie unserer Redaktion. „Das operative Geschäft ist aber bereits weitgehend integriert. Für die Mieterinnen und Mieter ändert sich also nichts.

Die Mieterschützer kritisieren in ihrer gemeinsamen Erklärung aber auch, dass Vonovia die Deutsche Wohnen komplett übernimmt, offenbar ohne dafür Grunderwerbssteuer zahlen zu müssen. Der Dax-Konzern umgehe die Besteuerung, in dem er 20 Prozent seiner Anteile an Deutsche Wohnen in ein Joint Venture mit dem Finanzinvestor Apollo einbringe. „Allein dem Land Berlin entgehen dadurch über eine Milliarde Euro an Einnahmen“, schreiben die Mieterschützer.

Dies ist die aktualisierte Fassung eines Artikels, der erstmals am 22. Januar 2025 erschienen ist.

Weitere Texte aus dem Ressort Wirtschaft finden Sie hier: