Jerusalem. Der Internationale Strafgerichtshof hat einen Haftbefehl gegen Israels Ministerpräsidenten Netanjahu verhangen. Das sind die Folgen.
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Ex-Verteidigungsminister Joav Gallant verhängt. Was ihnen Chefankläger Karim Khan vorwirft und was die Folgen sind. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Müssen die israelischen Politiker jetzt ins Gefängnis?
Nein. In Israel, in den USA und in einigen anderen Staaten haben Netanjahu und Gallant nichts zu befürchten. Es gibt aber 124 Staaten, die sich der Jurisdiktion des Tribunals unterwerfen – darunter die meisten EU-Staaten und auch Deutschland. In diese Länder sollten Netanjahu und Gallant besser nicht mehr reisen, wenn sie sichergehen wollen, dass man sie dort nicht verhaftet. Das betrifft auch kurze Aufenthalte, etwa bei einer Zwischenlandung. Netanjahu sollte also darauf achten, künftig nur Direktflüge von Tel Aviv in die USA zu nehmen. Das tut er aber in der Regel auch schon jetzt.
Kann Netanjahu jetzt nicht mehr nach Deutschland reisen?
Er sollte es besser vermeiden. Die aktuelle Bundesregierung hat erklärt, dass sie die Haftbefehle exekutieren würde. Mit einer neuen Regierung könnte sich das ändern: Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) hat es als „Skandal“ bezeichnet, dass die Ampel-Regierung Netanjahu ausliefern würde. Auch ein Kanzler Merz wäre aber an internationales Recht gebunden – und dieses verpflichtet Deutschland, Haftbefehle zu exekutieren.
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Was wirft das Tribunal den beiden (Ex-)Politikern vor?
Netanjahu und Gallant sollen im Gazakrieg Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben. Israels Armee soll in ihrem Auftrag in Gaza ganz gezielt Hunger als Waffe eingesetzt haben und in mindestens zwei Vorfällen absichtlich auf die Zivilbevölkerung geschossen haben.
Zudem wirft der Gerichtshof Israel Verbrechen gegen die Menschlichkeit in mehreren Punkten vor: Mord, ethnische Verfolgung und „sonstige unmenschliche Behandlung“: Als Beispiel nennt der Gerichtshof die Blockade von Hilfslieferungen medizinischer Güter durch Israels Armee, sodass chirurgische Eingriffe ohne Betäubung durchgeführt werden mussten, die den Betroffenen „extremen Schmerz“ verursachten.
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Wirft das Gericht den Politikern vor, in Gaza einen Genozid begangen zu haben?
Nein. Der Genozidvorwurf gegen Israel wird derzeit von einem anderen Gericht geprüft – dem Internationalen Gerichtshof. Bis eine Entscheidung vorliegt, dürfte noch einige Zeit vergehen.
Warum trifft es ausgerechnet Netanjahu und Gallant, und nicht auch den Chef der Armee?
Niemand weiß, ob nicht noch weitere Haftbefehle folgen werden. Das Verfahren ist geheim, um die Ermittlungen und die zahlreichen Zeugen im Verfahren zu schützen. Es ist möglich, dass der Chefankläger inzwischen weitere Anträge auf Haftbefehle gestellt hat, von denen die Öffentlichkeit nichts erfährt. Theoretisch könnte es dann auch Gallants Nachfolger als Verteidigungsminister, Israel Katz, treffen. Denn das Tribunal hat in seiner Aussendung festgestellt, dass einige der in den Haftbefehlen aufgezählten Handlungen auch heute noch in Gaza gesetzt werden.
Gibt es keine Haftbefehle gegen Hamas-Führer?
Es gibt einen Haftbefehl gegen Mohammed Deif, jenen Hamas-Führer, von dem Israel behauptet, ihn bereits getötet zu haben – was die Hamas bestreitet. Anträge auf Haftbefehle gegen die Hamas-Führer Ismail Haniyeh und Yahya Sinwar hat es zwar gegeben – beide sind aber tot, die Verfahren wurden daher eingestellt.
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