Essen. Gründer Schmiegelow ist aus der Untersuchungshaft entlassen. Warum die Insolvenzversicherung Geschädigten Reisepreise nicht erstattet.

Er hatte exklusive Traumreisen versprochen. Doch für etliche Kundinnen und Kunden des Kölner Luxusurlaub-Anbieters Itravel endeten die Buchungen als finanzieller Albtraum. Geschäftsführer und Gründer Axel Schmiegelow ist inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassen und will sein Unternehmen offenbar verkaufen. Viele Probleme aber bleiben.

Es war ein Paukenschlag, als die Staatsanwaltschaft Köln Mitte April mitteilte, dass ein Verantwortlicher von Itravel wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs, der Wiederholungs- und Fluchtgefahr festgenommen und in Untersuchungshaft genommen worden sei. Er sei „dringend verdächtig“, an Kunden „Luxusreisen vertrieben zu haben, ohne entsprechende Leistungen bei Drittanbietern (Flüge/Hotels etc. tatsächlich zu buchen bzw. zu zahlen“, sagte Staatsanwältin Stephanie Beller seinerzeit unserer Redaktion.

Itravel: Reisen für 200 Kunden storniert oder ungewiss

Den Namen des Beschuldigten nannte sie damals nicht. Inzwischen ist klar, dass es sich um den Chef Axel Schmiegelow persönlich handelte. Zu Einzelheiten des Ermittlungsverfahrens im Frühjahr will sich Itravel auf Anfrage unserer Redaktion nicht äußern, wohl aber zu den Auswirkungen auf das Unternehmen und dessen Kunden. Seit Anfang April nimmt die Firma keine neue Buchungen mehr an. Der Betrieb sei insoweit eingestellt. Der Schaden ist dennoch immens. Ein Sprecher beziffert die Zahl derer, deren Reiseantritt deswegen storniert oder ungewiss sei, auf rund 200. Betroffen seien Abreisetermine bis zum Jahr 2025.

Im April war die Staatsanwaltschaft Köln noch von gerade einmal neun Fällen mit einem Gesamtschaden von 82.000 Euro ausgegangen, in denen Kunden bislang vergeblich auf Rückerstattung ihres gezahlten Reisepreises gewartet hatten. 20 Anzeigen lagen damals vor. Inzwischen wurde für ein Unternehmen der Itravel-Gruppe laut einem Sprecher das Insolvenzverfahren eingeleitet. Es ist die Inspiring Travel Club Familiy GmbH. Die IT Individual Software and Services GmbH stehe unter vorläufiger Insolvenzverwaltung.

Axel Schmiegelow ist Gründer und Geschäftsführer des Kölner Start-ups Itravel. Im März kam er zum Gespräch in die WAZ-Wirtschaftsredaktion in Essen.
Axel Schmiegelow ist Gründer und Geschäftsführer des Kölner Start-ups Itravel. Im März kam er zum Gespräch in die WAZ-Wirtschaftsredaktion in Essen. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Die größte Relevanz dürfte allerdings die Insolvenz der Itravel Luxembourg s.a.r.l. haben, die nach Angaben des Sprechers seit Ende August endgültig ist. Nach Lesart des Unternehmens fungiert das luxemburgische Unternehmen seit Oktober 2020 als Reiseveranstalter, die bislang in Köln ansässige Itravel Central Europe GmbH als Vermittlerin der Reisen.

Der kleine, aber feine Unterschied hat massive Auswirkungen auf die Kunden. Denn die belgische Versicherungsgesellschaft MS Amlin lehnt die Zahlung ab, wie aus einer E-Mail an betroffene Kunden hervorgeht, die unserer Redaktion vorliegt. Darin argumentiert MS Amlin in englischer Sprache, man sei der Auffassung, dass der Reiseveranstalter Itravel Luxembourg die gebuchten Reisen gar nicht veranstaltet habe. Der Sicherungsschein, der Kunden vor der Insolvenz des Reiseanbieters schützen soll, sei auf zwar auf Itravel Luxembourg ausgestellt. Das Unternehmen habe die Reisen aber nicht veranstaltet. Deshalb greife die Versicherung nicht.

Itravel sieht Versicherung in der Erstattungspflicht

Der Sprecher von Itravel weist die Rechtfertigung der Versicherung zurück und sieht MS Amlin „uneingeschränkt in der Erstattungspflicht“. Der MS Amlin sei außerdem die Tätigkeit am deutschen Markt seit 2018 und die aktuelle Firmenstruktur seit 2021 bekannt gewesen. Durch die Beauftragung einer Anwaltskanzlei im Juni 2024 unterstütze Itravel nun seine Kunden dabei, dass der Versicherer deren Ansprüche anerkennt, so der Sprecher.

Auf eine mögliche Sammelklage setzt auch eine Familie aus Bayern, die ihre Probleme mit einer bei Itravel gebuchten, aber geplatzten Reise nach Sri Lanka bereits im Frühjahr unserer Redaktion geschildert hatte. Nachdem Itravel die Erstattung des bereits überwiesenem Reisepreises in Höhe von über 9000 Euro abgelehnt habe, so die Familie, habe sie sich mehrfach an den Versicherer MS Amlin gewandt. Ohne Erfolg. Auch eine Intervention beim belgischen Ombudsmann für Versicherungen sei ergebnislos verlaufen. „Das werden die Gerichte entscheiden müssen“, sagt ein Familienmitglied resigniert.

Itravel soll verkauft werden

Derweil stehen die Zeichen bei Itravel offenbar auf Abschied. Das Unternehmen mit drei Mitarbeitenden, die von den einst mehr als 50 Itravel-Beschäftigten nach Unternehmensangaben übriggeblieben sind, seien ohnehin mit Unterstützung von Insolvenzfachanwälten darauf ausgerichtet, Forderungen von Kunden und Vertragspartnern zu bearbeiten und nach Fortführungslösungen zu suchen. Ziel sei es, so der Sprecher, die Reiseplattform an eine andere Firma mit neuer Geschäftsführung zu verkaufen.

Zu Mitarbeitenden, die nach der Betriebseinstellung gehen mussten, hat Gründer Schmiegelow inzwischen nach Informationen unserer Redaktion wieder Kontakt aufgenommen. Manche von ihnen sahen darin einen Vorstoß des 51-Jährigen, Itravel selbst wieder aufbauen zu wollen. Ein Sprecher erklärt aber auf Anfrage, man habe bei den Ex-Beschäftigten lediglich abfragen wollen, ob sie bereit seien, für ein etwaiges Nachfolgeunternehmen unter neuer Führung tätig zu werden. Es zeichne sich ab, dass ein anderes Touristik-Unternehmen die Itravel-Plattform übernehmen könnte.