Essen. Staatsanwaltschaft Köln sieht dringenden Tatverdacht gewerbsmäßigen Betrugs. Viele mutmaßliche Opfer bangen um ihre Reisen und ihr Geld.

Die Wirren um geplatzte Luxusreisen beim Kölner Luxusreisen-Anbieter ITravel haben einen neuen negativen Höhepunkt erreicht: Wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Betrug ist ein 51-jähriger Verantwortlicher des Unternehmens festgenommen worden und sitzt in Untersuchungshaft. Das gab die Staatsanwaltschaft Köln auf Anfrage unserer Redaktion bekannt. Der Haftbefehl sei ergangen, weil das Amtsgericht Köln sowohl Fluchtgefahr als auch Wiederholungsgefahr gesehen hat.

Gegenstand des Haftbefehls sei der Vorwurf der Insolvenzverschleppung sowie des gewerbsmäßigen Betruges. Der Beschuldigte sei „dringend verdächtig, als Verantwortlicher der Unternehmensgruppe angehöriger Gesellschaften, an Privatpersonen Luxusreisen vertrieben zu haben, ohne entsprechende Leistungen bei Drittanbietern (Flüge/Hotels etc.) tatsächlich zu buchen bzw. zu zahlen“, erklärte Staatsanwältin Stephanie Beller. Den Namen des Beschuldigten nennt sie nicht.

ITravel nimmt ab sofort keine Buchungen mehr entgegen

Die geschädigten ITravel-Kunden sollen dies regelmäßig erst am Urlaubsort erfahren haben. Entsprechende Leistungen der Drittanbieter sollen von den Reisenden dann vor Ort gezahlt worden sein. „Rückerstattungen der an die Unternehmen des Beschuldigten getätigten Zahlungen der geschädigten Kunden sind nach dem Tatvorwurf im Nachgang nicht erfolgt. Der vorgeworfene Schaden beläuft sich insofern auf rund 82.000 Euro“, teilt die Staatsanwaltschaft mit. Die Schadenssumme bezieht sich bisher nur auf neun Fälle, für die die Staatsanwaltschaft dringenden Tatverdacht sieht. Dies dürfte demnach nur die Spitze des Eisbergs sein, denn es melden sich immer mehr mutmaßlich geprellte Kundinnen und Kunden.

ITravel nimmt ab sofort auch keine Buchungen mehr entgegen. Bis Montagmittag lockte die Internetseite des Anbieters noch mit der „ITravel-Garantie für ein Rundum-Sorglos-Paket“. Das steht immer noch auf der Seite, allerdings darüber eine Nachricht, die erhebliche Zweifel an der Seriosität dieses Versprechens weckt: „Wir haben derzeit eine erhebliche betriebliche Störung, die unsere Erreichbarkeit und Personaltätigkeit beeinträchtigt. Bitte haben Sie deswegen Verständnis, wenn wir nicht wie gewohnt telefonisch erreichbar sind. In dringenden Fällen wenden Sie sich bitte an reklamation@itravel.de. Derzeit nehmen wir keine neuen Buchungen an.“

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Die Sorgen vieler Menschen, die bei ITtravel eine Reise gebucht und bezahlt haben, wachsen nun, dass sie diese nicht werden antreten können. Nach unserer Berichterstattung meldeten sich einige potenzielle Opfer. Sie berichten übereinstimmend, ihre Reise teilweise oder ganz bezahlt zu haben, von den gebuchten Fluggesellschaften und Hotels aber erfahren mussten, dass diese kein Geld von ITravel erhalten hätten.

Das Unternehmen ist nicht mehr erreichbar, die Telefonnummer für die Presse existiert nicht mehr, auf der Hauptleitung meldet sich nur eine Computerstimme. Auch mehrfache Anfragen unserer Redaktion blieben unbeantwortet. Selbst die PR-Agentur, die zuletzt für das Unternehmen gearbeitet hat, erklärte, keinen Kontakt mehr zu haben.

Betroffene: Gebuchte Flüge und Hotels wurden nicht bezahlt

So berichtet der Vater einer Familie aus Ingolstadt (Name dieser Redaktion bekannt), 32.000 Euro für eine Reise seiner achtköpfigen Familie auf die Malediven gebucht zu haben, die kommende Woche stattfinden soll. Doch man habe im von ITravel gebuchten Flugzeug keine Sitzplätze reservieren können, weil die Flüge nicht bezahlt worden seien. Von ITravel habe man seit Anfang April auf vielfache Nachfragen keine Rückmeldung mehr erhalten.

Die Staatsanwaltschaft Köln hatte Ende März Ermittlungen gegen ITravel aufgenommen und war zahlreichen Strafanzeigen nachgegangen, die Geschädigte aus ganz Deutschland erstattet hatten. Zu ihnen gehört auch eine Familie aus Bayern, die nach eigenen Angaben auf die Rückerstattung von mehr als 9000 Euro für eine stornierte Reise nach Sri Lanka wartet.

Immer mehr potenzielle ITravel-Opfer melden sich

ITravel-Gründer Axel Schmiegelow (51) hatte noch im März im Gespräch mit unserer Redaktion 26 Hotelstornierungen eingeräumt, aber versichert, alle betroffenen Kundinnen und Kunden entschädigt zu haben. „Wir haben ihnen den Preis in vollem Umfang zurückerstattet“, so Schmiegelow. Mit den Investoren seien alle Probleme behoben worden. Alt-Gesellschafter wie der TV-Star Frank Thelen (Höhle der Löwen), der Risikokapitalgeber Florian Heinemann, der ehemalige Thomas-Cook-Chef Peter Fankhauser, der frühere Karstadt-Reisen-Chef Carsten Seeliger und der Venture Capital Fonds Grazia Impact hätten einer Kapitalerhöhung zugestimmt.

Das können die ITravel-Kundinnen und -Kunden, die sich bei uns gemeldet haben, so gar nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil: Eine Reisegruppe aus Moers sorgt sich ebenfalls, ob ihre bereits vor einem Jahr gebuchte Reise in diesem Mai stattfinden wird. Sechs Freundinnen wollten gemeinsam ihre 50. Geburtstage auf dieser Reise feiern. Seit Februar laufe man nun ITravel hinterher, das gebuchte Hotel sei nicht nur nicht bezahlt, es habe inzwischen sogar geschlossen. Die ausstehenden Restzahlungen habe man nicht überwiesen, nachdem eine Ex-Mitarbeiterin des Unternehmens ihnen davon abgeraten habe.