Berlin. Die Polizei verhindert die Erstürmung des Tesla-Werks, und die Regierung stellt sich hinter Tesla. So viele Polizisten wurden verletzt.
Der Protest gegen die geplante Werkserweiterung von Tesla im brandenburgischen Grünheide bei Berlin stößt bei der Bundesregierung auf scharfe Kritik. „Es gibt Grenzen des Protests. In Grünheide ist diese Grenze leicht zu finden: Es ist der Grenzzaun des Betriebsgeländes. Dort endet der Protest, es beginnt die Strafbarkeit“, sagte der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dieser Redaktion.
„Protestler tragen immer auch Verantwortung dafür, dass ihre Aktionen gewaltfrei bleiben und sich nicht radikalisieren.“ Insgesamt müsse man gerade sehr aufpassen, dass die Protestformen nicht immer radikaler würden, sagte der Grünen-Politiker.
Unter Parolen wie „Wasser. Wald. Gerechtigkeit“ oder „Hänge weg von unserem Wasser“ haben seit Himmelfahrt mehrere Initiativen vier Tage lang gegen die geplante Erweiterung des Werks demonstriert und ein Großaufgebot der Polizei in Atem gehalten. Mit den „Aktionstagen gegen Tesla“ wollten die rund 1000 Demonstranten die geplante Verdopplung der Tesla-Produktion von Elektroautos auf mindestens 1 Million Fahrzeuge pro Jahr verhindern – und damit auch die Abholzung von weiteren Waldflächen in dem Trinkwasserschutzgebiet.
Proteste gegen Tesla: Polizei verhindert Erstürmung
Am dritten Tag versuchten einige Aktivisten, das Werksgelände zu stürmen. Erfolglos. Die Polizei stoppte die Demonstranten und nahm 23 Personen vorübergehend fest, fünf davon wurden einem Haftrichter vorgeführt. 27 Polizisten wurden verletzt, aber auch Demonstranten. Es gab 76 Strafanzeigen vor allem wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und wegen Sachbeschädigungen, berichtete die Polizei dieser Redaktion. In der Spitze waren 1500 Beamte auch aus anderen Bundesländern im Einsatz.
Wirtschaftsminister Habeck hält den Protest aber auch in der Sache für falsch: „Er richtet sich gegen jede Autofabrik. Ende Gelände will nicht nur Tesla stoppen, sondern auch die anderen Autokonzerne, VW in Wolfsburg oder Mercedes in Bremen.“ Habeck verwies auf die immense wirtschaftliche Bedeutung Deutschlands als Land der Autohersteller: „Niemand kann aber ein Interesse an Deutschland ohne Automobil-Produktion haben“, sagte der Minister.
„Wir werben darum, dass die Autos der Zukunft hier produziert werden – und Arbeitsplätze und Wertschöpfung hier gehalten werden. Und solche Autos baut eben auch Tesla.“ In Deutschlands Autoindustrie arbeiten nach jüngsten Zahlen rund 780.000 Mitarbeiter.
Das sagen der Bundeskanzler und Tesla-Chef Musk
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hofft auf den weiteren Ausbau des Tesla-Werkes. Brandenburg habe ein großes Wirtschaftswachstum, sagte Scholz bei einer Talkrunde des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). Tesla-Chef Elon Musk zeigte sich erst recht über die Ausschreitung irritiert. Auf der Plattform X, die ihm gehört, schrieb er nach der versuchten Erstürmung des Geländes: „Es passiert etwas sehr Seltsames, da Tesla als einziger Autokonzern angegriffen wurde!“
Tesla hatte vor zwei Jahren in Brandenburg seine erste Gigafactory in Europa angesiedelt. Mit dem Werk in Grünheide, das ausschließlich Elektroautos produziert, sind rund 12.000 neue Arbeitsplätze entstanden. Auch wenn Tesla aufgrund von Sparmaßnahmen weltweit Stellenkürzungen angekündigt hat und in Grünheide möglicherweise 400 Jobs davon betroffen sein könnten, bleibt der Autobauer ein großer Arbeitgeber in der Region. Tesla will nun noch einen Güterbahnhof, Lagerflächen und einen Betriebskindergarten bauen.
Tesla steht durch seine Ansiedlung bei einem Trinkwasserschutzgebiet immer wieder in der Kritik von Umweltschützern und Bürgerinitiativen. Im März führte ein Brandanschlag auf einen Strommast, der eine Hochspannungsleitung für Grünheide trug, zu einem tagelangen Stromausfall. Durch den Produktionsausfall entstand ein Schaden in Millionenhöhe. Damals bekannte sich die als linksradikal eingestufte „Vulkangruppe“ dazu.
Tesla: Diese weiteren Aktionen planen die Organisationen
Bei einer Bürgerbefragung sprachen sich im Februar knapp zwei Drittel der Einwohner von Grünheide gegen eine Werkserweiterung aus. Tesla selbst weist die Vorwürfe wegen seines Wasserverbrauchs stets zurück. Vor den jüngsten Protesten hatte Tesla bereits vorsorglich die Beschäftigten ins Homeoffice geschickt und die Fabrik rund um den Brückentag von Donnerstag bis Sonntag geschlossen.
Der Protest ist bei Tesla mit diesem Wochenende aber noch nicht beendet. Am Sonntag wurde lediglich eines von insgesamt drei Protestcamps aufgelöst. Einige Bündnisse wie „Tesla stoppen“ kündigten bereits neue Aktionen an. Denn schon in dieser Woche steht ein weiterer wichtiger Termin in Sachen Tesla an: Die Gemeindevertretung Grünheide will voraussichtlich am Donnerstag über die geplante Erweiterung des Tesla-Geländes entscheiden. Bei diesem Termin wolle das Bündnis „Tesla den Hahn abdrehen“ auf alle Fälle dabei sein.