Berlin/Köln. Besser Lebensbedingungen für Tiere, ja. Aber dafür mehr zahlen? Eine Umfrage zeigt, wie Verbraucher in Deutschland dazu stehen.

Das Kilogramm Nackensteak für weniger als zehn Euro? Was zum Beginn der Grillsaison nach einem leckeren Schnäppchen klingt, bedeutet für Tiere oft miserable Lebensbedingungen. Den Dauertiefpreis gibt es nicht umsonst, neue Schweineställe aber auch nicht.

Seit längerem kursiert daher die Idee einer Tierwohlabgabe oder eines Tierwohlcents, also eine Verbrauchssteuer auf tierische Produkte; Anfang des Jahres legte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ein Eckpunktepapier vor, das vorschlägt, solche Steuereinnahmen unter anderem für den Umbau von landwirtschaftlichen Betrieben zu nutzen.

Der Vorschlag aus dem Haus von Minister Cem Özdemir stieß auf geteiltes Echo. Während der Koalitionspartner FDP Steuererhöhungen kategorisch ausschloss, sagte etwa Martin Schulz von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft unserer Redaktion: „Wenn wir den Umbau der Tierhaltung wollen und weiterhin Fleisch aus Deutschland essen wollen, kommen wir an diesem Weg nicht vorbei.“ Ohne Tierwohlabgabe sei dies nicht möglich. Lesen Sie dazu: Steuer fürs Tierwohl – So teuer wird das Schweine-Steak

Fleisch: Männer eher gegen höhere Preise

Und die Verbraucher? Am Ende zahlen die Kunden an der Kasse die Abgabe, sind sie bereit, für artgerechtere Haltung mehr fürs Nackensteak hinzulegen?

Nachdem eine EU-weite Umfrage Ende Februar ergeben hatte, dass die EU-Bürgerinnen in sieben von zehn Fällen bereit wären, grundsätzlich mehr für tierische Nahrungsmittel zu zahlen, die unter höheren Tierwohlstandards produziert werden, hat das Meinungsforschungsinstitut YouGov nun exklusiv die Deutschen befragt. 11.399 Menschen im Alter ab 18 Jahren nahmen teil.

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Ergebnis: 58 Prozent der Befragten würden mehr Geld ausgeben, wenn höhere Standards gegeben sind, 25 Prozent nicht. 17 Prozent machten keine Angaben oder wollten sich nicht festlegen. Das Ergebnis ist fast identisch mit einer Befragung zu dem Thema vor eineinhalb Jahren. Damals waren 59 Prozent dazu bereit, 23 Prozent lehnten dies ab. 17 Prozent der Befragten waren unentschlossen.

Interessant dabei war die Verteilung über die Geschlechter und Alterskohorten. Je nach Zielgruppe war die Bereitschaft, mehr für Tierwohl zu zahlen, unterschiedlich ausgeprägt. Männer (31 Prozent) sowie Personen über 44 Jahre (28 Prozent) lehnen höhere Preise häufiger ab als Frauen und Menschen unter 25 (jeweils 20 Prozent).

Gegen Massentierhaltung: Kontostand entscheidet über Bereitschaft mit

Große Unterschiede gibt es auch beim Einkommen. Verbraucher mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 3000 Euro und mehr sind höheren Preisen gegenüber deutlich aufgeschlossener (67 Prozent) als jene mit Einkommen zwischen 1500 und 3000 Euro (56 Prozent) oder weniger (49 Prozent).

Tatsächlich könnte eine Tierwohlabgabe zur Vertiefung der Zweiklassengesellschaft beim Fleischkonsum führen. So warnte im Zuge der EU-Umfrage die Verbraucherorganisation Foodwatch, Tierschutz dürfe nicht vom Geldbeutel abhängen.

„Es ist ethisch nicht vertretbar, dass wir im Supermarkt die Wahl zwischen Tierwohl und Tierqual haben. Im Supermarkt sollten nur Produkte angeboten werden, die nachweislich aus tiergerechter Haltung stammen“, sagte ein Foodwatch-Sprecher auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Ernährung und Tierwohl: Lebensmittelbranche will umstellen

Die Supermarktketten und Discounter wollen in den kommenden Jahren nach und nach auf die Haltungsstufen 3 (Außenklima) und 4 (Premium) umstellen. Dafür müssen höhere Standards wie mehr Platz und Auslaufmöglichkeiten erfüllt sein.

Um dies zu gewährleisten, müssen viele Landwirte in die Umrüstung ihrer Ställe investieren. In der Folge ist damit zu rechnen, dass Verbraucher höhere Preise für Fleisch zahlen müssen.

Politik und Erzeuger gehen derweil voran. Das Bundesprogramm für mehr Tierwohl in deutschen Schweinemastbetrieben ist nach Worten von Minister Özdemir vor allem in Süddeutschland erfolgreich angelaufen. In den ersten Tagen hätten vor allem Betriebe aus Baden-Württemberg und Bayern die ersten Förderanträge in Millionenhöhe gestellt, sagte Özdemir der „Augsburger Allgemeinen“ Mitte März.

Und weiter: „Dass schon kurz nach dem Start des Programms Anträge für Millioneninvestitionen eingehen, zeigt den Unkenrufen aus dem Süden zum Trotz, dass wir an der richtigen Stelle ansetzen.“

(pcl/dpa/KNA)