Essen. Kuratoriumsmitglied Vassiliadis bringt wegen der Signa-Pleiten eine stärkere Kontrolle des Vorstands der RAG-Stiftung ins Gespräch.
Angesichts eines millionenschweren Engagements bei insolventen Unternehmen aus dem Firmenimperium des österreichischen Geschäftsmanns René Benko deuten sich bei der Essener RAG-Stiftung organisatorische Veränderungen an. Der Chef der Gewerkschaft IGBCE, Michael Vassiliadis, der Kuratoriumsmitglied der Stiftung ist, brachte bei einer Pressekonferenz in Berlin auch eine strengere Kontrolle des Stiftungsvorstands ins Gespräch. Im Zusammenhang mit den Signa-Investments gab Vassiliadis zu bedenken, dass die RAG-Stiftung zwar über ein Kuratorium verfüge, nicht aber über einen Aufsichtsrat. Das Kuratorium habe jedenfalls „keine Aufsichtsratsfunktion“.
„Politisch ist natürlich jetzt, dass man Bestandteil dieses speziellen Benko-Vorgangs ist“, sagte Vassiliadis. Benko sei „in seinem Geschäftsmodell abenteuerlich“, so der Gewerkschaftschef. Bei der RAG-Stiftung laufe nun eine „Folgenbeurteilung“, so Vassiliadis. Es solle die Frage geklärt werden: „Wie gehen wir jetzt damit um?“ Ein Thema sei die „Risikovorsorge“ bei Investitionen der Stiftung. „Das diskutieren wir gerade noch.“
RAG-Stiftung mit politisch besetztem Kuratorium
Die von Bernd Tönjes geführte RAG-Stiftung, die auf dem Essener Welterbe-Gelände Zollverein residiert, hat die Aufgabe, die Folgekosten nach dem Ende des deutschen Steinkohlenbergbaus zu decken. Dafür legt die Stiftung Geld in zahlreichen Unternehmen an. Zu den Beteiligungen gehören neben dem Essener Chemiekonzern Evonik auch das Gelsenkirchener Wohnungsunternehmen Vivawest sowie die frühere Thyssenkrupp-Aufzugsparte TK Elevator.
Das Kontrollgremium der RAG-Stiftung ist politisch besetzt: Mitglieder sind neben Vassiliadis unter anderem NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Kuratoriumschef ist der frühere CDU-Vorsitzende Armin Laschet.
Finanzieller Schaden bei RAG-Stiftung noch offen
Zwei Unternehmen aus dem Benko-Firmenimperium, an denen die RAG-Stiftung beteiligt ist, haben unlängst Insolvenz anmeldet: die Unternehmen Signa Prime und Signa Development. Welchen finanziellen Schaden die Stiftung erleiden wird, ist noch offen. Dies hänge auch „vom Fortgang des Verfahrens ab“, erklärte die Stiftung vor einigen Tagen auf Anfrage unserer Redaktion. Die RAG-Stiftung betonte, sie sei trotz der Situation bei Signa „mit ihren breit diversifizierten Kapitalanlagen und einer weltweiten Risikostreuung gut aufgestellt“.
Weitere Texte aus dem Ressort Wirtschaft finden Sie hier:
- Vorwerk-Chef: Meine Frau wollte auch keinen Thermomix haben
- Biermarkt: Darum verkauft Stauder schweren Herzens wieder Dosenbier
- Sorgen bei Thyssenkrupp: „Stahlindustrie kämpft um Existenz“
- Galeria-Doppelschlag gegen Essen: Warenhaus und Zentrale weg
- Menschen in Not: So reagieren Einzelhändler auf Bettler vor ihrer Ladentür
Dass es die Insolvenzen gebe, bedrohe nicht die Finanzierung der Ewigkeitslasten, sei aber auch „nicht besonders schön“, sagte Vassiliadis bei der auch digital übertragenen Jahrespressekonferenz seiner Gewerkschaft in Berlin. Die Investments der Stiftung, die in den Jahren 2017 und 2019 erfolgt seien, hätten einen Umfang von knapp fünf Prozent. Dies werde nicht dazu führen, dass wichtige Aufgaben der Stiftung in Gefahr seien, so Vassiliadis. Aber klar sei auch: „Das kann Geld kosten.“