Köln. Erdige Töne und flauschige Stoffe sind Trends der Kölner Möbelmesse. Wie sich NRW-Hersteller gegen die aktuelle Konsumflaute stemmen.

Als sich die Menschen während der Corona-Pandemie ihr Zuhause schön machten, verbuchten die Möbel-Hersteller und -Händler Rekordumsätze. Inzwischen ist in der Branche wieder Normalität eingekehrt. Auf der Internationalen Möbelmesse in Köln demonstrieren rund 750 Aussteller dennoch Zuversicht. Wie die NRW-Mittelständler COR und Möller Design auf rückläufige Umsätze reagieren und warum die Möbelbranche unter dem eingefrorenen Wohnungsneubau leidet.

Insgeheim hatten sie bei COR schon befürchtet, dass sie den Rekordumsatz von 50 Millionen Euro aus dem Corona-Jahr 2022 nicht halten oder gar toppen können. 2023 schloss der Hersteller von Polstermöbeln und Tischen aus Rheda-Wiedenbrück mit seinen 234 Beschäftigten dann mit einem moderaten Umsatzminus von vier Prozent ab. „In unserer Industrie ist das noch akzeptabel“, meint Berthold Strüve. Die Pandemie-Jahre, als die Bundesbürger kein Geld für Reisen und Gastronomie ausgeben konnten, hätten bis in das vergangene Jahr nachgewirkt, erklärt der Marketingchef.

COR nimmt alte Polster und Tische zurück

COR hat bereits auf die Konsumzurückhaltung reagiert. Die Westfalen setzen auf die Nachhaltigkeitskarte und haben ein Möbel-Rücknahme-System aufgesetzt. „Ob Polster oder Tische – wir nehmen über unsere Händler alles zurück und arbeiten die Stücke auf“, sagt Strüve. Das Gestell eines Sofas halte im Prinzip eine Ewigkeit. Abnutzungserscheinungen zeigten sich allein bei Stoff und Polsterung. Mit dem Rücknahmesystem will COR dazu beitragen, dass der jährlich wachsende Berg entsorgter Möbel kleiner wird.

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Auch wenn das Unternehmen aus Rheda-Wiedenbrück nur maximal einmal pro Jahr neue Modelle auf den Markt bringt, sind die aktuellen Einrichtungstrends auf dem Stand in der Messe Köln zu besichtigen: die „Sehnsucht nach der Natur“, wie es der Verband der Möbelindustrie fast schon poetisch beschreibt. „Wir spüren eine starke Vorliebe für Natürlichkeit“, erklärt Verbandsgeschäftsführer Jan Kurth. So haben auch die Tische bei COR wieder Platten aus Marmor oder Naturstein. Die Beine sind mit demselben Stoff der Stühle bespannt, der auch Couch und Sessel verkleidet. Und der ist grob strukturiert, flauschig und weist erdfarbene Töne auf. Rostbraun ist in Köln in diesen Tagen besonders häufig zu sehen.

„Trend geht zu wohnlichen Büros“

COR-Manager Strüve beobachtet, dass die Behaglichkeit zu Hause zunehmend auch am Arbeitsplatz nachgefragt werde. „Der Trend geht zu sehr wohnlichen Büros. Das gilt auch für das Homeoffice“, sagt er. In der Folge liefern die Westfalen weiche Polstermöbel auch für Büros. Ein wachsendes Betätigungsfeld für das Unternehmen aus Rheda-Wiedenbrück.

Bei Möller Design aus dem lippischen Lemgo, dem zweiten Hotspot der NRW-Möbelindustrie, geht man dagegen einen anderen Weg. „Wir werden als Spezialist besser wahrgenommen“, sagt Geschäftsführer Rolf Helweg. Der kleine Mittelständler mit seinen zehn Beschäftigten und seinen drei Millionen Jahresumsatz hat sich deshalb von seinen Plänen verabschiedet, ein „Vollausstatter“ zu sein. Möller Design hat sich auf „alles rund ums Schlafen“ konzentriert: Betten, Matratzen, Lattenroste, Kommoden und Accessoires.

Möller Design: Auf der Preisskala relativ weit oben

Wie COR bezeichnen sich auch die Lemgoer als Premiumanbieter, die ausschließlich in Deutschland produzieren. „Auf der Preisskala stehen wir relativ weit oben“, meint Helweg. Dafür garantiert er nach eigenen Angaben auch eine nachhaltige Fertigung. „Die Komponenten kommen aus Handwerksbetrieben im Umkreis von 50 Kilometern“, betont der Geschäftsführer.

Seine Matratzen haben einen waschbaren Schonbezug. Zur Polsterung im Innern setzt Möller Design aber weiterhin auf synthetische Schaumstoffe. „Eine natürliche Alternative ist nicht in Sicht“, zeigt sich Helweg skeptisch. In manchen Fällen stehe allein Latex zur Verfügung.

Violette Boxspringbetten

Während ansonsten erdige Farbtöne in den Kölner Messehallen dominieren, wird es nach Einschätzung des Chefs von Möller Design in den Schlafzimmern bunter: Bei Boxspring- und anderen Betten seien Violett und Rosé-Nuancen angesagt. Und auch hier dominieren wieder gröbere Stoffe. „Cord, wie wir ihn schon in den 70-er Jahren hatten, läuft wieder sehr gut“, sagt Helweg und lacht: „Es kommt alles zurück.“

Die in Köln noch bis zum 18. Januar 2024 ausgestellten Trends schauen sich vor allem asiatische Messebesucher genau an. Mit ihren Kameras fotografieren sie jedes Detail. Bei COR sieht man diese Form der Beobachtung mit Argwohn, weil immer wieder Design-Kopien auf den Markt kommen. „Wir haben deshalb schon mehrmals abgemahnt“, erklärt Marketingchef Strüve.

Über 250 chinesische Aussteller in Köln

Die Konkurrenz aus Fernost aber wächst: In Halle 8 zeigen mehr als 250 chinesische Unternehmen ihre Neuheiten vom Bürostuhl bis hin zur Wohnlandschaft. Der Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM) spricht von einer „verhaltenen Auftragslage“. Zwischen Januar und November 2023 lag der Auftragseingang demnach um 10,7 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die Branche leidet nicht nur unter der inflationsbedingten Konsumflaute, sondern auch unter dem nahezu zum Erliegen gekommenen Neubau von Wohnungen. „Erfahrungsgemäß zieht der Bezug eines Neubaus den Kauf von zwei bis drei weiteren Küchen sowie weitere Möbelanschaffungen nach sich“, erklärt der VDM. Dafür müssen Kundinnen und Kunden aber nicht mehr so lange auf die neuen Möbel warten wie zuletzt. Die Lieferzeiten seien auf das „reguläre Niveau“ von vier bis sechs Wochen zurückgegangen.