Berlin. Hoch gepokert, viel verloren: Die Benko-Insolvenz verheißt für die Städte nichts Gutes. Eine ganz bittere Kettenreaktion könnte folgen.
Es kann nun alles wie ein Kartenhaus zusammenfallen, sollte die Insolvenzanmeldung der Dachgesellschaft der Signa-Gruppe das Ende für den österreichischen Immobilienkonzern bedeuten. Am Mittwoch hatte die Holding angekündigt, ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zu beantragen. Alle vorherigen Rettungsversuche sind offenbar ins Leere gelaufen. Wohl auch, weil das zig Beteiligungen und GmbHs umfassende Firmengeflecht, das Signa-Gründer René Benko über die Jahre aufgebaut hatte, undurchsichtig ist. Die Zeit, um darin aufzuräumen, hat offenbar nicht gereicht.
Benko wird mit der Insolvenz nicht nur sein Lebenswerk zerstören, sondern möglicherweise auch betroffene Städte um Jahre zurückwerfen. Denn der schillernde Investor war in den vergangenen Jahren sowohl in Berlin als auch in Hamburg, Düsseldorf oder Frankfurt am Main ein gern gesehener Gast. Den deutschen Metropolen machte der Hauch von Zwielicht, der Benko stets umwehte, offenbar wenig aus. Bereitwillig überließen sie ihm und seinem Konzern Filetstücke in den Innenstädten. Vielleicht war Benko nicht immer die beste Alternative, doch er schaffte es, zu überzeugen und die Deals abzuschließen.
Signa-Insolvenz: Viele Städte ließen sich von Hochglanz-Renderings blenden
Rückblickend kann man auch sagen: Mit den schicken Renderings von Bauprojekten à la Elbtower an der Hamburger Hafencity oder dem Karstadt-Gebäude am Hermannplatz in Berlin-Neukölln ließen sich die Stadtoberen blenden. Man unterließ es, genau hinzuschauen, schob Bedenken beiseite, setzte auf die Karte Benko. Ob die Städte, sollten Bauprojekte nun tatsächlich nicht weiter fortgesetzt werden können, einen Plan B haben, wird sich zeigen.
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Zu befürchten ist aber, dass die Entwicklungsprojekte, die eigentlich neue Leuchttürme in den jeweiligen Innenstadtlagen werden sollten, Schaden nehmen werden. Für die Zentren und den angrenzenden Handel ist das gefährlich. Schon heute leiden viele stationäre Geschäfte unter der schlechteren Kauflaune der Menschen bei gleichzeitig weiter boomendem Online-Handel. Signa wollte mit den Projekten die deutschen Städte aufwerten. Pomp als Argument, mal wieder in die Stadt zu gehen, und als Belebung für die Citys. Nicht nur die Wette, dass dann auch der Wert der Signa-Immobilien steigt, scheint nun mehr als fraglich zu sein.
Was Privatanleger aus der Singa-Insolvenz lernen können
Aus dem Scheitern von Benko und Signa können auch Privatanleger ihre Schlüsse ziehen. Nicht immer ist alles so, wie es scheint. Das gilt für das eigene Umfeld genauso wie beim Investieren. Wer Aktien eines Unternehmens kauft, sollte sich nie auf andere verlassen, sich nicht von vermeintlich ansehnlichen Firmenpräsentationen blenden lassen und nicht zu gierig werden.
„Breit gestreut, nie bereut“ lautet eine Weisheit von Börsenexperten. Das heißt: nicht alles auf eine Karte oder eine Branche setzen, sondern das eigene Geld breit anlegen. Darauf hätten auch einige deutsche Städte mit vielen Signa-Projekten besser hören sollen. Und auch der deutsche Staat, der in den vergangenen Jahren immer wieder Signas stets kriselnde Kaufhausgruppe Galeria unterstützt hatte, muss sich fragen lassen, ob man Steuermittel immer richtig eingesetzt hat.
Signa-Pleite hat das Potenzial für eine Kettenreaktion
Die Insolvenz der Holding des Immobilienriesen und möglicherweise noch folgende Pleiten weiterer Töchter hat aber noch eine andere Dimension. Signa war zuletzt nicht nur wegen fehlenden Vertrauens von Banken und Investoren in Schieflage geraten, sondern auch wegen der gestiegenen Zinsen. Umso schwerer war es deswegen, offene Kreditlinien zu bedienen. Gehen nun bei den Signa-Baustellen tatsächlich dauerhaft die Lichter aus, birgt das Potenzial für eine Kettenreaktion. Die Baubranche, Projektentwickler, aber auch kleinere Firmen, die mit Signa viele Geschäfte gemacht haben, könnten in Schwierigkeiten kommen. Die Pleite, sie könnte so für viele ein bitteres Ende nehmen.