Düsseldorf. Der Umbau bei Thyssenkrupp in Duisburg wird weltweit beobachtet, so der Chef des Anlagenbauers SMS Group, Jochen Burg. Viel stehe auf dem Spiel.
Jochen Burg, der neue Chef des Anlagenbauers SMS Group, ist gerade erst aus China zurückgekommen. Dort, so erzählt er, werde genau beobachtet, was sich am Stahlstandort Duisburg tue. Deutschlands größter Stahlkonzern Thyssenkrupp Steel will Schritt für Schritt Abschied nehmen von seinen klimaschädlichen Hochöfen. Künftig soll im Ruhrgebiet „grüner Stahl“ mit Hilfe von Direktreduktionsanlagen (DRI) entstehen, in denen zunächst Erdgas und später Wasserstoff zum Einsatz kommt. Schon Ende 2026 soll der Betrieb einer ersten DRI-Anlage starten. „Die Zeit rennt“, sagt Burg bei einem Auftritt vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) in Düsseldorf. „Wir sind mit Hochdruck dabei.“
Die SMS Group ist damit beauftragt, die erste DRI-Anlage für die Grünstahl-Produktion von Thyssenkrupp Steel zu bauen. Der Bund und das Land NRW unterstützen das Vorhaben mit zwei Milliarden Euro, eine weitere Milliarde will Thyssenkrupp beisteuern. Allein für die SMS Group liegt das Auftragsvolumen Unternehmensangaben zufolge bei 1,8 Milliarden Euro. Es ist einer der größten Aufträge in der Geschichte des Konzerns, der weltweit rund 13.500 Beschäftigte hat und derzeit einen Umzug des Firmensitzes von Düsseldorf nach Mönchengladbach vorbereitet. Am 1. Oktober hat Jochen Burg die Führung des Familienunternehmens übernommen. Sein Mentor ist Firmenpatriarch Heinrich Weiss, einst BDI-Präsident.
Es gehe darum, „der Welt zu zeigen, dass das möglich ist“, sagt Burg mit Blick auf das Duisburger Grünstahl-Projekt. Weltweit bereite sich die Stahlindustrie auf eine Transformation vor, nicht nur in Europa, sondern auch in China. Es sei ein „Irrglaube“ zu vermuten, China würde keine Anstrengungen unternehmen, den Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid (CO2) zu reduzieren. „Im Moment wartet keiner“, sagt Burg. „Jeder schaut gerade mit großen Augen auf Europa, auf Deutschland.“ Die heimische Industrie habe die große Chance, eine Vorreiterrolle zu übernehmen, lautet Burgs Urteil. „Das Rennen hat begonnen“, sagt er.
Verglichen mit chinesischen Dimensionen ist Deutschlands Stahlindustrie allerdings klein. Nicht einmal 40 Millionen Tonnen Rohstahl werden in der Bundesrepublik jährlich erzeugt, China hingegen erreiche rund eine Milliarde Tonnen, gibt Burg zu bedenken. Es sei „eine Mammutaufgabe“, den Stahlsektor umzubauen. Dabei hoffe sein Unternehmen auch auf Aufträge aus China. Deutschland sei eine Exportnation. „Wir können es uns nicht leisten, den chinesischen Markt zu ignorieren“, betont Burg.
Aus Russland zieht sich die SMS Group hingegen vollständig zurück, wie Burg berichtet. Damit würden rund 1000 Arbeitsplätze abgebaut. Angesichts des Angriffskrieges auf die Ukraine sei ein Verbleib in Russland unmöglich geworden, sagt der Unternehmenschef.
Nicht nur in Duisburg, sondern auch in Schweden ist die SMS Group an einem großen Grünstahl-Projekt beteiligt. „H2 Green Steel“ heißt das Vorhaben. Der Unterschied: In Duisburg baut das NRW-Unternehmen im Bestand, in Schweden wird indes alles neu aus dem Boden gestampft. Entstehen soll nicht nur eine DRI-Anlage, sondern auch ein komplettes neues Stahlwerk mit Gieß-, Walz- und Beschichtungsanlagen.
Er sei davon überzeugt, dass die Vorhaben in Duisburg und Schweden nicht die einzigen in Europa bleiben werden. „Da kommt schnell etwas nach“, sagt der Chef der SMS Group. Entsprechende Überlegungen gebe es bereits in Italien und Norwegen, berichtet Burg. Nach China stehen nun allerdings zunächst einmal die USA und Indien auf seiner Reiseliste – in beiden Ländern ist die SMS Group ebenfalls stark aktiv.
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