Essen. Die Evonik-Großaktionärin RAG-Stiftung verlässt den Twitter-Nachfolger X von Tesla-Milliardär Elon Musk – mit einer bemerkenswerten Begründung.

Die Essener RAG-Stiftung zieht sich vom Twitter-Nachfolger X zurück und beklagt „Hass-Kommentare und Desinformation“ auf der Social-Media-Plattform von Tesla-Milliardär Elon Musk. „Wir haben uns entschieden, unseren X-Account zu schließen“, erklärt die Stiftung auf der Twitter-Nachfolgeplattform. „Die aktuellen Entwicklungen auf X, die nicht unseren Werten entsprechen, haben uns zu diesem Schritt bewogen.“ Die Netzwerke LinkedIn, Facebook und Instagram werde die RAG-Stiftung weiterhin nutzen.

Auf LinkedIn liefert die RAG-Stiftung noch eine ausführlichere Begründung für den Rückzug von der Online-Plattform, die der Unternehmer Elon Musk im vergangenen Jahr für rund 44 Milliarden US-Dollar übernommen hat. „Hass-Kommentare und Desinformation haben auf der Social-Media-Plattform immer mehr zugenommen“, kritisiert die RAG-Stiftung. „Wegen falscher oder irreführender Informationen leitete die EU kürzlich sogar ein Verfahren gegen X ein. Der Online-Dienst tue nicht genug gegen Falschinformationen, kritisiert die EU.“ Musk sei „bereits im Mai aus dem freiwilligen EU-Abkommen zur Bekämpfung von Desinformationen im Internet ausgestiegen, twittert Verschwörungstheorien und lässt auf der Plattform Hass und Hetze zu“, so die Essener Stiftung.

RAG-Stiftung verweist auf Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes habe die Bundesregierung bereits zum Verlassen von X aufgefordert, schreibt die RAG-Stiftung auf LinkedIn. Sie zitiert zudem eine Umfrage des Fachmagazins „Nature“, der zufolge mehr als 50 Prozent der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die bisher auf X aktiv gewesen seien, der Social-Media-Plattform den Rücken gekehrt hätten.

Bernd Tönjes, der Vorstandschef der RAG-Stiftung: Die Essener Stiftung, die unter anderem die Mehrheit der Aktien des Essener Chemiekonzerns Evonik hält, wird von einem politisch besetzten Kuratorium mit Armin Laschet an der Spitze kontrolliert.
Bernd Tönjes, der Vorstandschef der RAG-Stiftung: Die Essener Stiftung, die unter anderem die Mehrheit der Aktien des Essener Chemiekonzerns Evonik hält, wird von einem politisch besetzten Kuratorium mit Armin Laschet an der Spitze kontrolliert. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Die RAG-Stiftung, die auf dem Essener Welterbe-Gelände Zollverein ihren Sitz hat, gehört zu den wichtigsten unternehmerischen Akteuren im Ruhrgebiet. Vorstandschef Bernd Tönjes spricht gerne von einem „Stiftungskonzern“. So hält die Stiftung unter anderem die Mehrheit der Aktien des Essener Chemiekonzerns Evonik. Auch am Gelsenkirchener Wohnungsunternehmen Vivawest und am Düsseldorfer Aufzugkonzern TK Elevator ist die Stiftung beteiligt. In den vergangenen Jahren ist ein weit verzweigtes Firmen-Konglomerat entstanden.

Kuratoriumschef Laschet – ein eifriger X-Nutzer

Das Kuratorium der RAG-Stiftung, das den Vorstand kontrolliert, ist politisch besetzt. Seit November vergangenen Jahres ist der frühere CDU-Chef Armin Laschet der Kuratoriumsvorsitzende. Laschet gehört bis dato zu den eifrigen X-Nutzern. Der Plattform zufolge hat er über 192.000 Follower auf der Twitter-Nachfolgeplattform. Verglichen damit ist die Reichweite der RAG-Stiftung auf X mit rund 2600 Followern gering.

Zum Kuratorium der RAG-Stiftung gehören unter anderem auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Auch Wüst und Lindner nutzen die Plattform X. Habeck hatte sich schon vor der Übernahme von Twitter durch Elon Musk beim Social-Media-Kanal zurückgezogen, der Grünen-Politiker ist allerdings durch den Account des Bundeswirtschaftsministeriums auf X präsent.

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