Essen/Köln. Rewe, Penny und Toom erhöhen freiwillig die Gehälter ihrer Beschäftigten. Damit soll Bewegung in die Tarifverhandlungen kommen.
Im quälend langen Tarifstreit im deutschen Einzelhandel prescht der Kölner Lebensmittel-Riese Rewe vor und zahlt seinen Beschäftigten freiwillig mehr Geld. Zuvor hatte der Handelsverband Deutschland seine Mitgliedsunternehmen dazu aufgerufen, die Gehälter auch ohne Tarifabschluss anzuheben.
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Seit nunmehr einem halben Jahr laufen die Verhandlungen der Gewerkschaft Verdi mit den Einzelhandelsverbänden der Bundesländer. Bislang ohne Erfolg. Dem Branchenverband HDE in Berlin reißt allmählich die Geduldschnur. Am Montag beschlossen die Gremien, tarifgebundenen Unternehmen nun die Möglichkeit einzuräumen, frühestens ab dem 1. Oktober „freiwillige anrechenbare Vorweganhebungen in Höhe von 5,3 Prozent auszuzahlen“, teilte der HDE mit.
5,1 Prozent mehr bei Lekkerland
In Abhängigkeit der eigenen wirtschaftlichen Situation müsse jedes Unternehmen selbst entscheiden, ob es die Empfehlung des Verbandes umsetzen könne, so der Handelsverband. „Es gibt keinerlei Verpflichtung für die Unternehmen, diese exakt und in voller Höhe umzusetzen. Sie ist nur bezüglich Ihrer Obergrenze verpflichtend.“ An einer Lösung im Tarifkonflikt halte der Verband fest.
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Der Kölner Handelsriese Rewe reagierte unmittelbar. Der Konzern kündigte am Montag an, dass die Beschäftigten seiner Supermärkte, des Discounters Penny und der Baumarktkette Toom ab Oktober monatlich zusätzlich 5,3 Prozent erhalten sollen. Die Gehälter beim konzerneigenen Großhändler Lekkerland sollen zunächst um 5,1 Prozent steigen. „Ein späterer Tarifabschluss wird in vollem Umfang umgesetzt. Die durch die Vorweganhebung bereits ausgezahlten Beträge werden dabei angerechnet“, teilte Rewe mit.
Tarifverhandlungen mit Verdi festgefahren
Damit übernimmt die Kölner Handelsgruppe mit ihren international 380.000 Beschäftigten und 85 Milliarden Euro Umsatz zum wiederholten Male eine Vorreiterrolle. Bereits beim festgefahrenen Tarifkonflikt im Sommer 2021 zahlte Rewe den eigenen Beschäftigten zwei Prozent mehr Gehalt und legte eine Einmalzahlung von 300 Euro obendrauf. Andere Händler folgten daraufhin dem Beispiel.
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Gut zwei Jahre später ringen Gewerkschaft und Arbeitgeber im Einzelhandel erneut zäh um einen neuen Tarifabschluss. Verdi fordert eine Erhöhung der Stundensätze um 2,50 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. In NRW hatte der Handelsverband zuletzt ein Angebot mit einem Volumen von 8,5 Prozent tabellenwirksamer Erhöhungen, ein tarifliches Mindestentgelt von 13 Euro in der Stunde und die Zahlung von Inflationsausgleichsprämien auf den Tisch gelegt. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrags soll demnach 24 Monate betragen. Verdi lehnte den Vorschlag als unzureichend ab.