Essen. Rebellische Aktionäre finden bei der Hauptversammlung der Brenntag keine Mehrheit. Aufspaltung des Chemiehändlers scheint vorerst vom Tisch.
Es war ein Showdown, ja ein Machtkampf angekündigt worden. Am Ende knisterte es aber nur bei der Hauptversammlung des Essener Dax-Konzerns Brenntag. Die Aktionäre wählten am Donnerstag Nachmittag mehrheitlich zwei vom Vorstand nominierte Aufsichtsratsmitglieder und nicht die von angelsächsischen Investoren ins Rennen geschickten Gegenkandidaten. Eine rasche Aufspaltung des weltgrößten Chemiehändlers scheint damit erst einmal abgewendet.
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Zum Abschied als Aufsichtsratsvorsitzende der Brenntag legte sich Doreen Nowotne noch einmal mächtig ins Zeug. Mit einer dramatischen Begrüßungsrede machte sie die Aktionäre darauf aufmerksam, dass die Wahl der zwei Aufseherposten eine „Weichenstellung“ bei der Transformation des Konzerns mit seinen 18.000 Beschäftigten sei. „Die Brenntag befindet sich mitten im Wandel“, sagte Nowotne. Die Neuausrichtung erfordere „Kontinuität auch auf der Ebene des Aufsichtsrats“.
Nowotne: „Hier geht es nicht um Rechenübungen“
Nowotne, die auch den Aufsichtsrat des Duisburger Familienunternehmens Haniel führt, mahnte die online zugeschalteten Anteilseigner: „Hier geht es nicht um Rechenübungen. Die Menschen stehen im Mittelpunkt“, so die Managerin. „Stehen Sie Brenntag in dieser wichtigen Phase zur Seite.“
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Kurz vor 15 Uhr stand dann fest, dass eine recht knappe Mehrheit ihrem Appell folgte. Mit rund 63 Prozent der Stimmen wurden die beiden Aufsichtsratskandidaten des Vorstands gewählt: die Digitalexpertin Suja Chandrasekaran und Richard Ridinger, der bis 2019 das schweizerische Pharma- und Chemieunternehmen Lonza Group geleitet hatte und nun Chefaufseher der Brenntag werden soll.
US-Investor Primestone setzt sich nicht durch
Der forsche Auftritt des Rechtsanwalts Alexander Herzog, der den rebellischen US-Investor Primestone vertritt, blieb offenbar ohne Wirkung. Der Hedgefonds, der rund zwei Prozent der Brenntag-Anteile hält, fordert, dass das lukrative Geschäft mit Spezialchemie sofort abgespalten werden solle. Herzog warnte davor, dass sich ansonsten der „Performance-Abstand“ zu den Wettbewerbern „weiter vergrößern“ werde.
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Die intern bereits eingeleitete Aufteilung der Brenntag in den Spezialchemie-Handel („Specialities“) und das Massengeschäft „Essentials“ hält der Vorstandsvorsitzende Christian Kohlpaintner indes für zu früh. „Beide Divisionen sind noch nicht in der Lage, als eigenständige Organisationen zu existieren“, sagte er bei der Hauptversammlung. Gleichwohl räumte Kohlpaintner ein, dass der Vorstand seine Kommunikation mit den Investoren verbessern müsse und wolle.
Brenntag-Dividende steigt um 38 Prozent
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Die Brenntag befindet sich weitgehend im Streubesitz. Es gibt keinen großen Ankeraktionär. Nur fünf Fonds halten jeweils mehr als fünf und weniger als zehn Prozent der Aktien – unter ihnen Blackrock, Flossbach von Storch und die Kühne Holding. Nach der Zitterpartie am Donnerstag können sie sich nun auf eine ordentliche Dividende freuen, die um 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist.