Siegen-Wittgenstein. Der Kreis Siegen-Wittgenstein bietet eine Infohotline rund um das Coronavirus. Die Bürger nehmen das Angebot an und zeigen große Solidarität.

Über 3000 Anrufe sind mittlerweile bei der Infohotline des Kreises Siegen-Wittgenstein zu allen Bürgerfragen rund um das Coronavirus eingegangen. Das Team besteht aus Mitarbeitern aus allen Abteilungen, das Ziel ist die Beruhigung der Bevölkerung und die Vermittlung von aktuellen und einheitlichen Informationen in der Krisenzeit.

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Hotline für Fragen zu Coronavirus

Die Hotline ist unter der Nummer 0271 333-1120 seit Dienstag, 3. März, erreichbar. Thorsten Günther, Sachgebietsleiter des Bereichs Brand- und Bevölkerungsschutz und Rettungswesen beim Kreis Siegen-Wittgenstein, wollte „von Anfang an Ruhe reinbringen“. Wie wichtig eine klare Kommunikationspolitik dafür ist, hat er durch die Erfahrungen aus dem Rohrbruch und dem damit verbundenen Wasserausfall in Kreuztal gelernt. Die Leute bräuchten eine Stelle, an die sie sich mit ihren Fragen wenden können.

Anfangs stemmte das Personal des Amts für Bevölkerungsschutz die Hotline alleine, mit sechs Personen, neben dem normalen Tagesgeschäft. Zwischen vier und 80 Anfragen erreichten die Hotline in den ersten Tagen. Diese Zahl nahm jedoch stetig und rasant zu, auch durch die stärkere mediale Berichterstattung – und die sich oft verändernden Informationen von Bund und Land. Am vergangenen Montag, 16. März, gingen 626 telefonische Anfragen ein, der bisherige Rekord.

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Dieses Aufkommen war nicht mehr mit sechs Leuten und neben dem normalen Alltagsgeschäft zu stemmen, deshalb fragte Thorsten Günther bei den anderen Sachgebietsleitern nach Unterstützung. Und diese sagten sofort bereitwillig zu. Mittlerweile stehen 47 Personen aus allen Abteilungen des Kreises den Bürgerinnen und Bürgern am Telefon für Fragen rund um das Coronavirus zur Verfügung.

Eine von ihnen ist Katharina Schmidt. Sie ist eigentlich zuständig dafür, die Fahrwege für den Rettungsdienst zu organisieren, zum Beispiel bei Straßensperren oder Baustellen. Doch aktuell macht sie fast „nichts anderes mehr“, als zu telefonieren – und „die Leute einzufangen und ihnen die Angst zu nehmen“. 63 Telefonate zum Thema Corona führte sie an einem Tag, selbst für kleinste Pausen muss sie sich aus dem System ausloggen, sonst hat sie etliche verpasste Anrufe. Eine Herausforderung ist, „es nicht zu nah an sich heranzulassen“, berichtet sie.

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Wenn man selbst Panik habe, bemerkten das auch die Anrufer, erklärt Thorsten Günther. Er hat alle Mitarbeiter des Infotelefons geschult, jeweils in einer etwa zweistündigen Sitzung. Dabei brachte er ihnen bei, wie sie am Telefon auftreten sollen und welche Fragen die Menschen bewegen. Zu Beginn waren das hauptsächlich Fragen um das Virus selbst. Was ist Corona überhaupt, wie ist die Inkubationszeit, wie kann man sich schützen. „Diese Fragen sind mittlerweile völlig aus der Welt“, sagt Günther. Mittlerweile rufen viele Menschen an, die befürchten, mit Infizierten Kontakt gehabt zu haben. Außerdem geht es oft um arbeitsrechtliche Themen, Fragen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Viele kleine Betriebe melden sich, erzählt Günther, „die haben Angst ums Überleben“.

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Corona-Hotline ist auch am Wochenende erreichbar

Für sämtliche Fragen hat Thorsten Günther ein FAQ erstellt, das er laufend aktualisiert und das allen Mitarbeitern zur Verfügung steht. „Wir können nicht alle Fragen abschließend beantworten“, erzählt er. In diesen Fällen können aber die richtigen Ansprechpartner vermittelt werden, für besorgte Unternehmer zum Beispiel die NRW Bank oder der Landschaftsverband.

Die Hotline war anfangs von montags bis freitags zwischen 8 und 16 Uhr erreichbar. Die Zeitspanne wurde zunächst bis 18, dann bis 20 Uhr verlängert. Am Wochenende ist sie zwischen 9 und 13 Uhr besetzt, aber auch hier wird verlängert, wenn es viele Anrufe gibt.

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Nachfragen aus Hessen und Rheinland-Pfalz zu Corona-Hotline

Dass die Corona-Hotline des Kreises Siegen-Wittgenstein gut aufgestellt ist, hat sich rumgesprochen. Aus Hessen und Rheinland-Pfalz kamen bereits Nachfragen, ob die Bürger an die hiesige Nummer verwiesen werden dürfen. „Darauf sind wir ziemlich stolz“, gesteht Günther. „Wir helfen jedem“, fügt er hinzu.

Er freut sich über die „riesige Bereitschaft auf dem Haus“, die Hotline zu unterstützen. „So schlimm die Krise ist, sie schweißt zusammen“ sagt Günther. Trotz allem mache die Arbeit Spaß und die Stimmung im Team sei ausgesprochen gut. Anders sei die aktuelle Aufgabe auch nicht zu bewältigen. Auch die Bürgerinnen und Bürger zeigten eine große Solidarität. Viele riefen bei der Hotline an, um ihre Hilfe anzubieten. Andere bitten um Unterstützung. In diesen Fällen vermittelt das Team in Kooperation mit dem DRK.

Kuriose Anfragen und freundliche Anrufer

Kuriose Anfragen gibt es auch. Eine ältere Dame hatte die Sorge, dass sich ihre neuen Kniegelenke mit dem Virus infizieren könnten. Einen anderen, alleinlebenden Anrufer beschäftigte die Frage, wer sich um seine Pferde kümmern würde, falls ihm etwas passiert. „Auch dabei müssen wir ernst bleiben“, sagt Günther. Und für die Pferde könne er tatsächlich im Notfall auch Hilfe organisieren.

„Die Leute sind total nett“, sagt Thorsten Günther. Manche seien aufgeregt, was in dieser Situation auch völlig verständlich sei, aber 99,9 Prozent seien freundlich. „Und auch die anderen können wir runterholen“. Zwei Anrufe hätten in der gesamten Zeit abgebrochen werden müssen. In beiden Fällen rief Günther die Bürger nach einigen Stunden von sich aus noch einmal an und konnte dann auch ein vernünftiges Gespräch mit ihnen führen. „Ich hatte mit ganz anderem gerechnet“, gibt er zu.

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Coronavirus: Jeder Bürger hat Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber

Das Beste sei, dass die Leute nicht panisch reagierten. Genau das wollte er mit der Hotline verhindern. Und das beruhigt ihn auch selbst. „Ich bin ja auch nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Bürger“. Panik verhindern und Zeit gewinnen, das seien die zentralen Aufgaben in dieser Krise. Der gesamte Kreis und alle Kommunen täten im Moment quasi nichts anderes mehr.

„Die Leute müssen verstehen, dass wir hier kein Spiel spielen“, sagt Thorsten Günther in Richtung derjenigen, die den Ernst der Lage noch nicht verstanden haben. Jeder habe in dieser Situation eine Verpflichtung, sich selbst, seiner Familie und der Gesellschaft gegenüber, sich solidarisch zu verhalten und sich an die Regeln zu halten, damit die Krise bewältigt werden kann.

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