Wittgenstein. . Fehlende Deutsch-Kenntnisse sind oft das Problem, das Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien mitbringen. Hier kündigt Schulrat Walter Sidenstein von der Schulaufsicht des Kreises Siegen-Wittgenstein jetzt verstärkt Fortbildungen für Lehrer an, um „Deutsch als Zweitsprache“ unterrichten zu können. Aber auch die Schulen selbst können etwas tun.

Die Schulen in Wittgen­stein scheinen nicht wirklich auf schulpflichtige Kinder aus Flüchtlingsfamilien eingerichtet zu sein. Die aber könnte das Land NRW in der nächsten Zeit zumindest der Stadt Bad Laasphe und der Gemeinde Erndtebrück zuweisen. Unterdessen wird es in Bad Berleburg schulpflichtige Flüchtlingskinder wohl gar nicht mehr geben, denn: Der Stadt werden derzeit keine Asylbewerber mehr fest zugewiesen, weil sie bereits eine Notunterkunft des Landes NRW auf ihrem Boden hat.

So zu verfahren, darauf habe sich das NRW-Innenministerium erst kürzlich mit der Stadt Bad Berleburg geeinigt, erläutert Dr. Christian Chmel-Menges, Sprecher der Bezirksregierung in Arnsberg. Möglich mache das eine neue Regelung, um Kommunen wie Bad Berleburg oder auch Burbach mit einer Notunterkunft im Gegenzug bei den festen Zuweisungen zu entlasten.

Nur eine Durchgangsstation

Und was ist mit den Kindern in der Bad Berleburger Notunterkunft? Für sie und ihre Familien sei die Einrichtung nur eine Durchgangsstation, ehe sie nach einigen Tagen anderen NRW-Kommunen zugewiesen werden, erklärt Schulrat Walter Sidenstein von der Schulaufsicht des Kreises Siegen-Wittgenstein. Und auch erst dann ergebe sich für sie die Schulpflicht.

Vereinbarung sorgt für Entlastung in Berleburg

Wie sich die Existenz der Notunterkunft in Bad Berleburg auf die festen Asylbewerber-Zuweisungen für die Stadt auswirkt, belegt ein Blick in die aktuelle Statistik: In der Odebornstadt kletterte die Zahl der zugewiesenen Asylbewerber zunächst von sieben im Jahr 2011 auf 32 im Jahr 2013. In den ersten drei Quartalen 2014 waren es nur noch acht – hier greift eine neue Vereinbarung, nach der das Land NRW die Stadt entlastet. Sie gilt auch in Burbach im Siegerland.

In Bad Laasphe und Erndtebrück dagegen steigen die Zahlen weiter oder bleiben zumindest auf einem gewissen Niveau. Hier orientiere sich der Zuweisungsschlüssel weiterhin an der Einwohnerzahl der Stadt oder Gemeinde, so Dr. Christian Chmel-Menges von der Bezirksregierung in Arnsberg.

Für Thorsten Denker, Leiter der Grundschule Erndtebrück, waren Flüchtlingskinder als Schüler bislang kaum ein Thema – das Gleiche gilt für die Schulen in Bad Laasphe. Sollten sie kommen, so Denker, werde man natürlich versuchen, sie bestmöglich in den Unterricht und den Schulalltag zu integrieren. Und wenn es mit der Sprache hapere, sei vor Ort auch eine Förderung möglich. Das Angebot „Deutsch als Zweitsprache“ habe man an der Erndtebrücker Grundschule jedenfalls.

Erndtebrück: Improvisieren angesagt

„Wir hatten im vergangenen Schuljahr einen Schüler ganz ohne Deutsch-Kenntnisse“, erinnert sich Denker. Für ihn sei es nicht ganz einfach gewesen, dem Unterricht zu folgen.

Improvisieren – das werde man wohl müssen, so Denker, sollte das Land NRW kurzfristig Flüchtlingsfamilien mit grundschulpflichtigen Kindern der Gemeinde Erndtebrück zuweisen. Die Schule könne zwar generell zusätzliche Lehrerstellen-Anteile zur Integration und Sprachförderung von Schulkindern mit Migrationshintergrund beantragen – jedoch nur für solche, die bereits auf der Schule sind.

Übersetzer vom Integrationszentrum

Hier jedoch kündigt Schulrat Sidenstein an, dass künftig auch eine „relativ kurzfristige Reaktion“ auf neuen Bedarf an den Schulen möglich sein werde. Details müssten dann in Gesprächen zwischen Schulleitung und Schulaufsicht geklärt werden. Im Übrigen verweist Sidenstein auf zeitnah geplante Fortbildungen für Lehrer in Sachen „Deutsch als Zweitsprache“. Einige Lehrer hätten da auch schon Erfahrung – etwa aus der Welle von Zuwanderungen Russland-Deutscher vor ein paar Jahren. „Sehr extrem“ sei bei den aktuellen Flüchtlingsströmen nach Deutschland allerdings die Vielfalt der Sprachen, mit denen die Pädagogen umgehen müssten.

Den Eltern Unterstützung bieten soll laut Sidenstein künftig auch das neue kommunale Integrationszen­trum des Kreises Siegen-Wittgenstein – etwa mit Übersetzern, die bei der Schul-Anmeldung helfen, notwendige Formulare auszufüllen.

Wohnortnächste Schule hat Priorität

Die Schulen seien verpflichtet, schulpflichtige Kinder aus Flüchtlingsfamilien zu unterrichten, betont Schulrat Sidenstein. Für Grundschüler etwa habe dabei die wohnortnächste Schule Priorität. Was die Aufnahme in eine weiterführende Schule angehe, so Siden­stein, werde zunächst in Gesprächen geprüft, ob ein Kind zum deren Anforderungsprofil passe.