Wittgenstein. Dorfläden kämpfen ums Überleben: Trotz intensiver Bemühungen schloss der Laden in Elsoff. Andererorts wird dafür eine Neueröffnung geplant.
Sie sind mehr als „nur“ ein Supermarkt - für viele Menschen sind sie ein Treffpunkt für Jung und Alt mitten im Ort. Dorfläden waren früher keine Seltenheit. Doch die gestiegenen Kosten in nahezu allen Bereichen und ein inflationsbedingt verändertes Kaufverhalten vieler Kunden machte es den Betreibern in den vergangenen Monaten und Jahren schwer, die Läden noch wirtschaftlich zu betreiben. Erst vor wenigen Wochen teilte St. Georg und seine Tochtergesellschaft georgs.plus mit, dass die Dorfläden in Berghausen und Dotzlar „trotz intensiver Bemühungen und der Umsetzung zahlreicher Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität und des Umsatzes“, aus wirtschaftlichen Gründen spätestens Ende des Jahres geschlossen werden. Auch Marco Frank hatte lange für den Erhalt seines Dorflandes in Elsoff gekämpft und verschiedene Konzepte auf die Beine gestellt. Am letzten Samstag im April dieses Jahres öffnete der Laden zum letzten Mal.
Im Mai 2022 hatte Marco Frank, Inhaber der Bäckerei Schwan, den Laden in Elsoff übernommen. Ein Geschäft, das ihm sehr am Herzen lag, immerhin blickt seine Familie auf eine lange Tradition zurück. Bereits sein Opa fuhr mit einem Verkaufswagen durch das Elsofftal. Gemeinsam mit seinem damaligen Team hatte der Diedenshäuser verschiedene Konzepte ins Leben gerufen, sogar eine Umfrage bei den Menschen vor Ort gemacht. „Ich wollte, dass der Laden läuft. Dass es funktioniert“, so Frank. Trotz seiner Bemühungen lief es schleppend. „Damit sich der Laden rentiert, müssten mehr Kunden hier einkaufen“, sagte er bereits Ende 2023 im Gespräch mit unserer Redaktion. „Wenn wir die neuen Flyer verteilt haben, stieg die Zahl der Kunden kurzzeitig, aber allein von den Angeboten kann man den Laden nicht führen. Auf Dauer ist das ein Minus-Geschäft.“ Für den Geschäftsinhaber war dies eine belastende Situation, die ihm manch schlaflose Nacht bescherte. Strom, Gas, Personal – Kosten, die Monat für Monat anfielen. Hinzu kamen unzählige Stunden Arbeit, die in den Laden flossen. „Irgendwann muss man einsehen, dass es so nicht weitergeht. Das war keine emotionale, sondern eine rein wirtschaftliche Entscheidung.“
Trotzdem fiel ihm der Schritt nicht leicht. „Natürlich finde ich es traurig, wenn ein Dorfladen schließt. Ich selbst bin mit solchen Läden groß geworden“, sagt Frank, der sich nun voll und ganz auf die Backwaren konzentriert. Erst vor wenigen Tagen eröffnete die Bäckerei Schwan in Hallenberg eine weitere Bäckereifiliale. „Die aber hätten wir so oder so eröffnet.“ Doch er ist froh, dass er dort eine Mitarbeiterin des Dorfladens übernehmen konnte.
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Gespräche mit der Stadt laufen
Was den Dorfladen in Elsoff betrifft, so gab es laut Ortsvorsteherin Dr. Nina-Mareen Grenz bereits erste Gespräche mit der Stadt Bad Berleburg. Das bestätigt auch Christian l’Hiver, Fachbereichsleiter Zentrale Steuerung der Stadt Bad Berleburg: „Im April hatten wir bereits das erste Gespräch mit der Ortsvorsteherin, um frühzeitig verschiedene Möglichkeiten eines Weiterbetriebes aufzuzeigen. Wir sind zur Zeit noch in Abstimmungsgesprächen, wie eine nachhaltige Lösung und ein zukunftsfähiges Konzept aussehen könnte. Das Thema Digitalisierung spielt dabei eine wichtige Rolle“, so l‘Hiver. „Wir sind bemüht, Lösungen zu finden“, sagt Dr. Nina-Mareen Grenz auf Nachfrage unserer Redaktion. „Natürlich ist es traurig, dass es keinen Dorfladen mehr gibt. Kinder hatten dort ihre ersten Berührungspunkte mit dem Einzelhandel und auch ältere Menschen, die kein Auto besitzen, konnten dort einkaufen gehen. Es war schon der zweite Versuch, den Laden zu retten. Doch all die Bemühungen müssen sich am Ende auch wirtschaftlich lohnen.“ Die Hoffnung auf eine Wiedereröffnung sei zwar noch da - „jedoch nicht mehr mit dem altbewährten Konzept“.
Der Lebensmittelmarkt „Insen Laare“ wurde übrigens Ende 2016 vom Arbeitskreis Dorfladen eröffnet, nachdem die Familie Marburger schon einige Jahre zuvor das letzte Lebensmittelgeschäft im Ort aus Altersgründen geschlossen hatte. Vor zwei Jahren übernahm dann Marco Frank den kleinen Laden - bis Ende April dieses Jahres.
Genossenschaften retten Dorfläden
Nicht geschlossen, sondern wieder eröffnet werden soll indes der Dorfladen in Wingeshausen. Am 15. Mai kamen im Zuge der Gründungsversammlung der Genossenschaft Dorfladen Wingeshausen eG rund 120 Personen in der örtlichen Schützenhalle zusammen. „Wenn alles funktioniert, wie wir uns das vorstellen, dann soll die Wiedereröffnung am 1. August vonstattengehen“, berichtete Helmut Kessler, Vorsitzender des Dorfvereins Aue-Wingeshausen, der gleichzeitig auch in den Aufsichtsrat der Genossenschaft gewählt wurde, kurz nach der Versammlung unserer Redaktion.
Ebenfalls von einer Genossenschaft betrieben wird seit Oktober 2023 der Dorfladen in Girkhausen. Nachdem die Bäckerei Gerke ihren Laden im Sommer 2023 schloss, wurde intensiv nach einem Plan B gesucht - erfolgreich. Ob dies auch eine Option für die Läden in Berghausen, Dotzlar oder Elsoff wäre? Die Zukunft wird‘s zeigen.