Bad Berleburg. Helmut Weyand aus Bad Berleburg ist verzweifelt: Erst wird ihm die Wohnung im Berliner Viertel gekündigt, dann der Strom abgestellt.

Kaputte Treppenstufen, ein nicht-funktionierender Aufzug, kalte Räume in der Nacht und immer wieder ausfallender Strom - Helmut Weyand blickt auf eine lange Mängelliste, wenn es um die aktuellen Zustände in dem Wohnhaus an der Brandenburger Straße 2 in Bad Berleburg geht. Zwar werde derzeit an einigen Stellen renoviert, der Aufzug aber beispielsweise gehe weiterhin nicht. Für den gehbehinderten Mann eine schwierige Situation, muss er zahlreiche Stufen bis in den fünften Stock gehen, wenn er zum Einkaufen muss. Und das ist nicht alles, was den Mieter ärgert. „Seit einigen Tagen wird mir immer wieder der Strom abgestellt“, sagt er. Nun erhielt er eine weitere Schocknachricht in seinem Briefkasten, wie auch eine weitere Bewohnerin des Hauses, die namentlich nicht erwähnt werden möchte.

Fassungslos blickt Helmut Weyand auf den weißen Briefumschlag, den er in seinen Händen hält. „Man hat mir die Wohnung gekündigt“, sagt er. Der Grund: Der Vermieter wirft ihm Mietschulden vor. Deswegen soll er seine Wohnung bis zu dem im Kündigungsschreiben angegebenen Zeitraum räumen. „Das, was hier als Mietschulden aufgeführt wird, sind die Mietminderungen, die ich mit meinem Anwalt angekündigt hatte“, sagt er. Gleiches berichtet auch eine weitere Mieterin des Hauses, die ein Schreiben zeigt, in dem von einer Wohnungsübergabe noch in dieser Woche die Rede ist. Der Grund für diese Kündigung sollen laut Anschreiben ebenfalls Mietschulden sein. „Wir haben damals eine Mietminderung gemacht, da unter anderem der Aufzug nicht repariert wurde, um nur einen von vielen Gründen zu nennen“, so die Mieterin, die seit einiger Zeit schon auf eine neue Wohnung hofft. „Leider bislang ohne Erfolg.“ Sie und auch Helmut Weyand möchten die Kündigung nicht einfach hinnehmen. Der Mieter aus dem fünften Stock kontaktiert seinen Anwalt erneut.

Gründe für die Mietminderung

Wie der Erndtebrücker Rechtsanwalt auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigt, „bestehen nach unserer Auffassung in keiner Weise irgendwelche Mietschulden - weder auf die Grundmiete, die Nebenkosten inklusive Jahresabrechnung, noch die Kaution oder Ähnliches bezogen. Der mit der Kündigung geltend gemachte Rückstand bezieht sich auf eine zuvor jeweils angekündigte Mietminderung. Diese basiert überwiegend auf der fehlenden Möglichkeit meines Mandanten, seine Wohnung im fünften Obergeschoss zu verlassen, da die Aufzuganlage inzwischen seit Juni 2023 durchgehend wegen TÜV-Sicherheitsbedenken funktionsuntüchtig ist, ferner ist auch das gänzlich vermüllte und im Winter vereiste Treppengeschoss unpassierbar. Zudem werden weitere Mietmängel geltend gemacht, wie ein abendlicher Heizungsausfall ab 20 Uhr.“ Der Vermieter habe daraufhin lediglich mit der Aussage reagiert, „er könne nichts für die Zustände im Haus, sowie zuletzt einer außerordentlichen Kündigung“.

Nach unserer Auffassung bestehen in keiner Weise irgendwelche Mietschulden - weder auf die Grundmiete, die Nebenkosten inklusive Jahresabrechnung, noch die Kaution oder Ähnliches bezogen. Der mit der Kündigung geltend gemachte Rückstand bezieht sich auf eine zuvor jeweils angekündigte Mietminderung.
Jochen Zumbroich - Rechtsanwalt

Wie der Anwalt zudem berichtet, sollte sein Mandant diverse Unterlagen, wie der schriftliche Mietvertrag und ein Nachweis über die Kaution vorgelegen. „Dies ist zwar geschehen, geht nach unserer Auffassung indes an der eigentlichen Problematik vorbei. Es drängt sich der Verdacht auf, dass vonseiten des Vermieters seit Eintritt in das Mietverhältnis Kündigungsgründe gesucht werden, und nunmehr durch die Schikane-Handlungen zusätzlicher Druck gegenüber den verbliebenen Mietern aufgebaut werden soll.“ Zwar bleibe die Heizung abends nun ein, zwei Stunden länger in Betrieb, dennoch aber werde immer wieder, so Helmut Weyand, der Strom bei ihm und einer weiteren Mieterin abgestellt. Auch sei bereits öfters ein Mitarbeiter des Vermieters vor Ort gewesen, der sie zur Zahlung des Geldes aufforderte. „Das ist Nötigung“, so Helmut Weyand, der sich unter anderem auch an die Stadt wendet.

Mieter suchen Hilfe bei Stadt und Polizei

„Als Stadt Bad Berleburg unterstützen wir – wie schon im gesamten Prozess rund um das Berliner Viertel – im Rahmen unserer Möglichkeiten den Bewohner, wenngleich wir nicht Eigentümerin der Immobilie sind. Daher haben wir bereits Kontakt mit dem Eigentümer aufgenommen, bislang aber noch keine Rückmeldung erhalten“, teilt die Abteilung Sicherheit und Ordnung der Stadt Bad Berleburg mit. „Zunächst einmal können wir dem Bewohner nur raten, den Fall entsprechend bei der Polizei zu melden. Diese ist in diesem Fall zuständige Ansprechpartnerin, da es sich hier um mögliche strafrechtliche Ansprüche handelt.“ Das taten Helmut Weyand und eine weitere Mieterin.

Wie Stefan Pusch von der Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein bestätigt, gab es am 21. März einen Einsatz an der genannten Adresse. „Laut Einsatzprotokoll handelte es sich um Mietstreitigkeiten. Es wurde ein Gespräch geführt, mit Hinweis auf den zivilen Klageweg.“ Unsere Redaktion konfrontierte den Vermieter via Mail mit den Vorwürfen. Eine Antwort liegt bislang noch nicht vor. Auch via Telefon war niemand zu erreichen, eine Ansage auf dem AB nicht möglich.

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