Im Auswilderungsgatter haben die Wisente aktuell alles, was ein Wildrind braucht, sagt WP-Redaktionsleiter Lars-Peter Dickel.

Wenn man die Wisente in ihrem Management-Gehege sieht, dann fällt eines auf: Sie sind sehr gelassen. Und die Wildrinder lassen sich auch nicht so schnell aus der Ruhe bringen. In der freien Wildbahn zwischen Sauerland und Wittgenstein hat das fast ein Jahrzehnt lang zu massiven Konflikten geführt. Durch das 24 Hektar große Gatter ist das juristische Problem mit den Waldbauern gelöst. Denn die Wisente können auf fremdem Grund keine Buchen mehr schälen. Außerdem bietet sich jetzt die Möglichkeit, die Tiere und ihren Gesundheitszustand genau unter die Lupe zu nehmen.

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Kritik wird trotzdem laut werden, weil es viele Befürworter des europaweit einzigartigen Artenschutzprojektes gibt. Die beziehen sich dann gerne auf die Rechtsauffassung zurück, dass der Trägerverein des Artenschutzprojektes die Tiere als „herrenlos“ oder übersetzt als erfolgreich ausgewildert eingestuft hat. Damit stünden die Wildrinder als streng geschützte Art unter einem besonderen Schutz und dürften nicht eingefangen oder gegattert werden.

Allerdings wäre eine Einstufung als „herrenlos“ nur mit einstimmigem Votum aller Vertragsparteien des Artenschutzprojektes möglich gewesen. Das war nicht der Fall! Und selbst die Insolvenzverwalterin des Trägervereins hat das mit einem formalen Schritt rechtlich anerkannt. Sie hat die Tiere aus der Insolvenzmasse entlassen und damit die Tierhaltereigenschaft des Trägervereins unterstrichen. Übersetzt heißt das: Die Tiere sind nach wie vor nicht herrenlos, sondern im Besitz des Vereins. Deswegen muss jetzt der Kreis als Ordnungsbehörde für den insolventen Verein einspringen und die Tiere versorgen.

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Übrigens: Weil die Wisente nicht herrenlos sind, werden sie Großvieheinheit gewertet. Warum ist das wichtig? Pro Großvieheinheit ab 500 Kilogramm braucht es einen halben Hektar Platz. Das Auswilderungsgehege mit 24 Hektar bietet Platz für 48 erwachsene Wisente. Die aktuell insgesamt 40-köpfige Herde zählt aber viel weniger erwachsene Tiere. Das bedeutet: Der Platz reicht aus. Und die Tiere werden mit Futter und medizinisch versorgt. Wenn man die gelassenen Wisente sieht, die keinen Drang haben, die Futtertröge zu verlassen, sieht das nicht nach Tierquälerei aus. Das aber sehen Kritiker in dem Gatter, weil es das Gegenteil von der ursprünglichen Idee des Auswilderns ist.