Bad Berleburg. Artenschutzprojekt vor dem Aus? Die früher freien 40 Wildrinder sind bei Bad Berleburg eingezäunt worden. So geht es den Tieren jetzt.
Die bisher frei umherstreifenden Wisente sind an den Ort zurückgekehrt, an dem vor fast genau 14 Jahres alles begann. Seit November hat sich die bislang frei im Rothaargebirge zwischen Bad Berleburg und Schmallenberg umherstreifende Wisentherde im ehemaligen Auswilderungsgehege um Futterplätze versammelt. Und dort hat sich der neu gezogene Zaun um ein etwa 24 Hektar großes Areal geschlossen. Mit diesem Gatter sollen zwei Ziele erfüllt werden: Die Tiere können nicht mehr frei umherstreifen und somit auch nicht mehr auf Grundstücke von klagenden Waldbauern laufen und dort Schäden an Buchen anrichten - und die Tiere können zentral versorgt und auch für einen möglichen Abtransport in andere Artenschutzprojekte vorbereitet werden.
Wir haben dem Kreis Siegen-Wittgenstein Fragen zu dieser neuen Situation gestellt. Der Kreis ist gleich in dreifacher Hinsicht zuständig, nachdem sich der Trägerverein des Artenschutzprojektes nach vielen Rechtsstreitigkeiten im Insolvenzverfahren befindet und auf eine Liquidation zusteuert. Der Kreis ist aber Partner des öffentlich-rechtlichen Vertrags, der Grundlage des Artenschutzprojektes ist und zugleich ist er auch Untere Naturschutz- und Veterinärbehörde. In deren Zuständigkeit fallen diese Tiere aktuell. Experten aus beiden Zuständigkeiten haben unsere Fragen beantwortet. Die Insolvenzverwalterin des Trägervereins, Nada Nasser, wurde schriftlich angefragt, weil der Kreis dem Trägerverein Untätigkeit und mangelnde Kommunikation vorwirft. Bislang hat die Insolvenzverwalterin aber nicht auf Anfragen geantwortet.
Sind alle bislang frei umherstreifenden Wisente in diesem Gatter und wie groß ist die Herde?
Ja, derzeit befinden sich alle der freigesetzten Herde zuzurechnenden Tiere im Gatter. Dies ist in den vom „Runden Tisch“ empfohlenen Eckpunkten für das Herdenmanagement auch so vorgesehen gewesen, um Schäden durch die Tiere zu vermeiden und eventuell weitere Maßnahmen des Herdenmanagement, wozu eine detailliertere Beobachtung der Tiere zählt, durchführen zu können. Derzeit sind 40 Tiere im Gatter.
Da die Vegetationsperiode beginnt, stellt sich die Frage der Fütterung der Tiere. Wer übernimmt die Fütterung aktuell und wer bezahlt sie?
Die Fütterung der Tiere wird derzeit nach entsprechenden Ordnungsverfügungen im Wege der Ersatzvornahme durch das Veterinäramt des Kreises sichergestellt, weil der Eigentümer der Tiere – der in Liquidation befindliche Verein Wisent-Welt-Wittgenstein, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist – die notwendigen Maßnahmen auch nach entsprechender Aufforderung nicht durchführt. Die Kosten werden derzeit durch den Kreis Siegen-Wittgenstein vorfinanziert.
Wie kann eine weitere Versorgung der Tiere finanziell gesichert werden?
Nach den Empfehlungen des „Runden Tisches“ soll im Bereich des Managementgatters zukünftig ganzjährig ein Fütterungsangebot für die Tiere vorgehalten werden. Das Land NRW hat in Aussicht gestellt, für die damit gegebenenfalls anfallenden Kosten eine finanzielle Förderung bereitzustellen. Es ist derzeit aber noch nicht geklärt, wer das weitere Herdenmanagement anstelle des eigentlich zuständigen Eigentümers und Tierhalters übernimmt.
Die Tiere wurde von der Insolvenzverwalterin Nada Nasser aus der Insolvenzmasse herausgelöst und sind somit bis zur Liquidierung des Trägervereins Eigentum des Vereins. Was bedeutet das für den Kreis uns seine Veterinärbehörde?
Für die Veterinärbehörde des Kreises bedeutet das, dass sie die zur notwendigen Versorgung der Tiere erforderlichen Maßnahmen – wie aktuell die Winterfütterung – gegenüber dem Verein per Ordnungsverfügung anordnet und eine Umsetzung gegebenenfalls im Wege der Ersatzvornahme sicherstellt. Der Kreis wird versuchen, die damit verbundenen Kosten mit geeigneten Zwangsmitteln beizutreiben.
Welche Perspektive gibt es für die Tiere und die kontrollierte Beendigung des Projekts?
Hierzu finden derzeit Gespräche zwischen den verbliebenen Vertragspartnern des öffentlich-rechtlichen Vertrages über die Freisetzung der Wisente im Rothaargebirge – das sind neben dem Kreis Siegen-Wittgenstein die zuständigen Ministerien des Landes NRW, die Bezirksregierung Arnsberg, der Landesbetrieb Wald und Holz NRW und die Wittgenstein-Berleburg’sche Rentkammer – statt, in denen auch die Empfehlungen des „Runden Tisches“ zur gewünschten Etablierung einer Folgeträgerstruktur geprüft werden. Daneben wird von den Vertragspartnern gemeinsam geprüft, wie die von allen Beteiligten für dringend erforderlich gehaltene Reduzierung der Anzahl der Tiere erreicht werden kann. Dazu bedürfte es allerdings auch einer aktiven Mitwirkung des Eigentümers, der sich dieser Verantwortung derzeit allerdings bedauerlicherweise entzieht.
Welche Rolle kann dabei das Schaugehege spielen?
Auch diese Frage wird regelmäßig zwischen den Mitwirkenden erörtert, ohne es dazu bislang zu Gesprächen mit den neuen Eigentümern des Schaugeheges kommen konnte.