Bad Berleburg. „Wahnsinn, was Hunde riechen können“: Als Diabeteswarnhund zeigt Benny an, wenn der Blutzuckerspiegel von Berleburger Anton Haas sinkt.

Als Anton Haas eineinhalb Jahre alt war, wurde bei ihm Diabetes Typ 1 festgestellt – sein Körper produziert kein Insulin. Seitdem muss er regelmäßig seine Blutzuckerwerte kontrollieren, um nicht in den Unterzucker zu rutschen. Für ein Kleinkind eine Aufgabe, die nicht zu meistern ist. 2016 zog deswegen Hund Benny bei Familie Haas ein. Er wurde mit einer Hundeschule in Siegen von der Familie als Diabeteswarnhund ausgebildet, um Anton und die Familie im Umgang mit der Zuckerkrankheit zu unterstützen. Dass die Familie den Hund von Anfang an selbst ausbildet und keinen bereits ausgebildeten Hund genommen hat, hat die Kosten gemildert. Denn ein Assistenzhund liegt schnell bei über 20.000 Euro, das konnte sich die junge Familie nicht leisten.

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Einmal in der Woche ging es während der Ausbildung von Benny nach Siegen, zwischendurch gab es Hausaufgaben für zu Hause. Später wurden die Abstände zwischen den Trainingsstunden größer. Zwischendurch konnte sich die Familie bei Problemen per Video an die Hundetrainer wenden. Zur Ausbildung gehört auch 80 Prozent Gehorsamkeit, so Familienmama Ina Haas. Der Rückruf und bei Fuß gehen sind ebenso Teil der Prüfung, wie die Diabetesausbildung. „Der Hund konnte noch kein Sitz oder Platz, aber schon Diabetes erkennen“, sagt die Berleburgerin.

Fähigkeiten des Hundes werden aneinander gekoppelt

In der Ausbildung hat Hund Benny gelernt, was er zu tun hat, wenn er bemerkt, dass der Zucker in Antons Blut zu niedrig ist. Geübt hat er das mit farbigen Tüchern – besser gesagt Stofffetzen mit einer Blutzuckerprobe. Die haben die Eltern zum Beispiel an sich versteckt. Benny musste das mit seiner Nase erkennen und auslösen: Das heißt Kratzen. Eigentlich an dem Erkrankten selbst, da Anton aber noch ein Kleinkind war und das Kratzen weh tun kann, lernte Benny an einem der Eltern zu kratzen und so darauf aufmerksam zu machen. Danach löst Benny eine Klingel aus, die im Haus der Familie auf dem Boden steht. So sind die Eltern informiert und wissen, was los ist. Das war vor allem wichtig, wenn Anton eine Etage höher im Kinderbett geschlafen hat und Mutter Ina Haas im Erdgeschoss war. „Anton war erst eineinhalb Jahre alt bei der Diagnose, das war sehr schwierig“, erinnert sich Ina Haas zurück. Wenn Benny gekratzt und geklingelt hat, holt er einen Zuckerbeutel mit den nötigen Medikamenten zur Versorgung. So lernte der Border Collie Australian Shepherd Mix Fähigkeiten aneinander zu koppeln: Das Kratzen, eine Klingel auslösen und das Apportieren.

Der Hund hat uns das Positive gezeigt. Er hat uns aus einem Loch herausgeholt und die Krankheit mit etwas Positivem verbunden.
Ina Haas - über Diabeteswarnhund Benny

Mittlerweile trägt Anton einen Blutzuckersensor. „Das gab es früher nicht für Kinder. Da wurden falsche Werte geliefert“, so Ina Haas. „Der Hund hat uns das Positive gezeigt. Er hat uns aus einem Loch herausgeholt und die Krankheit mit etwas Positivem verbunden.“

Trotz Diabetes hat Anton Haas eine normale Kindheit

Ein besonderes Erlebnis ist der Familie bis heute in Erinnerung: Auf einer Geburtstagsfeier mit der Familie war Antons Blutzucker zu niedrig, Benny löste aus und holte die Zuckertasche. „Wir haben ihm Leckerli gegeben, aber Benny kam wieder an. Dabei war alles gut, Anton hatte etwas bekommen.“ Doch der Hund ließ nicht locker und schaffte es, sich einen Weg nach draußen zu Vater Paul Haas zu bahnen – mit der Zuckertasche im Maul. Es stellte sich heraus, dass ein anderes Familienmitglied unterzuckert, war. „Aus Verzweiflung, weil keiner reagiert hat, hat der Hund es geschafft, die Tür aufzumachen und herauszugehen“, sagt Ina Haas.

Hunde bei der Arbeit

In der Serie „Hunde bei der Arbeit – wie Tiere Menschen helfen“ stellen wir zweimal die Woche einen anderen Hundeberuf vor. Die Vierbeiner können mit ihren Fähigkeiten, ihrem Geruchssinn und ihrer Intelligenz Menschen in verschiedenen Situationen und bei unterschiedlichen Aufgaben unterstützen und helfen. Nicht umsonst ist der Hund als bester Freund des Menschen bekannt.

Als Diabeteswarnhund hat Benny eigentlich 24 Stunden am Tag Dienst. Auch wenn er schläft, muss er auf die Blutzuckerwerte achten und er sollte Anton überall hinbegleiten – in die Schule oder zu Freunden. Aber die Familie entschied sich dagegen. „Wir wollten ein normales Kind und einen normalen Hund. Wir wollten uns nicht von der Krankheit ausmachen lassen. Anton hat Diabetes, aber er ist trotzdem ein normales Kind.“ Wenn der Neunjährige Freunde zu Besuch hat, ist Benny natürlich mit dabei. „Wir sind schon gute Freunde“, sagt Anton über seinen vierbeinigen Begleiter. „Die beiden haben eine besondere Bindung“, sagt Mama Ina Haas. Aber Benny ist ein Hund für die gesamte Familie. „Wir würden es immer wieder so machen. Das prägt enorm und schweißt zusammen. Benny ist eine große Hilfe“, sagt Haas.

Hund Benny ist ein Haustier mit positivem Nebeneffekt

Und trotz moderner Technik, die Anton im Alltag unterstützt, wenn Benny dabei ist, hat er immer ein Auge – oder besser seine Nase – auf Anton gerichtet. „Benny ist immer schneller als der Alarm. Er bringt den Beutel und dann erst löst der Sensor aus. Es ist Wahnsinn, was die Hunde riechen können“, sagt Mama Ina Haas.

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Anton wird langsam „flügge“ – wie Ina Haas sagt. „Er ist viel unterwegs und spielt Fußball. Es ist gut, dass er jetzt selbständiger wird und die Technik weiter ist. Anton kennt sich jetzt mit Diabetes aus.“ Trotzdem möchte die Familie nicht auf den Hund verzichten, der hat einen festen Platz in der Familie: „Benny ist kein Gerät, was funktioniert, sondern ein Haustier mit positivem Nebeneffekt.“