Wittgenstein. In Bad Laasphe sollen am Weidelbacher Weiher und in Puderbach Windräder entstehen. Das will die Stadt nicht und kämpft mit Rechtslage.

Ob Bad Berleburg oder Bad Laasphe, das ist egal. Beide Kommunen haben über Jahre hinweg an Vorrangzonen für Windkraft geplant. Doch mit Bekanntwerden des jüngsten Regionalplan-Entwurfs ist die Ernüchterung in Teilen der Politik und auch in der Verwaltung groß. Nur „Die Partei“ sagt: Das haben wir vorher gewusst.

Nur die „Spinner beweisen Weitblick“

In unserer Berichterstattung über Windkraft in Bad Laasphe hatten wir stellvertretend den SPD- und CDU-Fraktionsvorsitzenden zitiert. Beide unterstrichen, dass die Bad Laaspher Politik die Vorrangzonen einmütig mitgetragen habe und man nun entrüstet darüber ist, dass außerhalb der Zonen Windkraft geplant werde. Dieser Einschätzung widerspricht Markus Schmidt von „Die Partei“ Bad Laasphe, die als „Die Fraktion“ im Rat sitzt: „Unsere Fraktion ist von den derzeitigen Entwicklungen kein bisschen überrascht, sondern hat das bereits im Juni 2023 im Zuge der Beratungen über die abschließende Beschlussvorlage zum Prozess der Vorrangzonenplanung in Fachausschuss und Rat prognostiziert. [...] Die zugehörige Aktion, unser Abstimmverhalten von einem Würfel bestimmen zu lassen, hat in Reihen von SPD und CDU nicht zum Nachdenken angeregt, sondern nur Empörung und Spott hervorgerufen. Heute ist zu konstatieren, dass die ,Spinner‘ der Partei als Einzige im Rat der Stadt Bad Laasphe Gespür und Weitblick für die Situation bewiesen haben.“ Markus Schmidt kritisiert aber auch das Statement der CDU-Landtagsabgeordneten Anke-Fuchs-Dreisbach: „Wir sind sehr verwundert, dass bei den im Landtag vertretenen Parteien offenbar gar kein Informationsfluss zu ihren kommunalen Mandatsträgern besteht. Die fallen an der Basis aus allen Wolken, wenn sie dann teilweise aus den Medien erfahren, was ihre Parteikollegen in Düsseldorf da in Hinterzimmern so verhackstücken (Transparenz Fehlanzeige) und wie respektlos gegenüber der kommunalen Selbstverwaltung und allen damit verbundenen Aufwänden agiert wird.“

Das Problem: Die Flächen-Kulissen von Vorrangzonen und Regionalplan stimmen nicht überein. Wenn am Ende rechtlich beide Planungen Bestand haben, hätten sowohl Bad Berleburg als auch Bad Laasphe deutlich mehr Flächen, auf denen Windräder geplant und wohl auch gebaut werden könnten, als es die Kommunen wollen. In Bad Laasphe sind bereits 15 Windräder aufgestellt worden. Auch davon steht ein Teil außerhalb von Vorrangzonen, weil sie genehmigt waren, bevor die Zonen Rechtskraft erlangten. Sieben weitere werden in der Vorrangzone bei Fischelbach nach langem Rechtsstreit folgen.

Diese Windrad-Pläne machen Ärger

Ärger machen aber aktuell sieben weitere bei Feudingen und Puderbach. Die liegen außerhalb der Bad Laaspher Vorrangzonen. Projektierer Juwi aus Wörrstadt plant nach Angaben des Kreises drei Anlagen im Bereich zwischen Bernshausen, Heiligenborn und Feudingen oberhalb des bei Wanderern und Touristen beliebten, abgelegenen Weidelbacher Weihers. Weitere vier Anlagen beantragt Statkraft bei Puderbach. Drei davon werden in Richtung Didoll an der Landstraße 903 geplant. Eines in der Nähe des Quellgebietes „Dreisbach“.

Den Anlagen bei Feudingen haben wir unser behördliches Einvernehmen versagt. Bei den Anlagen in Puderbach ist das Verfahren noch zu frisch.
Dirk Terlinden

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„Den Anlagen bei Feudingen haben wir unser behördliches Einvernehmen versagt. Bei den Anlagen in Puderbach ist das Verfahren noch zu frisch“, berichtet Bad Laasphes Bürgermeister Dirk Terlinden im Gespräch mit der Redaktion. Übersetzt heißt das, die Kommune macht gegenüber der Genehmigungsbehörde deutlich, dass sie diese Planung außerhalb der von ihr selbst festgelegten und genehmigten Windkraftvorrangzonen nicht akzeptiert. „Wir haben bis 2027 gültige Konzentrationszonen“, sagt er klar und verweist auf einen langwierigen politischen Prozess, der zu diesen Zonen geführt hat und betont, dass die Bürger es nicht verstehen würden, wenn diese kommunale Planung nun nicht mehr gelten solle. „Wir sind jetzt in einer juristischen Prüfung, deren Ergebnis ich noch nicht kenne“, macht Terlinden klar.

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Das Problem der Stadt mit diesen sieben neuen Projekten erläutert Terlinden so: Diese Windkraftstandorte liegen zwar außerhalb der städtischen Vorrangzonen, aber innerhalb der Windkraftflächen des Regionalplanentwurfs von 2020, der umweltrechtlich geprüft worden ist. „Man nennt das einen gesicherten Planungskorridor“, so Terlinden. Jetzt konkurrieren diese beiden Planungsnormen miteinander. Nur hat sich seit 2020 einiges verändert. Es gibt das Windkraft-an-Land-Gesetz der Bundesregierung und damit ein sogenanntes „übergeordnetes Interesse“ am Windkraftausbau. Es gibt das Landesziel für NRW, das 1,8 Prozent der Fläche für Windkraft vorsieht. Und seit September 2023 auch den Minister-Erlass zum Ausbau der Windkraft, der auch bereits in Bad Berleburg zu Nachfragen führt, weil auch hier die „gesicherten Planungskorridore“ neben Vorrangzonen existieren. Nur sind es im Fall von Bad Berleburg die aktuellsten Regionalplanflächen aus 2022.

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Das sagt der Kreis

Der Kreis hat dazu auf Nachfrage der Redaktion eine Stellungnahme abgegeben und berichtet, warum er als Genehmigungsbehörde jetzt die Bezirksregierung eingeschaltet hat: „In Bad Laasphe hat der Antragsteller Juwi einen Antrag auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids für eine Fläche gestellt, die zwar nicht in einer von der Stadt beschlossenen Konzentrationszone, aber in einem Gebiet liegt, das im Erarbeitungsentwurf für den „Teilregionalplan Märkischer Kreis - Kreis Olpe - Kreis Siegen-Wittgenstein“ des Regionalplanes Arnsberg, der im Dezember 2020 vom Regionalrat beschlossen wurde, als Windenergiebereich dargestellt ist. Die in diesem Erarbeitungsentwurf dargestellten Windenergiebereiche gelten nach dem Willen der Landesregierung NRW grundsätzlich als sogenannte „Beschleunigungsflächen“ für den Windenergieausbau und stehen für die Realisierung von Windenergievorhaben grundsätzlich zur Verfügung. In einem Erlass des Landes NRW zur „Steuerung des Windenergieausbaus im Übergangszeitraum“ aus September 2023 ist allerdings vorgesehen, dass in den Verfahren, in denen die Stadt dem Vorhaben durch Versagen des Einvernehmens widerspricht, von der Genehmigungsbehörde die Regionalplanungsbehörde bei der Bezirksregierung zu beteiligen ist. Dieses Beteiligungsverfahren läuft derzeit. Die Bezirksregierung soll nach dem Erlass zwischen den Verfahrensbeteiligten vermitteln. Letztlich hat sie aber auch die Möglichkeit, die Fortführung des Genehmigungsverfahrens anzustoßen oder die Immissionsschutzbehörde des Kreises anzuweisen, das Verfahren zunächst auszusetzen. Hier ist also die Entscheidung der Bezirksregierung abzuwarten.“

Das sagt die Politik

„Das kann doch nicht sein“, wettert beispielsweise der Bad Laaspher SPD-Fraktionsvorsitzende Samir Schneider. „Was ist mit unseren ganzen Planungen. War das sinnvoll ausgegebenes Geld oder werden wir nun bestraft dafür, dass wir geplant haben?“ Schneider beziffert, neben der Jahre dauernden Diskussion um Kriterien, auch die Kosten für Planer und Anwälte auf „einen sechsstelligen Betrag“.

„Es ist nicht mehr nachvollziehbar. Wir waren alle überzeugt, Verwaltung, Politik und Bürger, dass wir Rechtssicherheit bis 2027 haben“, macht auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Günter Wagner klar, wie die Politik insgesamt in Bad Laasphe denke. „Wir müssen da als Stadt jetzt hart bleiben“, fordert er.

Nur die Partei sieht das anders....

Anke Fuchs-Dreisbach zur Regionalplanung

Die CDU-Landtagsabgeordnete Anke Fuchs-Dreisbach äußert sich auf Anfrage der Redaktion zur Konkurrenz der Windkraftvorrangzonen und der Regionalplanung: „Für die Landesregierung ist der ambitionierte Ausbau der Windenergie in Nordrhein-Westfalen ein sehr wichtiges Anliegen. Der beschleunigte Ausbau ist notwendig und erforderlich, denn Windenergie leistet einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele, stärkt die Energiesouveränität des Landes, macht uns unabhängiger von fossilen Energieträgern und stärkt den Industriestandort Nordrhein-Westfalen.

Fest steht jedoch: Gegen den Willen der Anwohnerinnen und Anwohner scheitert der Ausbau der Windenergie. Eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung kann den Ausbau in der gewünschten Geschwindigkeit deutlich erleichtern. Akzeptanz gelingt durch Berücksichtigung von Besiedlungsdichte und Windhöffigkeit bei der räumlich gerechten Verteilung der Windenergieanlagen, aber auch wenn die Menschen vor Ort einen direkten Nutzen für sich erkennen können. Ab dem 1. Januar 2024 müssen Kommunen sowie Anwohnerinnen und Anwohner daher verpflichtend an den Erträgen aus neuen Windenergie-Projekten beteiligt werden.

Der Regionalplan Arnsberg, Räumlicher Teilplan MK-OE-SI, befindet sich derzeit im laufenden Verfahren der Neuaufstellung. Bei der Ausweisung der Windenergieflächen handelt es sich daher um einen sehr aktuellen Sachverhalt, zu dem ich in Kontakt mit dem Regierungspräsidenten des Regierungsbezirks Arnsberg stehe. Darüber hinaus habe ich die vorherrschende Situation in Bad Berleburg sowie Bad Laasphe zum Anlass genommen, die zuständige Landesministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie über die Lage vor Ort und die damit verbundenen Sorgen in Kenntnis zu setzen.“