Bad Berleburg. Diese Ereignissen haben rund um den Bauausschuss Bad Berleburg am Dienstag für Aufsehen gesorgt: Ein besonderer Gast und das Verhalten der SPD.
Das Wisentprojekt polarisiert weiter: Jetzt auch in der Bad Berleburger Kommunalpolitik. Dort begrüßten Verwaltung und Politik am Dienstag im Ausschuss für Bauen, Planen und Wohnen zunächst einen Überraschungsgast und anschließend kam es zu einer ungewöhnlichen Situation, die der Ausschussvorsitzende Martin Schneider (CDU) kommentiert: „Sie sehen mich ratlos. Das habe ich auch noch nicht erlebt.“ Die SPD-Ausschussmitglieder verließen demonstrativ den Saal und mussten zur Abstimmung über einen selbst gestellten Antrag zurückgeholt werden.
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Aber der Reihe nach: Der Tagesordnungspunkt „Europäisches Artenschutzprojekt Wisente im Rothaargebirge“ wurde eigens vorgezogen, weil man mit dem ehemaligen NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Bündnis90/Die Grünen) einen der beiden Moderatoren des Runden Tisches begrüßen konnte. Remmel erläuterte noch einmal, wie es mit dem Projekt jetzt weitergehen könnte. Betonte aber auch, dass das Team ergebnisoffen und objektiv an die Fragestellungen herangegangen sei, wie man das Projekt weiterführen oder aber beenden könne: „Ich bin kein Wanderprediger in Sachen Wisente. Ich habe das Projekt auch nicht auf den Weg gebracht.“
Drei Dinge, die mit V beginnen
Zusammen mit der ebenfalls ehemaligen NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) hatte Remmel zehn Monate lang Möglichkeiten ausgelotet, wie das Wisentprojekt entweder fortzuführen oder aber zu beenden sei. Diese umfangreichen Ergebnisse, die die beiden Moderatoren im Auftrag des Kreistags Siegen-Wittgenstein zusammen mit allen anderen Beteiligten des Öffentlich-Rechtlichen Vertrages zusammengetragen hatte, sind jetzt in eine Entscheidung gemündet, der der Kreistag bereits zugestimmt hat, die Stadt Bad Berleburg aber noch nicht. Ziel ist es, das Artenschutzprojekt in eine neue, geeignete Trägerschaft zu überführen, die Rechte der klagenden Waldbauern zu wahren und die freilebende Wisentherde so zu betreuen, dass sowohl Artenschutz als auch Privateigentum berücksichtigt werden. Remmel warb dabei vor allem für drei Dinge, die alle mit einem V beginnen: Verantwortung zu übernehmen, statt wie bisher die Tendenz des Schwarzen-Peter-Spiels zu haben. Vernunft zu üben, statt weiter den Klageweg zu bestreiten und in ein Handeln zu kommen. Und letztlich warb er dafür, verloren gegangenes Vertrauen wieder herzustellen. Eine vertrauensbildende Maßnahme sei es beispielsweise, das Recht der Waldbauern zu respektieren.
Sorge vor Klagen der Naturschutzverbände
Am Ende warb Remmel auch dafür, dem Herdenmanagement Zeit zugeben. Die Herde müsse besendert, genetisch und räumlich überwacht und auch auf 25 Tiere reduziert werden. Das koste Zeit und Geld. Die Alternative einer Tötung lasse das Artenschutzrecht nicht zu und beschwöre auch neue Klagen von Naturschutzverbänden herauf, die dann bis vor dem Europäischen Gerichtshof ziehen könnten, was wieder Jahre ohne Management bedeuten würde und alle Beteiligten noch tiefer in Probleme stürzen könnten. Das alles unter den Augen einer internationalen Öffentlichkeit.
Der Kreistag hat den Vorschlägen bereits zugestimmt, und Mittel im Haushalt bereitgestellt. Das sollte nun auch die Stadt Bad Berleburg tun. Für die erläuterte der Dezernent Christoph Koch: „Wir haben die Unterlagen gesichtet und den Kreistagsbeschluss entschlüsselt“. Bad Berleburg solle im Haushalt 75.000 Euro für das Jahr 2024 einstellen. Darin enthalten sind 10.000 Euro für den Unterhalt der Managementanlage/Fanganlage sowie jeweils 10.000 Euro für den Schadensfonds und 10.000 Euro für die Erarbeitung einer neuen Trägerstruktur sowie 45.000 Euro für das Herdenmanagement (10 Prozent der Gesamtkosten, 80 Prozent finanziert das Land). Der Kreis zahlt jeweils denselben Betrag.
SPD verlässt den Saal
Bevor darüber abgestimmt werden konnte, monierte Iris Gerstmann (SPD-Fraktion), dass man die Sitzungsvorlage erst am vergangene Donnerstag erhalten habe. Die Fraktionssitzung zur Plenarwoche sei aber schon dienstags gewesen. Man habe die Vorlage also nicht beraten können und beantragte daraufhin eine Vertagung ohne Beratung in dem Rat. Als der Vorsitzende Martin Schneider dann weitere Wortbeiträge aus dem Ausschuss abfragte, verließ die SPD geschlossen den Saal. In der Zwischenzeit lobten Susanne Bald (Grüne) und Werner Wegener (CDU) sowie auch Horst Günter Linde (UWG) die Arbeit des Runden Tisches und sprachen sich für eine Fortführung der Arbeit des Runden Tisches und des Artenschutzprojektes aus.
Als es danach zur Abstimmung über den Vertagungsantrag kommen sollte bat Werner Wegener die Genossen wieder in den Saal. Für die bekräftigte Joshua Briel erneut, warum man sich so plakativ verhalte: „Es passiert mit Regelmäßigkeit, dass Vorlagen nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden“.
Bei der Abstimmung über die Vertagung der Diskussion an die Rat, scheiterte die SPD, gegen CDU, Grüne, UWG. Letztere stimmten später nicht nur der Verwaltungsvorlage zu, sondern auch einem Zusatz, den Susanne Bald beantragt hatte. So unterstrich der Ausschuss, dass man die Fortführung der Arbeit des Runden Tisches mit den Beiden Moderatoren für weitere sechs Monate unterstützte.
Nur die AfD enthielt sich bei allen Abstimmungen.