Bad Laasphe. Ein Schock für den Trägerverein: Die Sanierung der Synagoge wird nicht wie geplant genehmigt – für einige riskiert das das gesamte Projekt.
Die Mitglieder des Bad Laaspher Freundeskreises für christlich-jüdische Zusammenarbeit sind enttäuscht. Zwar ist ein Großteil der Kosten für den Umbau der einstigen Synagoge von Bad Laasphe dank Förderzusagen gesichert – dennoch aber könnte das ganze Vorhaben nun kippen. Grund hierfür ist ein Streit zwischen dem Verein, der Stadt und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bezüglich der Außengestaltung. Konkret geht es um die Rundbogenfenster – sechs Stück, bzw. drei Paare hatte der Trägerverein geplant. Nun sollen nur noch zwei Paare genehmigt werden. Für den Freundeskreis eine Schocknachricht, die für die Mitglieder nicht nachzuvollziehen ist.
„Die Mitglieder sind nach der Nachricht Sturm gelaufen. Einige sagten sogar, dass sie das Projekt so nicht realisieren möchten“, berichtet der Vorsitzende Jochen Menn, der zugleich daran erinnert, dass es ohnehin bereits ein Kompromiss sei. „Am Anfang wollte die untere Denkmalbehörde gar keine Rundbogenfenster. Der Kompromiss sah so aus, dass wir drei paare Rundbogenfenster mit integriertem modernen Fenster als Erinnerung an die Werkstatt nutzen“, berichtet Menn.
Immerhin haben die Fenster eine wichtige Bedeutung, wie der Vorsitzende noch einmal verdeutlicht: „Bei dem Konflikt um die Fenster geht es uns hauptsächlich um eine inhaltliche Auseinandersetzung bildungspolitischer Art. Wir sind der Auffassung, dass von Außen deutlich sichtbar sein muss, dass das Gebäude der Alten Synagoge eine Bildungseinrichtung und Gedenkort ist. Dieser Aspekt muss architektonisch besonders betont werden. Es ist also für uns keine bautechnische Kleinigkeit, sondern ein besonderer identitätsstiftender Aspekt.“
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Abgesehen davon, dass der Verein bereits ausschließlich für eine Lösung für drei doppelte Rundbogenfenster geworben hat, dürfe „man nicht vergessen, dass uns die Zeit davon rennt. Bis 2027 müssen wir die Mittel aufgebraucht haben. Und es gibt noch einige Fragen zu klären“, so der Vorsitzende, der wie viele andere Mitglieder bis heute auf eine Antwort wartet, „warum zwei doppelte Rundbogenfensterpaare mehr überzeugen sollen als drei“.
Stadt hofft auf Erlaubnis
Eine Antwort seitens des LWL gebe es bislang nicht. Auch auf die Nachfrage der Redaktion heißt es lediglich: „Die Sanierung der alten Synagoge ist ein laufendes Verfahren, für das die Untere Denkmalbehörde der Stadt federführend zuständig ist. Deshalb können wir zum derzeitigen Zeitpunkt leider keine Auskunft geben.“ Bürgermeister Dirk Terlinden hofft hingegen, dass die Erlaubnis noch im vierten Quartal dieses Jahres erteilt werden kann. Immerhin ist „die ehemalige Synagoge bedeutend für Bad Laasphe, insbesondere im Hinblick auf das dortige gemeinsame Leben christlicher und jüdischer Einwohner sowie auf die Geschichte Bad Laasphes im Nationalsozialismus.
Diese Synagoge ist im Sinne des Denkmalschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen auch bedeutend für die Geschichte des Menschen im Zusammenhang mit der Tradition jüdischen Lebens in Deutschland und mit der Dokumentation deutscher Verbrechen an den jüdischen Bürgern in der Zeit von 1933 bis 1945. Für die Erhaltung und Nutzung der Synagoge sprechen daher wissenschaftliche Gründe“, erklärt Terlinden die Hintergründe.
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Zur Diskussion selbst schreibt er: „Der Freundeskreis für christlich-jüdische Zusammenarbeit ist aus den Gesprächen in 2021 mit Vertretern des LWL in seinen Überlegungen davon ausgegangen, dass der Entwurf des Architekten mit insgesamt sechs Rundbogenfenstern auf der Südseite des Gebäudes denkmalfachlich unstreitig sei und im Ergebnis erlaubnisfähig ist.“ Seit der gemeinsamen Besprechung im Juli 2023 im Rathaus habe der LWL als Denkmalfachamt „die Ergebnisse der Bausubstanzforschung vorgestellt und fachlich begründet zunächst alle Rundbogenfensterpaare abgelehnt“. Durch seine Vermittlung während der Besprechung habe der LWL eine denkmalrechtliche Erlaubnis von zwei Rundbogenfensterpaaren in Aussicht gestellt, heißt es. Ein Kompromissvorschlag, der bei vielen auf Unverständnis stößt.
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„Der Verein hat bei den Planungen und Gesprächen auf die mündliche Zusage des LWL aus den Gesprächen in 2021 vertraut und besteht daher weiterhin auf der mündlichen Zusicherung“, so der Bürgermeister. Mitte August 2023 habe er für die Annahme des Kompromissvorschlages geworben – ohne Erfolg. „Der Verein hat eine denkmalrechtliche Erlaubnis bei der Stadt Bad Laasphe (Untere Denkmalbehörde) beantragt, der LWL ist als Denkmalfachamt vorher zu beteiligen und die denkmalrechtliche Erlaubnis im Einvernehmen mit dem LWL zu erteilen.“ Die denkmalrechtliche Erlaubnis sei für den weiteren Projekterfolg zwingend erforderlich, „da sie als Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung und die Gewährung von Fördermitteln dient“.
Verein holt Gutachten ein
Wie wichtig jedoch die Realisierung der drei Rundbogenfensterpaare wäre, zeigt auch das Gutachten von Prof. Dr. Siegfried Becker vom Institut für Europäische Ethnologie und Kulturwissenschaft der Philipps Universität Marburg: „Wenn die ehemalige Synagoge künftig nicht nur ein denkmalgeschütztes Gebäude sein soll, sondern eine Bildungseinrichtung werden soll, die für die kritische Aufarbeitung der Vergangenheit und für die Vermittlung von Geschichte, von gesellschaftlicher Verantwortung, von grundlegenden kulturellen Werten der Toleranz nicht nur auf lokaler, sondern regionaler und überregionaler Ebene dienen soll, dann muss diese Aufgabe als Bildungseinrichtung auch am Gebäude ablesbar sein“, schreibt Prof. Dr. Becker.
Und dafür spiele „eine Anmutung von Objekten und Visualisierungen eine ganz große Rolle. Diese anspruchsvollen Aufgaben müssen auch und gerade in der Außenwahrnehmung, in der Fassadenansicht des Gebäudes deutlich sichtbar werden: Schon der erste Blick von der Königstraße her muss das Gebäude als ehemalige Synagoge, als Erinnerungsort und als Bildungseinrichtung erkennbar werden lassen. Ich plädiere daher mit Nachdruck dafür, die in der gestalterischen Planung vorgesehene Rekonstruktion der Fensterfront im ersten Obergeschoss mit sechs Rundbogenfenstern aufrecht zu erhalten“, so der Professor.