Bad Berleburg/Biedenkopf. Krankenhausreform: Wenn die Krankenhäuser in Bad Berleburg oder Biedenkopf schließen müssten, steht laut Medizinern sehr viel auf dem Spiel.
Niedergelassene Ärzte in Wittgenstein und den hessischen Hinterland schlagen Alarm. Die akute Unterfinanzierung des DRK-Krankenhauses im hessischen Biedenkopf einerseits und die latenten Zukunftssorgen rund um die Vamed Akutklinik in Bad Berleburg durch die NRW-Krankenhausplanung schüren die Angst vor eine politisch induzierten Unterversorgung in Wittgenstein und dem angrenzenden hessischen Hinterland.
Über Ländergrenzen hinweg haben sich vor Jahren bereits 43 Mediziner ganz unterschiedlicher Fachrichtungen in 32 Praxen im Ärztenetzwerk der Region (ADR) organisiert. Und dieses Netzwerk warnt jetzt vor einer aus Sicht der Mediziner gefährlichen Entwicklung: „Wenn das DRK-Krankenhaus Biedenkopf schließen muss und 2024 die Vamed-Akutklinik in Bad Berleburg durch Krankenhausplan und dem beschlossenen Krankenhaus-Reformgesetz, salopp gesagt, zu einem besseren Bettenhaus mit Erstversorgung degradiert wird, werden wir in unserer Region keine ordnungsgemäße stationäre Grundversorgung mehr haben“, fasst der kaufmännische Leiter des ADR, Bertram Roessiger aus Bad Berleburg die Sorge der Ärzte zusammen.
Kritik bei diesen Gesundheitsministern platziert
Der ADR hat sich jetzt in offenen Briefen sowohl an den hessischen Gesundheitsminister Kai Klose als auch an den NRW-Gesundheitsminister Josef Laumann sowie den Regierungspräsidenten Heinrich Böckelühr gewendet.
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An Klose gewandt schreibt der ADR zur aktuellen Situation des zahlungsunfähigen DRK-Kreisverbandes Biedenkopf, der Träger des Krankenhauses ist, warum „dieses Krankenhaus mit seinen 100 Betten aus der stationären Grundversorgung für über 65.000 Einwohnern aus unserer Sicht nicht wegzudenken“ sei. Bertram Roessiger erläutert dabei auch, warum das System Biedenkopf nicht nur wichtig für die Grundversorgung sei, sondern warum es auch ein Mehrwert für die Patienten liefere und die Kosten für das Gesundheitssystem senke: „Das Krankenhaus mit seinen überwiegend belegärztlich geführten Stationen ist für unsere Patienten besonders wichtig, weil bei deren Versorgung vor, während und nach dem stationären Aufenthaltes immer derselbe Facharzt für die Behandlung zuständig ist. Hierdurch entfallen z.B. auch typische Probleme im Entlass-Management oder der Anschluss-Medikation. Die hohe Behandlungsqualität dieses Systems lässt sich auch an der Patientenzufriedenheit nachweisen. Dies wird ebenso von allen Hausärzten bestätigt. Somit ist dieses Beleg-Krankenhaus seit Jahren das Vorbild für eine gelungene ambulant-stationäre Versorgung, wie sie auch politisch immer gefordert wird.
Wirtschaftlichkeit des DRK-Krankenhauses
Sechs große fachärztliche Praxen der Fachgebiete Innere Medizin (Gastroenterologie, Kardiologie, Pneumologie), Urologie, Allgemein- und Unfallchirurgie, Orthopädie und Gynäkologie sind belegärztlich am DRK-Krankenhaus tätig. Dieses fachärztliche Präsenz in unserer Region ist eng mit dem Krankenhaus-Standort gekoppelt. Davon profitieren auch die Kostenträger, weil es beispielsweise keine Informationsdefizite in der Behandlungskette gibt und die typischen Doppeluntersuchungen entfallen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot des §12 SGV kann nicht besser erfüllt werden.“
Roessiger stützt auch die Bedeutung als Standort der Notfallversorgung: „Dieses Krankenhaus ist eine zuverlässige Anlaufstelle für den Rettungsdienst. Ein Wegfall des Notallversorgungsstandortes Biedenkopf würde zu, ggf. lebensgefährlich, höheren Transport-Zeiten von dringlichen Notfällen führen. Die nächsten Kliniken liegen allesamt mindestens 40 Minuten Fahrzeit weiter entfernt.“
Sorge auch um Standort Bad Berleburg
Das ist in weiten Teilen auch die vergleichbare Argumentation, mit der das ADR auch für eine Erhalt des medizinischen Angebots in der Vamed-Akutklinik in Bad Berleburg eintritt. Und Kai Klose schreibt der ADR auch, dass es „sinnvoll wäre, auch eine länderübergreifende Zusammenarbeit mit ihrem nordrhein-westfälischen Amtskollegen Laumann“ anzustreben, „da eine gute medizinische Versorgung nicht an Ländergrenzen Halt macht. Wir erwarten nun von Ihnen zügige Maßnahmen, die den Erhalt von bewährten Versorgungsstrukturen in ländlichen Regionen wie der unseren sichert und danken für eine baldige Antwort.“