Wittgenstein/Biedenkopf. Der DRK-Kreisverband hat aber noch Hoffnung auf ein Sanierungskonzept: Die Finanzierung des DRK-Krankenhauses in Biedenkopf ist ein Problem.

Die Nachricht ist ein Schock für Biedenkopf und das angrenzende Wittgensteiner Lahntal. Der DRK-Kreisverband Biedenkopf ist zahlungsunfähig und hat übereinstimmenden Medienberichte zufolge bereits am Montag einen Insolvenzverfahren am zuständigen Amtsgericht in Marburg eingeleitet. Betroffen sind rund 400 Mitarbeitende, einige davon kommen auch aus Wittgenstein

Für Patienten des DRK-Krankenhauses in Biedenkopf oder die Bewohner der Senioreneinrichtungen oder Kunden weiterer Dienste des Kreisverbandes habe dies zunächst keine Auswirkungen. Auch die DRK-Ortsvereine seien davon nicht betroffen, heißt es.

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A. Cornelia Bönninghausen zu den Hintergründen

Auf Nachfrage dieser Zeitung erläutert A. Cornelia Bönnighausen für den Vorstand des Kreisverbandes schriftlich die vielfältigen Ursachen: „Insbesondere der Krankenhausbetrieb hat seit Jahren mit einer angespannten Ertragslage zu kämpfen. Die Corona-Pandemie und der allgemeine Fachkräftemangel haben nicht nur dafür gesorgt, dass vielfach medizinisches Personal gekündigt hat und Stellen nicht mehr im erforderlichen Umfang neu besetzt werden konnten. Die Einschränkungen und Nachwirkungen der Corona-Pandemie haben zudem auch zur Folge gehabt, dass das zugesagte auskömmliche Pflegebudget mit den Krankenkassen nicht verhandelt werden konnte“, berichtet Bönninghausen und führt weiter aus: „Die ohne Verschulden des DRK-Kreisverbandes ins Stocken geratenen Verhandlungen mit den Krankenkassen bzw. deren Umsetzung haben zwischenzeitlich zu einem Verzug von drei Jahren geführt.

Das DRK Seniorenzentrums Lahnaue in Biedenkopf.
Das DRK Seniorenzentrums Lahnaue in Biedenkopf. © DRK | DRK

„Das bedeutet, der Verband finanziert im dritten Jahr hintereinander die Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst vor. Hinzu kommt der seit Jahren schwelende Konflikt um die Notfallversorgung mit dem Land Hessen und den Krankenkassen. Monetär wird seit Jahren die Teilnahme an der Notfallversorgung nicht anerkannt, die Klinik erhält hier keinerlei Unterstützung für die damit verbundene Vorhaltung.“

Ein Problem sei auch, dass das Biedenkopfer Haus ein Belegkrankenhaus ohne hauptamtliche Chirurgische Fachabteilung sei, was sich finanziell auswirke. Eine hauptamtliche Chirurgie aber sei für das Einzugsgebiet zwischen der Uniklinik Marburg, den Siegern Krankenhäusern und der Vamed-Akutklinik in Bad Berleburg schlicht zu klein.

Fehlende Unterstützung von Bund und Land für Krankenhäuser

Bönninghausen kritisiert zudem auch die fehlende Hilfen von Bund und Land Hessen bei gleichzeitig steigenden Energiekosten, klagt über den Mangel an Ärzten und Pflegekräften. „Die im Jahresverlauf aufgekommenen Diskussionen auf Bundesebene zur ,Krankenhausreform’ machen es derzeit unmöglich, eine mehrjährige verlässliche Planung aufzustellen, was naturgemäß die Grundlage für eine vertrauensvolle Fremdfinanzierung darstellt“, so Bönnighausen weiter.

Die prekäre Entwicklung setze sich auch außerhalb des Krankenhauses fort: „Auch in den anderen Einrichtungen des DRK verschlechtern sich die Ergebnisse zusehends. Das Tariftreuegesetz hat uns im letzten Jahr verpflichtet, die Tabellenentgelte unserer Pflege- und Betreuungskräfte in den Heimen und der ambulanten Pflege kräftig anzuheben. Gut für die Mitarbeitenden, aber leider nicht voll gegenfinanziert.“

Hoffen auf Sanierungskonzept

In 2022 habe der Kreisverband das Defizit noch durch eine Entnahme aus dem Rücklagen und durch positive Ergebnisse aus anderen Tätigkeitsfeldern ausgleichen können, so der Kreisverband. Jetzt aber ist das nicht mehr möglich.

Gemeinsam mit dem vom Amtsgericht Marburg bestellten vorläufigen Insolvenzverwalter sollen in den kommenden Tagen sämtliche Maßnahmen abgestimmt werden, um den operativen Betrieb des DRK-Kreisverbandes und aller seiner wirtschaftlichen Untergliederungen weiter fortzuführen. „Löhne und Gehälter der Mitarbeiter werden dabei für drei Monate über das Insolvenzausfallgeld abgesichert“, so der Kreisverband.

Der Insolvenzantrag sei einerseits eine gesetzliche Pflicht, andererseits „wird hiermit jedoch auch die Hoffnung verbunden, dass mit Unterstützung des vorläufigen Insolvenzverwalters die spezifischen Sanierungsinstrumente des Insolvenzrechts genutzt werden können, um ein tragfähiges Sanierungskonzept umsetzen zu können.“

Das DRK-Krankenhaus besteht seit 151 Jahren. Einen ersten erheblichen Einschnitt hatte die Schließung der Geburtshilfe im März 2013 bedeutet. Hier waren gestiegenen Versicherungsprämien für Hebammen die Ursache.