Wittgenstein. Wittgensteiner Gastronomen sind in Sorge: Zum Jahresende soll die reduzierte Mehrwertsteuer in der Gastronomie auslaufen. Das wären die Folgen.
„Es wäre eine Katastrophe, wenn es so kommt – für uns und für die Gäste“, sagt Stephan Frettlöh von der Mühle Acht in Erndtebrück. Die Rede ist von der bevorstehenden Mehrwertsteuererhöhung für die Gastronomie. Zum Jahresende läuft der reduzierte Steuersatz von 7 Prozent auf Speisen in Restaurants aus. Die Reduzierung von 19 auf 7 Prozent wurde während der Corona-Pandemie vom Bund beschlossen, um die Gastronomie zu entlasten. Jetzt kämpfen Restaurants, Gaststätten und Cafés für den Erhalt der 7 Prozent. Eine Petition des Bundesverbandes des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) hat bereits mehr als 104.000 Unterschriften.
„Wir hatten keine Chance uns von Corona zu erholen,“ sagt Andreas Benkendorf vom Hotel Alte Schule in Bad Berleburg. Dazu kommt die Inflation bei den Lebensmittel- und Energiepreisen, die auch die Gastronomie trifft. „Man merkt, dass die Leute sparen. Nicht nur am Trinkgeld, auch an den Gerichten“, so der Hotelier. Vor allem zum Ende des Monats seien die Restaurants leer. „Kunden haben auch weniger Geld und gespart wird am Urlaub und an Restaurants“, sagt Cornelia Paura von der Ratsschänke im Wittgensteiner Hof in Bad Laasphe. „Es beschweren sich jetzt schon sehr viele über die Kosten. Wenn der Einkauf teurer wird, müssen wir auch die Preise im Verkauf anheben. Wenn jetzt noch mal 12 Prozent Mehrwertsteuer drauf kommen, weiß ich nicht mehr, wer sich das noch leisten kann“, sagt Stephan Frettlöh.
Steigt die Mehrwertsteuer, müssen die Preise erhöht werden
„Nur mit den sieben Prozent Mehrwertsteuer ist es bisher gelungen, die enorme Kostensteigerung nicht 1:1 an die Gäste weiterzugeben“, schreibt der Dehoga Bundesverband auf seiner Internetseite. Viele Gastwirte sehen mit der Erhöhung des Steuersatzes keine andere Möglichkeit mehr als die Kosten an die Gäste weiterzugeben. „Wir fragen uns, wo können wir das einsparen, wie können wir das ausgleichen? Eine Lösung gibt es bisher nicht“, sagt Benkendorf. „Wenn es so kommt, müssen die Preise angehoben werden. Die Kosten sind schon gestiegen: Energie-, Lebensmittel- und Lohnkosten, wenn die Mehrwertsteuer noch dazu kommt, geht es nicht anders“, so Cornelia Paura.
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Ein Steuersatz von 7 Prozent ist in anderen EU-Ländern die Norm. „Das ist eine Ungleichheit mit benachbarten Ländern“, sagt Benkendorf. Deswegen wäre die dauerhafte Reduzierung des Steuersatzes auch im Vergleich zum europäischen Wettbewerb wünschenswert. Laut Dehoga gab es in den Corona-Jahren 2020 und 2021 einen Verlust von 36.000 Unternehmen in der Gastronomie – ein historisches Ergebnis. Jetzt droht der nächste Schlag. „Mein Gefühl ist: Der Steuersack ist so leer, dass die Erhöhung kommen wird“, sagt Benkendorf. „Kein Personal, mehr Kosten: Wo soll da die Reise hingehen“, fragt er weiter. „Das ist für viele der letzte Sargnagel, der eingeschlagen wird“. Der Hotelier vermutet, dass sich die Gastrolandschaft verändern wird – viele werden schließen, andere werden sich mit neuen Konzepten durchsetzen.
Wittgensteiner Gastronomen befürchten Schließungen
„Ein Abendessen mit der Frau wird schon noch drin sein, aber die Leute werden sich überlegen, ob sie eine Hochzeit, Taufe oder einen Geburtstag groß feiern werden oder doch zuhause bleiben und jeder bringt einen Salat mit“, sagt Stephan Frettlöh. „Für viele kleinere Gastronomen, die jetzt schon zu kämpfen haben, wird das der Genickbruch sein. Gerade in der Dorfkneipe in kleinen Dörfern wird es schwierig. Dann bleibt man wahrscheinlich eher in der Gartenhütte zum Kartenspielen als in die Kneipe zu gehen“, so der Erndtebrücker. „Wenn es so kommt, werden einige schließen, es wird Entlassungen geben“, stimmt auch Paura zu. Wann die endgültige Entscheidung über die Mehrwertsteuer getroffen wird, steht noch nicht fest. Für die Gastronomie bleibt es weiter spannend.