Glashütte. Dem vielfach ausgezeichnete 5-Sterne-Hotel wurde der Gashahn zugedreht. Hotelier Edmund Dornhöfer klagt über TÜV, Bürokratie und Gasversorger.
Hotelier Edmund Dornhöfer kann es nicht fassen. Dem Fünf-Sterne-Hotel mit seinem mehrfach durch Gault Millau und Guide Michelin ausgezeichneten Restaurant wurde das Gas für die Küche abgestellt: „Ich habe gedacht, so etwas kann doch eigentlich gar nicht passieren“, sagt der Patron und verweist auf einen vor sechs Wochen stillgelegten Gastank am Waldrand hinter dem Hotel.
„An einem Donnerstagnachmittag kurz vor dem Wochenende rufen mich meine Köche im Büro an und melden: Der Gasofen funktioniert nicht. Und eine Mitarbeiterin von der Rezeption berichtet mir, dass heute ein Mann da gewesen sei und einen Zettel hinterlassen hat, dass sie den Gastank geleert haben.“ Dornhöfer ist fassungslos: „Die haben mich vorab nicht informiert“. Guter Rat ist teuer, denn in dem beliebten Hotel darf die Küche nicht kalt bleiben. „So können wir beispielsweise keine Schnitzel machen. Wir sind bekannt für unsere in Butterschmalz in der Pfanne geruckelten Wiener Schnitzel...“
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Erfinderische Köche
Aber Not macht auch erfinderisch: Zum Glück habe man auch noch Elektroherde und Induktionsplatten. Und das Küchenteam behilft sich seit Wochen mit Hockerkochern und Gaskartuschen aus dem Campingsortiment.
Bei allem Erfindergeist der Mitarbeiter, so etwas will Dornhöfer nicht auf sich sitzen lassen: „So vernichten Politik und Bürokratie den Mittelstand, Hotellerie und Handwerk“, wettert der Gastronom und erklärt die Ursache für die Gasknappheit.
Das Unglück startete mit einem neuen Prüfer des TÜV Rheinland. Der kam, um den Tank turnusmäßig zu überprüfen. Fast 40 Jahre lang war das für das Hotel reine Routine. „Der Tank steht schon seit über 35 Jahren dort, ist behördengerecht dorthin gesetzt worden. Noch nie ist was beanstandet worden. Noch nie ist was passiert“, berichtet Edmund Dornhöfer. Diesmal ist es anders und der TÜV erklärt auf Anfrage auch warum: „Der TÜV Rheinland hat den Gastank am Hotel Jagdhof Glashütte im Rahmen einer Nachprüfung am 8. November 2022 überprüft. Dabei haben wir einen fehlenden Anfahrschutz als ‘erheblichen Mangel’ eingestuft. Es stimmt nicht, dass es vor unserer Nachprüfung nie eine Beanstandung gegeben hat, denn diesen fehlenden Schutz vor mechanischer Beschädigung hatten wir bereits bei der turnusmäßigen Prüfung am 17. November 2020 festgestellt und bemängelt“, schreibt der Technische Überwachungsverein.
Klassisches Prüfverfahren
Flüssiggastanks werden laut TÜV durch zugelassene Überwachungsstellen in der Regel in einem Turnus von zehn Jahren überprüft. Wird bei einer turnusmäßigen Prüfung ein erheblicher Mangel festgestellt, kommt es zu einer Nachprüfung.
Das war auch in Glashütte der Fall: „Die Firma Primagas als Betreiber und das Hotel Jagdhof Glashütte als Nutzer haben wir über das Ergebnis unserer Nachprüfung informiert“, betont der TÜV Rheinland und ergänzt: „Wir haben weder den Betrieb untersagt noch den Tank stillgelegt. Eine Untersagung des Betriebs obliegt der zuständigen Behörde. Für die Beseitigung der Mängel ist der Betreiber bzw. Besitzer des Tanks zuständig.“
Bezirksregierung untersagt Betrieb
Auch die zuständige Behörde, die Bezirksregierung Arnsberg, hat sich intensiv mit dem Fall „Glashütte“ beschäftigt. Das berichtet deren Sprecherin Ursula Kissel: „Die Bezirksregierung Arnsberg wurde Mitte des vergangenen Jahres durch den TÜV Rheinland über Mängel an dem Gasbehälter informiert. Die Bezirksregierung hat daraufhin sowohl den Nutzer des Gastanks als auch den Betreiber, die Firma Primagas, in Schreiben zur Beseitigung der Mängel aufgefordert, damit ein sicherer und zuverlässiger Betrieb des Flüssiggasbehälters sichergestellt wird. Da die Mängel nicht beseitigt wurden und damit die Voraussetzungen für einen sicheren Betrieb des Gasbehälters nicht gegeben waren, wurde der Tank vom Betreiber, der Firma Primagas, stillgelegt, so dass weitere ordnungsbehördliche Maßnahmen der Bezirksregierung Arnsberg nicht erforderlich waren.“
Hotelier arbeitet an Leitplanke
Auch der Einwand des Hoteliers, dass der an dem Gastank entlang führende Weg selten befahren werde, zieht laut TÜV Rheinland eben nicht und habe wohl auch nie gezogen: „Die Rechtslage hat sich grundsätzlich nicht geändert, jedoch wird mittlerweile genauer bewertet, ob es einen ausreichenden Schutz vor mechanischer Beschädigung (z.B. Anfahrschutz) gibt, da es Schadensereignisse mit Gastanks gab, die auf einen fehlenden Schutz vor mechanischer Beschädigung zurückgingen. Um den Mangel zu beseitigen und für mehr Sicherheit zu sorgen, könnte der Hotelbetreiber nach Einschätzung unserer Fachleute einen ausreichend dimensionierten Anfahrschutz installieren oder einen anderen Standort wählen.“
Daran arbeitet der Jagdhof Glashütte bereits. „Ich will das Problem ja lösen, aber Autobahn-Leitplanken im Wald?“ Das widerstrebt dem ästhetischen Empfinden des Glashütter Gastronomen. Die Menschen kämen in sein Hotel, um auszuspannen, weil es inmitten der Natur liege. Die sollen nicht auf Leitplanken schauen. Doch eine vorgeschlagene Alternative ist noch weniger attraktiv.
Den Gastank vorne vor dem Hotel auf dem Parkplatz aufzustellen, sei ebenfalls optisch wenig reizvoll und auch nicht sinnvoll: „Da fahren die Gäste mit den Autos herum“, schüttelt Dornhöfer erneut den Kopf.
Kritik am Gasversorger
Inzwischen werden bereits konkrete Pläne für einen stärker gesicherten Anfahrschutz erarbeitet. Aber über eines kommt der Patron dennoch nicht hinweg: Dass Primagas einfach mit einem Lastwagen kommt und den Gastank leert, ohne ihn vorab zu informieren. Für Dornhöfer ist das der eigentliche Skandal und hat das gegenüber Primagas mit dem Worten „unzumutbar und geschäftsschädigend“ auch deutlich gemacht. Dass er später 977 Euro zurücküberwiesen bekommt lässt ihn Schmunzeln. „Es war ja auch bereits mein Gas. Alles andere wäre Diebstahl.“
Der Krefelder Gasversorger Primagas bezieht ebenfalls Stellung: „Es gibt regelmäßig Begutachtungen der Standorte durch die Behörden, die zu neuen Bewertungen führen und Nachbesserungen erforderlich machen können“, erläutert Nicole Gorke. Und die Pressereferentin fährt fort: „Wir versichern Ihnen aber, dass wir zum konkreten Fall im engen Austausch mit Edmund Dornhöfer stehen. Zu vertraglichen Details, die unsere Kunden betreffen, äußern wir uns jedoch nicht öffentlich. Dass ihm im laufenden Hotelbetrieb Unannehmlichkeiten entstanden sind, bedauern wir.“