Erndtebrück. Sexuelle Gewalt gibt es in jedem Bereich – auch im Sportverein. Doch hier ist Prävention möglich. In Erndtebrück ist das schon angekommen.

Kein Bereich des alltäglichen Lebens – ob zuhause in den eigenen vier Wänden, in der Schule, der Kirche oder einfach nur auf dem Weg vom Parkplatz zur Haustür – ist frei von sexueller Gewalt. Ein Bereich, der zum einen das Potenzial für Übergriffe aber gleichzeitig auch Potenzial für effektive Prävention bietet, ist der der Vereine, vor allem Sportvereine.

Vanessa Buck, Fachreferentin und Koordinierungsstelle des „Qualitätsbündnisses zum Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport“ im Kreissportbund Siegen-Wittgenstein erklärte dem Erndtebrücker Ausschuss für Sport, Soziales und Kultur die strukturellen Hintergründe und die Möglichkeiten, um in Vereinen sowohl Kinder und Jugendliche als auch Übungsleiter und Trainer zu schützen. Dabei geht es nicht nur um den Leistungssport – auch im Breitensport kommt es zu Übergriffen.

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Das Thema ist im Sportbereich absolut vorhanden, machte Buck deutlich. „Es gibt Sportarten, bei denen man es sich eher vorstellen kann als bei anderen, aber ich kann Ihnen sagen: Auch beim Schach gibt es Fälle. Jeder Sport kann betroffen sein und das muss man sich einfach auch bewusst machen“, verdeutlichte sie. Warum kommt sexualisierte und interpersonelle Gewalt im Sport vor? Ganz einfach, weiß Vanessa Buck: „Der Sport ist ein Abbild der Bevölkerung und in der ganzen Bevölkerung kommt diese Form von Gewalt vor.“

Vier Faktoren sind es, die den Sport zu einem risikobehafteten Bereich machen: „Jeder kann frei einem Verein beitreten, es gibt keine Zugangsbeschränkungen. Man füllt einen Antrag aus und zack, ist man Mitglied. Da guckt keiner drauf, wer man ist, woher man kommt, was man macht.“ Bei Übungsleitern sei es noch einmal etwas anderes. Der Übungsleitermangel führe aber auch dazu, dass man relativ leicht als Übungsleiter in den Sportbereich käme. Jedoch: Mittlerweile gehört zur Schulung von Übungsleitern in der Regel auch die Sensibilisierung für Prävention von sexueller Gewalt. Worauf Buck ganz besonders Wert legte: Bei der Sensibilisierung für sexuelle Gewalt gehe es keineswegs um pauschale Schuldzuweisungen Übungsleitern und Trainern gegenüber – im Gegenteil. Auch die sollen durch Information geschützt werden.

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Ein weiterer Aspekt von Sportvereinen sei das stark ausgeprägte Vertrauensverhältnis und die Bindung zueinander. Zunächst einmal: „Das ist gut und das wollen wir auch im und vom Sport“, machte Buck vor dem Erndtebrücker Ausschuss ganz klar deutlich. Genau diese Dinge, die das Leben im Verein so wertvoll machen, können jedoch auch ausgenutzt werden. Man müsse sich bewusst machen, dass es diese Fälle gebe und dass diese Vertrauensbasis ein Risiko sein könne.

Ebenfalls ausgenutzt werden könne die Hierarchie und das Machtgefüge in einem Sportverein. „Es gibt dabei meistens auch ein Altersgefälle, was auch ein Risiko sein kann.“ Natürlich, so Buck, gebe es auch unter Kindern und Jugendlichen Gewalt – aber gerade die Altersgefälle können aufgrund des daraus entstehenden Machtgefälles ein potenzielles Risiko darstellen, ebenso wie die Leistungsorientierung. Diese kann eine Abhängig vom Verein und von Trainern erzeugen – ebenfalls dies könne ausgenutzt werden. „Das kann zum Beispiel so aussehen, dass die Kadernominierung an bestimmte Bedingungen geknüpft wird.“ Dazu komme der Körperkontakt, zum Beispiel im Judo. „Das gehört dort natürlich zum Sport dazu. Man sollte aber dann so sensibel sein, wenn es zu körpernahen Situationen kommt, auf sein Gegenüber zu achten, ob auch alles in Ordnung ist.“

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Sexuelle Gewalt fängt übrigens nicht erst bei Missbrauch oder der Vergewaltigung an, so Buck. Eine erste Stufe, die durchaus auch unabsichtlich passieren kann, ist die Grenzverletzung (Handlungen, die einmalig passieren, abhängig vom Empfinden der betroffenen Person). Diese kann korrigiert werden, zum Beispiel durch eine Entschuldigung. Ein Übergriff hingegen geschehe schon gezielt und geplant, so Buck. So werde er auch genutzt, um Betroffene zu manipulieren und zu isolieren. Straftatbestände schließlich schließen sexuelle Berührungen, Vergewaltigung oder auch sexuelle Handlungen vor Kindern ein. Gewalt, so Buck, sei grundsätzlich aber nicht nur körperlicher, sondern auch psychischer Natur.

Vereine können sich beim Kreis- und Landessportbund Unterstützung für die Präventionsarbeit holen. Ob Schulungen oder Vorträge, kostenlos aber nicht verpflichtend gibt es die Möglichkeit, sich zu informieren und für mehr Sicherheit im eigenen Verein zu sorgen. Als größter Erndtebrücker Verein sei beispielsweise der TuS Erndtebrück bereits auf einem guten Weg zu einem entsprechenden Schutzkonzept, gab Buck zu verstehen. Die Bereitschaft ist in der Edergemeinde also auf jeden Fall gegeben.