Bad Berleburg/Bad Laasphe. Eine Bad Laaspherin erhält pornografische Aufnahmen der eigenen Tochter. Auf der Suche nach Hilfe macht sie sich nichtsahnend strafbar.

„Ich habe mir nichts dabei gedacht. Ich war mit der ganzen Situation total überfordert und wollte nur mit jemanden reden“, sagte die 43-jährige Bad Laaspherin vor dem Bad Berleburger Schöffengericht, als sie sich am Freitagmorgen dort wegen dem „Zugänglichmachens kinderpornografischer Inhalte“ verantworten musste. Die Geschichte dahinter klingt unglaublich.

Es ist der 3. März 2022, als die Angeklagte den Rat ihrer Schwester suchte, nachdem sie von ihrem Ex-Mann „verstörende“ Bilder via WhatsApp erhielt. Neben einem Foto, auf dem ihre Tochter mit einer Cannabispflanze zu sehen ist, gab es ein weiteres Bild, auf dem die damals Siebenjährige splitternackt auf dem Sofa posierend in die Kamera lächelt. Ein Bild, das die Angeklagte schockierte. „Er schrieb, sie wäre auf dem Weg in die Badewanne“, sagte die Angeklagte vor Gericht aus. Dennoch setzte ihr das Bild mächtig zu. „Ich war baff und wusste nicht, wie ich dieses Bild einordnen sollte.“

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Sie suchte Rat bei der Familienhilfe, sprach mit dem Jugendamt und ging gemeinsam mit ihrer Tochter zur Psychologin in eine Kinderklinik. „Ich war heilfroh, dass dort kein Missbrauch oder Ähnliches festgestellt wurde. Meine Tochter ist mein ein und alles – und ich will nicht, dass ihr etwas passiert“, schildert die Angeklagte die Situation. Eine schwere Zeit für die Angeklagte, die später eine Online-Anzeige gegen ihren Exmann schaltete. Dennoch suchte die 43-Jährige den Rat ihrer Schwester am 3. März – und schickte ihr die Aufnahmen, die sie von ihren Exmann zuvor erhalten hatte. „Ich wollte wissen, wie sie die Fotos einordnet und was sie zu dem Ganzen sagt. Ich wollte nie die Fotos verschicken und veröffentlichen“, beteuert die Bad Laaspherin. „Ich habe gesagt, sie solle die Bilder auch direkt danach löschen. Ich wollte einfach nur ihre Hilfe.“

Schwager schaltet Polizei ein

Und auch die Schwester der Angeklagten ist von den Nacktbildern schockiert. „Ich habe noch zu meinem Mann gesagt: Hoffentlich sind die nicht schon im Internet gelandet“, sagte sie als Zeugin vor Gericht aus. Und ihr Mann schaltete sofort – ohne Absprache – die Polizei ein. „Ich habe meinen Schwager angezeigt, bevor noch Schlimmeres passiert“, sagte er vor dem Gerichtsgebäude. Doch bei den Ermittlungen ging es auch um den Absender der Bilder an die Schwester – und die wurden eben von der Angeklagten weitergeleitet. Und das ist eine Straftat – unabhängig von Motivation, Absicht oder Unkenntnis.

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„Ich hatte nie die Absicht die Bilder meiner Tochter irgendwohin zu schicken – ich wollte nur den Rat meiner Schwester“, wiederholte die Angeklagte, nachdem sie mehrere solcher Fotos von ihrem Exmann erhalten habe – unter anderem aus der Badewanne. „Die Bilder aber wurden immer freizügiger. Ich wusste nicht mehr weiter.“

Das Urteil des Schöffengerichts

Dennoch: Am Ende der Verhandlung forderte der Vertreter der Staatsanwaltschaft für das Versenden der Fotos an die Schwester eine Freiheitsstrafe von einem Jahr, dessen Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.

Eine Forderung, die bei Verteidiger Andreas Behrendt für Kopfschütteln sorgte. „Wenn es heute zu einer Verurteilung kommt, würde das mein Rechtsempfinden auf den Kopf stellen. Es ist schon merkwürdig, dass wir gegen meine Mandantin verhandeln und nicht gegen den Verursacher. Hier sitzt nicht die Böse, sondern eine Betroffene, die nicht wusste, dass sie hier eine Straftat begeht.“ Er forderte daher einen Freispruch. Dem kam das Schöffengericht nicht nach. Es verurteilte die Mutter wegen Zugänglichmachens pornografischer Inhalte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr – ausgesetzt zur Bewährung. Die Bewährungszeit beträgt zwei Jahre. „Das Verschicken solcher Bilder ist strafbar“, so Torsten Hoffmann. „Man sieht unstreitig die unbekleideten Genitalien. Ihre Beweggründe waren sicher nicht pädophil. Aber darauf kommt es nicht an.“

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Man glaube der Mutter, dass sie nicht absichtlich so gehandelt habe. „Sie selbst haben Ihren Mann angezeigt und die eigene Straftat damit aufgedeckt – Sie hierfür ins Gefängnis zu stecken wäre nicht gerechtfertigt. Dennoch haben Sie sich mit dem Weiterleiten strafbar gemacht.“

Die Angeklagte und ihr Verteidiger haben bereits angekündigt, gegen das Urteil Berufung einlegen zu wollen. Übrigens: Wie die Redaktion am Rande der Verhandlung erfuhr, läuft das Verfahren gegen den Vater der Siebenjährigen noch. Das Mädchen selbst befindet sich vorübergehend in einer Pflegefamilie.