Berghausen. Friedemann Faerber hat das Ziel der Restrukturierung vor Augen. Beim Berleburger Automobilzulieferer Stahlschmidt setzt man auf Marokko.
Der Automobilzulieferer SCS – Stahlschmidt Cable Systems GmbH aus Bad Berleburg befindet sich auf der Zielgeraden eines Umstrukturierungsprozesses, der den Gründungsstandort Berghausen zukunftssicher macht. Im Gespräch mit dieser Zeitung berichtet SCS-Geschäftsführer Friedemann Faerber über die Hintergründe eines überraschenden Eigentümerwechsels im Februar, die Verlagerung der Produktion nach Marokko und die Auswirkungen dieser Restrukturierung auf das traditionsreiche Unternehmen „Stahlschmidt“.
Rückblende: Das 2009 in Schieflage geratene Familienunternehmen fand 2015 mit der Hamburger Peter Möhrle Holding einen neuen Besitzer. 2023 folgte dann der erneute Eigentümerwechsel hin zur Lafayette Mittelstand Capital. Was auf den ersten Blick nach einer weiterreichen Beteiligung aussieht, macht nach Aussage des SCS-Geschäftsführers Faerber Sinn.
SCS findet neuen Investor
„Ich habe die Möhrle-Holding über all die Jahre als einen loyalen und guten Gesellschafter empfunden, mit dem wir vertrauensvoll zusammengearbeitet haben und der sehr viel in SCS investiert hat. In der Corona Zeit sind sie aber zu dem Schluss gekommen, dass sie ihr Engagement in diesem Automotive-Bereich nicht weiter ausbauen wollen. Das hat dazu geführt, dass ich nach weiterem Eigenkapital Ausschau gehalten habe, um die Restrukturierung und die Zukunft der Firma SCS zu sichern. Wichtig war dabei, nach einem Partner zu suchen, der auch in der Situation erfahren ist. Es muss jemand sein, der vor Change-Management-Prozessen nicht zu viel Respekt hat“, erläutert Faerber die Ausgangslage für den Automobilzulieferer. „Mit Lafayette Mittelstand Capital habe ich diesen Investor gefunden, der darauf spezialisiert ist, in Umbruchsituationen zu investieren.“
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Das Angebot war überzeugend: „Das, was unsere Kunden und auch potenzielle Investoren immer wieder überzeugt, ist unsere strategische Neuausrichtung der SCS Group, mit der Konsolidierung der Produktion in Marokko.“ Für Marokko spreche laut Faerber die große Zahl verfügbarer Arbeitskräfte, Lohnkosten, die wettbewerbsfähig seien und die Nähe zu Europa. Das in kürzester Zeit aufgebaute Werk in Marokko sei einer der Gründe gewesen, warum sich Lafayette entschlossen habe, zu investieren.
Lafayette Mittelstand Capital und Südwestfalen
Der Investor beschreibt sein Geschäftsmodell auf seiner Internetseite wie folgt: „Lafayette investiert in Firmen mit fundamental attraktiver Positionierung an Wendepunkten in ihrer Entwicklung (beispielsweise Abspaltungen, Rekapitalisierungen, Wachstumssituationen und andere kapitalintensivere Sondersituationen). Lafayettes geografischer Fokus liegt auf Mittelstandsfirmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie benachbarte Regionen im Falle von anschließenden Wachstumsakquisitionen.“
In Südwestfalen ist Lafayette auch kein Unbekannter: Die Olper Bäckerei Sondermann gehört nach wie vor zum Beteiligungsportfolio und der Freizeitgeräte-Hersteller Kettler war Teil des Unternehmens – jedoch nicht zu retten.
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Das Werk in Marokko ist ein wichtiger Baustein im Restrukturierungsprozess, der sich aber auch auf andere SCS-Standorte auswirkt: „Wir haben im Oktober vergangenen Jahres die Serienproduktion in Ungarn eingestellt. Das Werk ist nicht mehr existent. Eine kleine Truppe von vier Leuten aus Ungarn, die absolute Fachleute sind, unterstützen uns weiter im Aufbau in Marokko.“ Teile der Produktion aus Polen seien ebenfalls bereits verlagert worden. Neben dem Transfer von Wissen profitiert SCS in Nordafrika aber auch von anderen Effekten: „Das liegt auch an einer extrem motivierten, jungen Mannschaft vor Ort, die hungrig ist, möchte, aber auch kann.“ Der Wissensaustausch werde durch Austausch von Mitarbeitern aus Marokko nach Bad Berleburg sowie „unserem Werk in Polen und umgekehrt“ sichergestellt.
Marokkos Bedeutung
Die wirtschaftlich attraktivere Produktion in Nordafrika hat positive Effekte auf den Stammsitz des Unternehmens: „Der Kunde sagt, er habe ein Problem. SCS entwickelt eine Lösung dafür. Und das sehe ich nicht in Marokko, das sehe ich hier am Standort Bad Berleburg. Wir haben ein starkes Team von Logistikern, Disponenten, Projektmanagern und Ingenieuren, Konstrukteuren und Vertriebsmitarbeitern, die den Kunden beraten.“
Den Einwurf, dass Berghausen das Hirn des Unternehmens sei, will Friedemann Faerber aber nicht stehen lassen. „Auch in guten Produktionsstätten brauche ich Hirn. Das Geheimnis liegt in der engen Verzahnung aller Abteilungen. Daran arbeiten wir.“Der Zeitplan – bis Ende 2024 soll die Restrukturierung abgeschlossen sein, so Faerber – ist ambitioniert. „Das ist eine Riesenaufgabe für jeden. Aber die Extra-Meile, die jeder gehen muss, wird auch gegangen, um SCS in neuem Glanz erscheinen zu lassen.“