Bad Berleburg. Im Mai tauchen Fotos einer Wildkamera auf. Ein Hirsch wird gerissen. Jetzt ist der Verursacher identifiziert. Wolfsberater erklärt das Verfahren.

Jetzt ist es bestätigt! Es war ein Wolf, der im Mai ein Stück Rotwild beim Forsthaus Hülshof gerissen hat. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) veröffentlichte am Montag entsprechende Untersuchungsergebnisse im Internet. Wir haben mit dem heimische Wolfsberater Matthias Mennekes aus Erndtebrück über den Fall und die Auswertung seiner Proben gesprochen.

Das am 7. Mai in Bad Berleburg von einer Wildkamera bei Beddelhausen erfasste Tier wurde durch eine Genanalyse eindeutig identifiziert. Über einen Wildtierkadaver konnte der Wolfsrüde mit der Kennung GW2571m nachgewiesen werden.

Ein vermeintlicher Wolf wurde von einer Wildkamera zwischen Richstein und Beddelhausen erfasst.
Ein vermeintlicher Wolf wurde von einer Wildkamera zwischen Richstein und Beddelhausen erfasst. © Privat | Privat

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„Vermutlich wurde dieses Tier am Vortag auch von einer Wildkamera in dem Gebiet aufgenommen. Das Individuum stammt aus dem Rudel ,Hoher Fläming’ in Sachsen-Anhalt und wurde erstmals im Februar 2022 in Niedersachsen genetisch erfasst. GW2571m wird seit dem Monitoringjahr 2022/23 als territorialer Rüde im Raum Spangenberg (Hessen) geführt. Über den Verbleib der drei Wolfsindividuen ist bislang nichts bekannt“, heißt es in der Pressemitteilung des LANUV weiter.

Das sagt der Wolfsberater

Matthias Mennekes vom Regionalforstamt Siegen-Wittgenstein ist als für Wittgenstein zuständiger Wolfsberater vor Ort gewesen und hat die Proben genommen, die die Experten jetzt ausgewertet haben. „Ich entscheide nicht darüber, ob es ein Wolf ist. Wir als Wolfsberater machen uns als neutrale Beobachter ein Bild“, erläutert Mennekes die Grundlage seiner Arbeit. Er sichtet beispielsweise Fotos und Videos – so wie die aus er Wildkamera in diesem Fall. Hinzu kommen dann aber auch weitere Spuren. Der Riss eines Wildtieres oder auch eines Nutztieres wird genau dokumentiert. „Wir machen Fotos, zum Teil auch mit Maßstab und Detailaufnahmen“, erläutert Mennekes. Bissspuren, Krallenspuren, wie ist ein Kadaver geöffnet worden, was wurde gefressen – all das liefert Hinweise darüber, ob es ein Wolf oder vielleicht doch ein Luchs war. Das Vorgehen ähnelt für den Laien der Spurensicherung an einem Tatort: „Das ist alles in einem Meldebogen vorgegeben“, so Mennekes. Um Material für eine Genanalyse zu sammeln, sind ganz verschiedene Ansatzpunkte möglich: Haare, Gewebebestandteile, Urin oder eben Speichelreste an Bissstellen. „Die tupfen wir dann ab.“ Die gesammelte Dokumentation der Spuren und die Proben werden dann an das Landesumweltamt weitergeleitet und dort ausgewertet. Endgültige Klarheit liefert dann – so wie auch in diesem Fall – erst eine Genanalyse.

Wolf in Berleburg-Alertshausen

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    Im Fall der Sichtung bei Beddelhausen und dem Wildkadaver bei Richstein hat das Tier dann sogar einen Namen, weil es bereits einmal durch Proben genetisch untersucht worden ist. „GW2571m“ steht dann laut Mennekes für „German Wolf“, die Registernummer und das „m“ für männlich.

    Wichtig für Jäger und Landwirte

    Abseits des aktuellen Falles ist es Mennekes aber wichtig, zu erläutern, dass er trotz seiner Erfahrung als Wolfsberater eben kein Wolfsexperte sei. „Das ist die Aufgabe von Biologen“, stellt er klar. Er selbst ist Ansprechpartner für Tierhalter oder Jagdpächter. „Die müssen mich ansprechen“, unterstreicht er. Wenn beispielsweise ein Wanderer einen Wolf sieht, ein gerissenes Stück Wild entdeckt oder ein totes Weidetier sieht, dann könne er Kontakt zum Jagdpächter oder Tierhalter aufnehmen. Und nur wenn diese den Wolfsberater hinzuziehen, werde auch „ermittelt“, weil es auch keine Meldepflicht für Wolfsrisse gebe.

    Problem der Wolfsfotos

    Dass Wolfsberater sich zu Fotos, die in sozialen Netzwerken wie Facebook oder WhatsApp kursieren, nicht äußern, dafür bittet er auch um Verständnis. Aufnahmen müssen auch genau analysiert werden, um beispielsweise auch manipulierte Fotos oder Videos erkennen zu können. Deswegen kommt es den Wolfsberatern und auch dem LANUV darauf an, die Originalaufnahmen zu sehen und auch den Standort, an dem sie entstanden sind, genau zu kennen. „Fotos, die irgendwo kursieren, existieren also für mich nicht“, sagt Mennekes ganz klar. Und dass das LANUV oder die Wolfsberater diese Aufnahmen und auch die genauen Sichtungsorte nicht bekannt geben, hat etwas damit zu tun, dass sie einen „Wolfstourismus“ vermeiden wollen. GW2571m ist übrigens vermutlich längst weitergezogen.

    Weitere Wolfsnachweise

    Der Wolfsrüde von Bad Berleburg ist einer von dreien, deren Existenz und Sichtung jetzt durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW bestätigt wurden

    Über einen Losungsfund am 7. Mai 2023 konnte der männliche Wolf GW3501m in Lippetal (Kreis Soest) nachgewiesen werden. Er ist ein Nachkomme aus dem niederländischen Rudel „Noord-Veluwe“ in Gelderland. An einem Wildtierkadaver vom 14. Mai 2023 in Warstein (Kreis Soest) wurde das genetische Material einer Wölfin mit der Kennung GW3199f sichergestellt. Dieses Tier konnte erstmalig am 19. Oktober 2022 in ihrem grenzübergreifenden Herkunftsterritorium „Gohrischheide“ in Sachsen/Brandenburg nachgewiesen werden. Weitere Nachweise stammen aus Thüringen und Hessen.

    Weitere Informationen zu Wolfsnachweisen in Nordrhein-Westfalen sind zu finden im Fachinformationssystem des LANUV: https://wolf.nrw/