Wittgenstein/Kreuztal. Die Anbindung sei „keine Bequemlichkeit, sondern wirtschaftliche Notwendigkeit“, so die Bad Laaspher Bundespolitikerin Luiza Licina-Bode.

Die Bad Laaspher SPD-Bundestagsabgeordnete Luiza Licina-Bode bezieht deutlich Stellung zu Äußerungen der grünen Siegener Bundestagsabgeordneten Laura Kraft und Teilnehmenden eines Spaziergangs zur „Route 57“, der seit Jahrzehnten geplanten Ortsumgehungskette vom Siegerland über Wittgenstein bis Hessen. Die „Route 57“ sei „eine Notwendigkeit für den Erhalt unserer Arbeitsplätze und der Wirtschaftskraft der Region“, betont die SPD-Politikerin. „Wir sind bereit, weiterhin für eine verbesserte Anbindung zu kämpfen und lassen uns nicht durch unredliche und unehrliche Argumente einschüchtern.“

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Das Bus-und-Bahn-Angebot in Wittgenstein und von Wittgenstein nach Siegen sei „überschaubar“, so Licina-Bode. Wenn Krafts Leverkusener Kollegin Nyke Slawik, stellvertretende Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, dann als Teilnehmerin des Spaziergangs „von ,klimaschützenden Mobilitätskonzepten statt Straßenbau’ spricht, ohne konkret und für unsere Region zu benennen, wie dieses Mobilitätskonzept aussehen soll, dann stößt mir das als Wittgensteinerin sauer auf“.

Kampf um Arbeitsplätze

Kraft selbst sehe „die Wittgensteiner Arbeitsplätze ohne Route 57 nicht in Gefahr“, so Licina-Bode, und für den Waldgenossen Rüdiger Becker sei „die Notwendigkeit für die Route 57 nicht mehr gegeben, da viele Leute im Homeoffice seien“. Das sollten die beiden doch gerne einmal „den Arbeiterinnen und Arbeitern der EEW in Erndtebrück erklären, den Beschäftigten bei EJOT in Bad Berleburg und Bad Laasphe sowie zahlreichen weiteren Wittgensteinerinnen und Wittgensteinern, die in der Industrie beschäftigt sind und sich ihren Arbeitsplatz nicht mal eben ins Homeoffice verlagern können“, so die SPD-Politikerin.

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Streit um Stellenwert der Anbindung

Die grüne Siegener Bundestagsabgeordnete Laura Kraft steht dem kompletten Straßenbau-Projekt mit dem Stichwort „Route 57“ kritisch gegenüber.

Dass die neue Anbindung aber sehr wichtig sei etwa für die Wittgensteiner Wirtschaft, ignoriere Kraft jedoch, bedauert die Bad Laaspher SPD-Bundespolitikerin Luiza Licina-Bode. Sie wolle „nicht unkommentiert stehen lassen“, was neulich bei einem Spaziergang im Kreuztaler Mattenbachtal zum Thema gesagt worden sei. Dort soll die Kreuztaler Südumgehung entstehen.

Friedrich Henstorf, der mit der Aktionsgemeinschaft Naturpark Rothaargebirge seinerzeit schon gegen den Weiterbau der Autobahn A 4 gestritten hat, habe der Diskussion dann noch die Krone aufgesetzt, so Licina-Bode, „als er kundtat, dass ,eine Handvoll Wittgensteiner eine Straße für die Bequemlichkeit’ fordert“.

Immerhin geht’s um 40.000 Menschen

„40.000 Menschen sind sicherlich keine Handvoll“, hält die Bad Laaspher SPD-Politikerin dagegen. Vielmehr: werde diesen Menschen „eine Verbesserung ihrer verkehrlichen Anbindung bereits seit Jahrzehnten wie die sprichwörtliche Karotte vor die Nasen gehalten. Passiert ist bisher nichts. So hält zum Beispiel ein einziger Verein seit Jahren den Fortschritt bei der Verbesserung der Lebensader für ganz Wittgenstein auf“.

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„Wittgensteinerinnen und Wittgensteiner haben bundesweit einen der zeitlich längsten Anfahrtswege zur nächsten Autobahn-Anbindung“, argumentiert die SPD-Politikerin. Offenbar könnten einige Menschen aus Kreuztal und Siegen aber „nicht nachvollziehen, was es bedeutet, wenn die Anfahrt zur nächsten Autobahn-Anbindung eine Stunde dauert, und nicht fünf bis zehn Minuten“.

Lkw könnten Kraftstoff sparen

Überhaupt: Die jetzige Verkehrsanbindung sei „ein echter Klimakiller mit zahlreichen engen Kurven und Steigungsstrecken sowie Umwegen und Staus in den engen Ortsdurchfahrten, mit erhöhtem Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß“. So sei errechnet worden, „dass ein Lkw auf der Route 57 pro Strecke 20 Liter Dieselkraftstoff einsparen würde gegenüber der jetzigen Trassenführung“.

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„Seit der Kommunalreform in den 70er Jahren mussten wir Wittgensteinerinnen und Wittgensteiner erleben, dass mehr und mehr Dienstleistungen und Serviceangebote aus Wittgenstein nach Siegen verlegt wurden“, berichtet die Bad Laaspherin Luiza Licina-Bode – „sei es die Dienststelle der eigenen Krankenkasse, des Kreises, medizinische Angebote. Sogar die Impfstelle gab es zunächst nur in Siegen“. Und im Gegenzug? Seien Angebote bei Bus und Bahn in Wittgenstein „immer weiter zusammengestrichen“ worden.

Lange Fahrten nach Siegen

Fahrten nach Siegen gehörten leider zum Alltag für Wittgensteinerinnen und Wittgensteiner. Dabei müssten „für Hin- und Rückfahrt alleine bis zu zwei Stunden für jeden Termin eingeplant werden, mit ÖPNV werden das dann schnell vier Stunden“, weiß Licina-Bode.

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Das sei nicht nur „Lebenszeit, Arbeitszeit“, das seien „auch Kosten für Unternehmen, die zunehmend wettbewerbsschädigend sind“. Es habe also „nichts mit Bequemlichkeit zu tun, dass die Route 57 für Wittgenstein und seine Menschen wichtig ist, es hat etwas mit Notwendigkeit und auch Respekt gegenüber den Menschen hier zu tun, die seit Jahrzehnten unter der schlechten Anbindung leiden“. Der Versuch, Sanierungsprojekte gegen notwendige Neubauprojekte zur Sicherung der Wirtschaftskraft der Region auszuspielen, sei „unredlich und unehrlich“.

Gehört zur „Route 57“: der bereits fertiggestellte Abschnitt der Bundesstraße B 62 von Erndtebrück über die Kronprinzeneiche ins Siegerland.
Gehört zur „Route 57“: der bereits fertiggestellte Abschnitt der Bundesstraße B 62 von Erndtebrück über die Kronprinzeneiche ins Siegerland. © Strassen NRW

Und mit Blick auf immer mehr Betreiber-Anträge etwa für den Bau neuer Windräder sagt die Politikerin: „Wir sollten auch nicht vergessen, dass die Region Wittgenstein in den kommenden Jahren einen enormen Anteil am Ausbau der erneuerbaren Energien haben wird. Das verlangt von uns wiederum Opfer – dafür werden wir hier so viel Energie erzeugen wie ein halbes AKW, auch für das Siegerland.“

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Die beiden Grünen Laura Kraft und Nyke Slawik sollten nicht vergessen, dass die „Handvoll“ Wittgensteinerinnen und Wittgensteiner „mit ihren von der Transportlogistik abhängigen Industriearbeitsplätzen die Steuern erwirtschaften, die unter anderem Naturschutzverbände für ihre Arbeit dann wiederum vom Staat zur Verfügung gestellt bekommen. Hier sägen sie an dem Ast, auf dem sie selbst sitzen“.

Licina-Bodes Fazit: „In Siegen-Wittgenstein brauchen wir Lösungen, keine Ideologien.“