Erndtebrück. In Bad Berleburg musste sich ein 51-Jähriger wegen Unfallflucht verantworten – der Angeklagte vermutet einen Komplott gegen ihn.
Eine Kollision in Tateinheit mit Fahrerflucht kommt einen 51-jährigen Paketzusteller teuer zu stehen. Am Dienstag musste sich ein Erndtebrücker vor dem Amtsgericht Bad Berleburg wegen eines vermeintlich verursachten Autounfalls und damit einhergehender unerlaubter Entfernung vom Unfallort verantworten.
Am frühen Abend des 2. Juni 2022 kam es zwischen 18 und 21 Uhr zu einer Kollision mit einem parkenden silbernen Toyota in der Erndtebrücker Pulverwaldstraße – der Täter war daraufhin vom Unfallort geflüchtet. Der Gesamtschaden des Toyota wurde auf über 2000 Euro beziffert – besonders die Stoßstange war mit einem großen Leck betroffen.
Schaden schnell erkannt
Die geschädigte Familie merkte den entstandenen Schaden unmittelbar nach einem längeren Spaziergang. Schon kurze Zeit nach der Kollision klingelte es an der Tür des späteren Täters, als die Tochter der Geschädigten den Angeklagten nachfragte, ob er etwas von einem Unfall mitbekommen habe – der Erndtebrücker verneinte vehement. Als Vermieter der Opfer kannte der Angeklagte die Geschädigten nur zu gut, dennoch gab er an, nichts wahrgenommen zu haben.
Nachdem dann von der Familie die örtliche Polizei gerufen wurde (Anruf ging um 21.07 Uhr ein) erhärtete sich bei einer Autountersuchung jedoch schnell der Tatverdacht gegen den eigenen Vermieter. „Es hätte durchaus sein können, von der Garage aus, den Schaden hervorzurufen. Wir konnten auch einen Schaden am Fahrzeug feststellen, der mit dem des anderen Autos zusammenpasst“, erklärt einer der damals zuständigen Polizisten. Bei einer Abmessung sei in der gleichen Region wie bei dem Toyota ein Schaden bemerkbar gewesen, dazu konnten silberne Lackpartikel am Auto des Angeklagten festgestellt werden.
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Täter beteuert Unschuld
Trotz der Vorwürfe stritt der 51-Jährige die gestellten Vorwürfe in aller Deutlichkeit ab. „Ich habe mich seit 20 Uhr nur in meiner Wohnung befunden. Dass mein Auto ein paar Kratzer hat, ist richtig, aber die sind nicht aktuell entstanden“, betont er. Zwar sei er während des möglichen Tatzeitpunkts noch mit dem Auto zum Einkaufen gefahren, dabei sei jedoch nichts Auffälliges passiert. „Eine Kollision hätte ich schon gemerkt. Mir ist absolut schleierhaft, wie der Schaden entstanden ist“, gibt der Angeklagte an.
Vielmehr vermutete der Erndtebrücker, dass ihm von einem der zuständigen Polizisten etwas angehängt worden sein könnte, da das gegenseitige Verhältnis aus vorherigen Einsätzen mehr als angespannt gewesen sei. Gegen einen der Polizisten habe er sogar schon rechtliche Schritte eingeleitet.
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Gutachten belastet Angeklagten
In den weiteren Zeugenbefragungen verhärtete sich der Tatverdacht gegen den Angeklagten jedoch immer mehr. Besonders ein Gutachten eines 54-jährigen Sachverständigen für Verkehrsunfälle belastete den Angeklagten schwer. Dieser stellte fest, dass es eine Kollision zwischen dem silbernen Toyota und dem weißen BMW des Täters gegeben haben muss. „Wir konnten ganz klar feststellen, dass die silbernen Partikel am weißen Auto definitiv von der Stoßstange des Toyota stammen“, erklärt der Sachverständige.
Zudem hätten Rekonstruktionen des Unfalls deutlich gemacht, dass der Angeklagte die Kollision mitbekommen haben muss, da diese bei dem Tathergang ein knallendes Geräusch verursachte. „Die Kollision ist taktil und akustisch als wahrnehmbar einzustufen“, verdeutlicht er anhand eines Videos. Der Tatverdächtige, der sich bis heute nicht bei der zuständigen Versicherung meldete und damit keinen Schadensersatz zahlte, zeigte sich trotz der drückenden Beweislast auch in seinem Schluss-Plädoyer von seiner Unschuld überzeugt – Oberamtsanwalt Urner und Richter Hoffmann sahen dies jedoch grundlegend anders.
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Milde Strafe
„Es ist auszuschließen, dass Dritte mit dem Auto gefahren sind und so wichtig sind sie nicht, dass hier jemand die Spuren verwischt“, verdeutlicht Urner. „Wer so eine Kollision nicht erkennt, hat dann auch im Straßenverkehr nichts zu suchen“, legte der Oberamtsanwalt nach. Aufgrund von mangelnden Vorstrafen sowie Fahrverstößen forderte Urner jedoch ein mildes Urteil: Eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40 Euro. Dazu gesellt sich ein Fahrverbot von 6 Monaten anstelle der Entziehung der Fahrerlaubnis.
Nach kurzer Überlegungszeit kam Richter Hoffmann der Forderung des Oberamtsanwalts nach und hielt den Erndtebrücker in allen Anklagepunkten für schuldig. „Die Tat hat sich so zugetragen, wie es die Strafanzeige angegeben hat“, erklärt er sein Urteil. Nach der Urteilsverkündung verzichtete der Angeklagte auf Rechtsmittel – das Fahrverbot könnte jedoch noch ernsthafte berufliche Konsequenzen mit sich bringen, denn als Paketzusteller ist der 51-Jährige dringend auf Autofahrten angewiesen.
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