Arnsberg/Bad Berleburg. Auftakt: Ein Cold Case aus dem Jahr 2016 bekommt neue Brisanz. Der Kläger beruft sich auf die Erfolge anderer Waldbauern gegen den Wisentverein.

Es gibt weiterhin keinen Frieden zwischen Waldbauern und dem Bad Berleburger Wisentverein. Seit Freitagnachmittag befasst sich die 2. Zivilkammer des Landgerichtes Arnsberg erneut mit einer Klage eines Waldbauern aus dem Hochsauerland gegen den Wisentverein.

Neu ist der Fall nicht. Das Verfahren stammt bereits aus dem Jahr 2016. Es war aber so lange ruhend gestellt worden, bis die beiden anderen prominenten Fälle von den Schmallenberger Waldbauern Hubertus Dohle und Georg Feldmann-Schütte entschieden waren. Und hier ist das Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm rechtskräftig. Das sagt, dass die Waldbauern keine Wisente auf ihren Grundstücken dulden müssen. Der Verein muss seitdem mit Zwangsgeldern bis zu 250.000 Euro in jedem Einzelfall rechnen.

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Aber ganz so einfach ist es nicht mit dem Präzedenzfall. Das macht der Vorsitzende Richter und Vizepräsident des Landgerichtes, Jörg Maus, auch klar und verweist auf die Unabhängigkeit der Gerichte. Die Kammer in Arnsberg hat die Akten zu allen Entscheidungen rund um den Fall intensiv studiert, dass wird deutlich.

Vor dem Landgericht Arnsberg verhandelt der 2. Zivilsenat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Landgerichts, Jörg Maus, über die Klage eines Waldbauer aus dem HSK gegen den Trägerverein des Wisentprojektes.
Vor dem Landgericht Arnsberg verhandelt der 2. Zivilsenat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Landgerichts, Jörg Maus, über die Klage eines Waldbauer aus dem HSK gegen den Trägerverein des Wisentprojektes. © WP | Lars-Peter Dickel

In dem Zivilverfahren geht es zunächst um einen Güte- und Verhandlungstermin. „Gibt es nicht eine Möglichkeit, dass die Parteien zu einem Ende kommen? Wir haben alles versucht“, fragt Richter Maus. Nein, die gibt es nicht. Der Waldbauer aus dem HSK wird von der namhaften Kanzlei „Wolter Hoppenberg“ vertreten. Deren Mitarbeiter Dr. Gordon von Bardeleben ist der Meinung, dass alles bereits gesagt, bzw. in den Schriftsätzen enthalten ist.

Land soll in der Entschädigungspflicht sein

Der Rechtsanwalt des Wisentvereins, Stephan Hertel, betont, dass der Wisentverein rein rechtlich nichts tun könne, um die Tiere am Betreten der Waldgrundstücke zu hindern. „Wir können die Tiere weder einfangen noch letal entnehmen, wie gefordert. Und alle anderen Maßnahmen sind nicht geeignet“, so Hertel. Er verweist auf die Herrenlosigkeit und darauf, dass das Bundesnaturschutzgesetz die Tiere streng schütze.

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Der Vorsitzende Richter will wissen, wer denn nun für die Entschädigung der Waldbauern zuständig sei, wenn der Trägerverein das wirtschaftliche Eigentum an den Tieren aufgegeben habe. Dafür hat Hertel eine einfache Erklärung: „Das Land NRW ist in der Ersatzpflicht.“ Ohnehin sieht Hertel das Land in der Pflicht: „Was uns fehlt ist eine politische Entscheidung“, kritisiert er die Grundhaltung. Im Kreis Siegen-Wittgenstein habe man jetzt eine politische Entscheidung getroffen, das Projekt zu erhalten und ein Runder Tisch sei eingerichtet, um die Chancen dafür auszuloten.

Weitere Verfahren werden wieder aufgenommen

„Sitzen denn die Waldbauern mit am Runden Tisch?“, wollte der Vorsitzende wissen. „Nein“, sagt Hertel. Das juristische solle außen vor bleiben.

Dass dies Wunschdenken ist, wird daran deutlich, dass weitere drei Verfahren von Waldbauern beim Oberlandesgericht Hamm „ruhend gestellt“ waren. Deren Wiederaufnahme hat der Schmallenberger Rechtsanwalt Friedrich von Weichs beantragt. Von Weichs verfolgte die Verhandlung in Arnsberg, konnte aber noch nichts zu möglichen Verhandlungsterminen sagen.

Entscheidung Ende März

Für die Entscheidung in Arnsberg, die frühestens am 24. März fallen soll, ist noch wichtig, dass der Trägerverein nach wie vor als „Störer“ gesehen wird, weil das Gericht zumindest der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes folgt und sagt, dass die Duldungspflicht der Waldbauern im Grunde erloschen sei. Die habe nur für eine Erprobungsphase gegolten. Die sei aber zehn Jahr nach der Freisetzung der Tiere ausgelaufen.

Vor dem Landgericht Arnsberg verhandelt der 2. Zivilsenat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Landgerichts, Jörg Maus, über die Klage eines Waldbauer aus dem HSK gegen den Trägerverein des Wisentprojektes.
Vor dem Landgericht Arnsberg verhandelt der 2. Zivilsenat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Landgerichts, Jörg Maus, über die Klage eines Waldbauer aus dem HSK gegen den Trägerverein des Wisentprojektes. © WP | Lars-Peter Dickel

Spannend bleibt aber die Frage, ob der Trägerverein weiter für die Schäden haftbar gemacht werden kann. Er hat die Tiere in die Herrenlosigkeit entlassen und Rechtsanwalt Hertel betont, dass man im Grunde nie eine echte Tierhaltereigenschaft gehabt habe. Es sei darum gegangen, wilde Tiere freizusetzen – und nicht im klassischen Sinne Tiere zu halten. Vor diesem Hintergrund sei die Tierhaltereigenschaft eine „Eigentumsfiktion“ gewesen.

Interessantes Abstimmungsergebnis

Seit der Trägerverein aus Bad Berleburg die im Rothaargebirge freilebende Herde Wisentherde im September vergangenen Jahres für „herrenlos“ erklärte interessierte uns die Meinung der Leserinnen und Leser in einer Online-Umfrage.

Das Ergebnis der aktuell noch laufenden Umfrage ist eindeutig. Am Freitag, 24. Februar, 10.45 Uhr haben 1347 Menschen ihre Stimme auf die Frage abgegeben: „Das Wisentprojekt steht vor dem Aus - richtige Entscheidung?“

Nur 17 Prozent haben sich für ein Ende des Projektes ausgesprochen. 81 Prozent aber sind für einen Erhalt des Artenschutzprojektes. Zwei Prozent haben dazu keine Meinung.