Bad Berleburg. Eigentlich geht es „nur“ ums Geld. Die Haushaltsdebatte in Bad Berleburg legt den Streit zwischen den Parteien offen - Nicht nur bei SPD und CDU.
Die Haushaltsdebatte ist in allen Parlamenten der Tag, an dem zwar über Zahlen entscheiden werden soll, doch meist ist dies auch der Zeitpunkt für politische Schlagabtausche. Einen solchen lieferten sich in vor allem CDU und SPD im Bad Berleburger Stadtrat am Montagabend.
Kämmerer Gerd Scheider (Foto links) legte zuvor noch einmal die Eckdaten des Haushaltes für 2023 vor, der am Montagabend vom Bad Berleburger Stadtrat mit breiter Mehrheit aber eben nicht einstimmig beschlossen wurde.
„Der Haushaltsplan 2023 sieht Aufwendungen in Höhe von 55.751.610 Euro vor, denen Erträge in Höhe von 54.603.750 Euro gegenüberstehen. Bei einem damit um rund 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegenen Aufwandsvolumen ergibt dies ein im Plan ausgewiesenes Corona- und Ukrainekrieg bereinigtes Defizit in Höhe von 1.147.860 Euro. Für 2023 ist von Corona-bedingten Belastungen von rund 472.000 Euro sowie von kriegsbedingten Auswirkungen von rund 876.000 Euro auszugehen. Trotz des ausgewiesenen Jahresdefizits 2023 und obwohl auch in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2026 jeweils Jahresdefizite von durchschnittlich rund 1,7 Millionen Euro pro Jahr dargestellt werden, wurde im Haushaltsplanentwurf 2023 erneut von einem Anheben der Realsteuerhebesätze abgesehen.“ Schneider machte deutlich, dass der Haushaltsplanentwurf 2023 der Stadt Bad Berleburg mit unveränderten Realsteuerhebesätzen sowie weiteren zielgerichteten Investitionen gleichwohl den Schwerpunkt in Kontinuität und Sicherung des Standortes.
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CDU-Fraktion
Für seine Fraktion signalisierte der CDU-Chef Martin Schneider (Foto oben) die deutliche Zustimmung zum Haushaltsplan 2023 und dem damit verbundnen Stellenplan. In seiner Rede nimmt er auch
Bezug auf drängende Themen wie die Energiewende und kritisiert die Bundesregierung: „Natur, Landschaft und auch der Mensch selbst mit seinem Rückzugsraum sind offiziell als nachrangig eingestuft. Windkraft liegt per Dekret im überragenden öffentlichen Interesse und dient der Sicherheit der Nation. Die Lobbyarbeit wirkt bis auf die kommunale Ebene.“ Und für die CDU zieht Schneider eine klare Linie: „Hinsichtlich unseres FNP-Verfahrens und der Vorrangzonenplanung hält die CDU-Fraktion an der Fortführung und dem fristgerechten Abschluss des Verfahrens fest. Wichtig ist, dass wir diese wichtigen Themen, die unsere Zukunft nachhaltig beeinflussen werden, zukünftig wieder sachlich und ohne persönliche Anfeindungen diskutieren.“
Schneider kritisiert, ohne sie namentlich zu nenen vor allem die SPD: „Beim Blick in die Zukunft stellt sich uns auch die Frage nach einer konstruktiven Zusammenarbeit in den politischen Gremien. Die noch immer stattfindende Verteufelung des Ältestenrates löst bei der CDU-Fraktion nur unverständliches Kopfschütteln aus. Ein Gremium was in der Vergangenheit wirklich konstruktiv und gewinnbringend für unsere Stadt der Dörfer beraten hat, wird plötzlich als undemokratische Gruppierung öffentlich zerrissen. Dabei haben die, die am meisten darüber wettern, den größten Profit aus den Sitzungen gezogen, indem sie die dort entwickelten Ideen – für sich nutzend – in die eigenen Anträge formuliert haben. Möge jeder für sich selbst entscheiden, wie man so etwas bewerten sollte. Wir reichen abermals die Hand für ein miteinander Arbeiten zum Wohle unserer Stadt der Dörfer. Weg von den öffentlichen Anfeindungen und Beleidigungen. Losgelöst von den – zum Teil selbst auferlegten – parteipolitischen Zwängen und zurück zu einer fairen Umgangsweise in unseren Gremien, wie wir sie über Jahrzehnte erfolgreich zusammen ausgeübt haben. Es reicht nicht aus im Weihnachtsgruß zu schreiben, dass man anders Denkende respektiert, diese Einstellung muss man auch leben.“
Und dann kehrt Schneider zur Haushaltsplanung 2023 zurück. „Dieser Haushaltsplan bewegt sich zukunftsorientiert im Rahmen der strategischen Ziele und des Leitbildes, er wägt die Chancen und Risiken gewissenhaft ab und ermöglicht für unsere Stadt der Dörfer ein aktives Handeln ohne Abhängigkeiten.“
SPD-Fraktion
Die SPD nutzte die Haushaltsreden zu einer Generalkritik an der CDU-geführten Ratsmehrheit und der Verwaltung und Andreas Meinecke und Iris Gerstmann (Fotos unten links) machen deutlich, warum die SPD weder dem Haushalt noch dem Stellenplan zustimmen könne. Die SPD plädierte erneut dafür die Windkraftvorrangzonenplanung aufzugeben. Und bemängelte die politische Diskussionskultur im Rat. „Sorge machen uns der mangelnde Respekt der Menschen untereinander und der zum Teil offen ausgetragene Hass auf anders Denkende und in Verantwortung Handelnde. Auch innerhalb dieser Stadtverordnetenversammlung ist das Miteinander unseres Erachtens an einem Tiefpunkt angelangt. Belegbare Tatsachen und Argumente werden als Affront zur eigenen Einschätzung bewertet. Es geht sogar bis hin zur Nichtbeachtung des Gegenübers im öffentlichen Leben. [...] Darüber hinaus erschrecken uns Statusmeldungen in sozialen Netzwerken eines Fraktionsvorsitzenden, der scheinbar brennende Windräder bejubelt, zutiefst. Von notwendiger Neutralität keine Spur!“, nimmt die SPD-Fraktionsspitze Martin Schneider von der CDU gezielt aufs Korn. Ihre Enthaltung machen die Genossen aber am Stellenplan fest: „Seit einigen Jahren schon regen wir die Aufstockung des städtischen Personals an, um die Aufgaben fachgerecht und zeitnah bearbeiten zu können! In 2022 wurde dazu durch die Firma Allevo ein Gutachten erstellt. Leider fand dieses nicht unbedingt die Zustimmung der Verwaltungsführung. Das Ergebnis wurde kurzerhand nach eigenem Gutdünken verändert. Das ist für uns nach wie vor absolut indiskutabel.“
UWG-Fraktion
Marion Linde (Foto oben) von der UWG-Fraktion geht mit ihrer politischen Kritik in zwei Richtungen: Im Land nimmt sie CDU und Grüne aufs Korn: „Viele haben schlaflose Nächte, weil sie sich Sorgen machen. Wie geht es finanziell weiter, wenn die Straße vor ihrer Haustür saniert werden muss - siehe Beispiel Kapplerstein. Hier werden die Bürger von den jetzigen politischen Vertretern im Land, CDU und Grünen, im Stich gelassen. Es gibt immer noch keine Abschaffung der Straßenausbaugebühr nach KAG.“ Auf kommunaler und Bundeseben hat sie die SPD im Visier: „Für die SPD ist Windkraft der Heilsbringer. Die SPD schwärmt regelrecht von den zukünftigen Steuereinnahmen, die wie ein Füllhorn, unsere Haushaltskasse in Bad Berleburg zum Überfließen bringen werden. Was ist der Preis dafür? Menschen, die leiden. Die Angst vor diesen gigantischen Windtürmen haben. Tiere, die sterben. Immobilien, die an Wert verlieren. Unsere Naturlandschaft wird zur Industrielandschaft“, wettert Linde.
Grünen-Fraktion
Für Bündnis 90/Die Grünen machte Susanne Bald (Foto links) klar, dass auch die kommunalen politischen Ziele ganz klar an der Energiewende ausgerichtet werden müssten: „Auf der Ebene unserer Kommune zeigt sich eine begrüßenswerte Entwicklung. Beim Ausbau der Windenergie werden wir in NRW Vorreiter sein. Wir werden einen spürbaren Teil der Wertschöpfung vor Ort halten können zugunsten der Bürger:innen, der Stadt und der heimischen Unternehmen. Dadurch wächst auch die Akzeptanz von Windenergie in der Bevölkerung. Mit klugen Strategien bei der Verwertung lokal produzierter Windenergie sollte es uns gelingen, die Versorgungssicherheit und Energiesouveränität der Region entscheidend zu stärken und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Wirtschaftsstandortes zu unterstützen“, sagte Susanne Bald und betonte ihre Zustimmung zum Haushalt, weil „ich unsere Stadt alles in allem derzeit energiepolitisch auf einem aussichtsreichen Weg sehe“.
AfD-Fraktion
Klaus Dieter Lege (Foto links) begründet, warum die AfD weder Haushalt noch Stellenplan zustimmen kann: „Obwohl der Haushaltsplanentwurf die gewohnte Sorgfalt und Transparenz zeigt, die Steuerhebesätze unverändert bleiben und auch kein Haushaltssicherungskonzept notwendig ist, werden wir uns enthalten. Angesichts der derzeitigen Situation: Bedrohung der äußeren Sicherheit, Bedrohung der inneren Sicherheit durch Massenmigration, Inflation, Unsicherheit der Energieversorgung erwarten wir eine zunehmende Rückbesinnung auf die Kernaufgaben der Kommunen. In den Zusammenhang ist die vorhandene „Fördergeldmentalität“ kritisch zu hinterfragen. Auch Fördergelder werden vom Steuerzahler aufgebracht. Vor diesem Hintergrund muss auch die Schaffung neuer Stellen gesehen werden.“
FDP
Wolfgang Völker (Foto links) machte für die FDP deutlich, warum er dem Haushalt zustimmen wird: „Der Haushalt 2023 ist zwar defizitär, aber genehmigungsfähig, denn der Fehlbetrag kann aus der Ausgleichsrücklage gedeckt werden. [...] Zahlen und Einschätzungen der Verwaltung sind nachvollziehbar realistisch und die konservative Herangehensweise entspricht der Praxis eines vorsichtigen Kaufmannes. Ich sehe Bad Berleburg auf einem guten Weg und stimme dem Haushalt zu.“
Die Linke
Für die Linkspartei machte Thorsten Fischer (Foto links) deutlich, warum er dem Haushalt nicht zustimmen könne: „Der Haushaltsplan für das Jahr 2023 bildet nach meiner Einschätzung bei Weitem nicht alle bestehenden haushalterischen und tatsächlich Risiken sachgerecht ab. Auch enthält dieser keine erkennbare Struktur, die den Leitbildern - welchen sich die Stadt Bad Berleburg zu recht verpflichtet hat - annähernd gerecht wird.“