Wittgenstein. Naturschutz-Beirat bereitet Runden Tisch mit allen Projekt-Beteiligten vor. Doch die Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern bleiben verhärtet.
Wie kann man das Wisent-Projekt im Rothaargebirge weiterführen? Und wie bekommt man die verschiedenen Interessengruppen unter einen Hut? Diese Fragen stellte Prof. Dr. Klaudia Witte, Vorsitzende des Beirats Untere Naturschutzbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein, zur Diskussion – quasi als Vorbereitung auf den Runden Tisch mit allen Projekt-Beteiligten, den der Kreistag im Dezember beschlossen hatte. Doch gerade die harsche Kritik der Waldbauern am Verhalten der Tiere bei ihren Ausflügen ins Sauerland zeigt, wie verhärtet die Fronten sind. Unterdessen bietet das Feudinger Artenschutzzentrum von Achim Wickel und Wildbiologe Uwe Lindner weiterhin seine Hilfe an.
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Safaris für die Touristen?
Prof. Witte ist der Ansicht, dass der Wisent im Rothaargebirge zu halten ist. Schließlich öffneten die Tiere den Boden, förderten die Biodiversität der Pflanzen, seien eine „Schlüssel-Art“ für Wälder und offenere Habitate. Und: „Über die Wisente ist die Region viel sichtbarer geworden.“ Sicher: Die Tiere sorgten auch für ökonomische Schäden, etwa in den Wäldern der Sauerländer Waldbauern, indem sie dort die Rinden der Bäume schälten. Aber dafür zahle das Land NRW ja auch Entschädigungen. Auf jeden Fall sei für die freilebende Herde ein Management nötig.
Beiratsmitglied Markus Fuhrmann vom Naturschutzbund (NABU) unterstrich „den ökonomischen Nutzen“, die Bedeutung der Wisente für den Tourismus – bis hin zu Safaris, bei denen Teilnehmer den Tieren näherkommen.
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Dr. Fabian Schwaiger, beim Regionalforstamt Siegen-Wittgenstein zuständig für rechtliche Grundsatzfragen, kann dagegen nur den Kopf schütteln. Den ökologischen Wert der Tiere gerade im Wald halte er für „absurd“. Generell sei verbeißendes Schalenwild wie der Wisent, aber auch Rehwild „das Kontraproduktivste, was wir haben können“.
Runder Tisch
Unabhängig von den vielen damit einhergehenden und eventuell in der Zukunft noch zu klärenden juristischen Aspekten hat der Kreistag des Kreises Siegen-Wittgenstein in seiner Sitzung am 16. Dezember eine Klärung aller relevanten Fragen zur Fortführung oder eventuellen Beendigung des Projektes bis zum 30. September 2023 eingefordert.
Dazu soll es – unter anderem mit der Einberufung eines „Runden Tisches“ – in nächster Zeit zu einem intensiven Austausch unter Beteiligung der zuständigen Ministerien für Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen geben.
Hier hakte Klaus Runkel vom Waldbauernverband ein: Es sei „zu 100 Prozent falsch“, das Rothaargebirge mit seinen vielen Privatwäldern für die Verbreitung des Wisents zu nutzen. Hier zerstörten die Tiere oft ein „Lebenswerk“ der Waldbauern. Runkel sprach von einem „Riesenfehler in der Projektierung“, der „unverantwortlich“ sei. Aber Hirsche zum Beispiel würden von den Waldbauern toleriert, fragte Markus Fuhrmann nach. Durchaus nicht, so Runkel – aber Rehwild werde ja auch bejagt. „Welche Möglichkeit haben wir denn, die Herde zu lenken?“, fragte der Waldbauer in die Runde.
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Artenschutzzentrum will helfen
„Die Situation ist so verfahren, dass wir auch mit Entschädigungen nicht weiterkommen“, sagte Beiratsmitglied Baron Patrick von Grotthuss. Fakt sei die Rechtslage, dass die Flächen der Sauerländer Waldbauern für die Wisente tabu seien. Laut Oberlandesgericht Hamm müssen es Waldbauern im Sauerland nicht hinnehmen, dass Wisente ihre Grundstücke betreten und Schäden anrichten. Es drohen Zwangsgelder bis zu 250.000 Euro.
Bei der Beiratssitzung im Kreishaus meldete sich auch Achim Wickel vom Artenschutzzentrum zu Wort, eigentlich nur als Zuhörer im Raum. Er betonte die Erfahrung seines Zentrums mit Wisenten und findet, dass die Tiere raus aus den Wäldern, hinein in eine sich öffnende Landschaft müssten. Und: Das Projekt brauche einen neuen Träger.
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Prof. Witte warf ein, dass die Naturschutzverbände WWF, NABU und BUND den Wisent vom Naturschutzgesetz geschützt sähen. Das sei aber nur eine von mehreren juristischen Meinungen, hakte Arno Wied ein, im Kreishaus Dezernent für Bauen und Umwelt. Hier vertrete der Kreis eine andere Auffassung.
Wied meinte aber auch, dass es für das Wisent-Projekt einen anderen Träger geben und der Disput um die Tiere befriedet werden müsse. Achim Wickel hoffte für sein Artenschutzzentrum, „dass wir am Runden Tisch teilnehmen können“. Doch „das kann ich Ihnen nicht in Aussicht stellen“, gab Dezernent Wied zurück. Es sei denn, die Politik entscheide da anders.