Bad Berleburg. Tragische Geschichte eines eigentlich trockenen Alkoholikers, den Freunde zum Saufen überreden, endet in Polizeikontrolle und fast im Gefängnis.
„Diese Entscheidung war knapp. Sie standen schon mit einem Bein in Attendorn im Gefängnis“, machte der Richter Torsten Hoffmann dem Verurteilten klar, wohin die Reise geht, wenn er noch einen einzigen Gesetzesverstoß begeht.
„Das passiert mir nicht noch einmal“, hatte ein 63-jähriger Mann in seinem letzten Wort bekräftigt. Der alkoholkranke Familienvater wurde vom Amtsgericht Bad Berleburg am Dienstag zu einer Haftstrafe von acht Monaten, fünf Jahren Führerscheinsperre, einem einmonatigen Fahrverbot für Kraftfahrzeuge aller Art verurteilt, weil er betrunken auf einem Motorroller erwischt worden war. Und nur seiner geständigen Einlassung und einer von der Bewährungshilfe bescheinigten guten Sozialprognose hat er es zu verdanken, dass er diesmal nicht ins Gefängnis muss. Die Bewährungszeit dauert vier Jahre. Dafür aber legten Staatsanwalt Markus Urner und Richter Torsten Hoffmann die Situation des Mannes aus Bad Berleburg sehr zu seinen Gunsten aus, weil der Mann seit 2006 fünf Mal wegen Trunkenheitsfahrten oder Fahren ohne Führerschein verurteilt worden ist – das letzte Mal 2020 zu einer Bewährungsstrafe. Und diese Bewährung lief noch, als er Ende Juli 2022 von der Polizei angehalten worden war. Der Mann hatte mittags 2,07 Promille Alkohol im Blut und war damit absolut fahruntüchtig. Außerdem besitzt der Mann keinen Führerschein für den 50er-Roller.
Heftige Geburtstagsfeier
Auf die Frage, wie er denn so betrunken sein konnte, berichtet der Angeklagte von einer Geburtstagsfeier: „Wie das halt so ist: Die haben mich überredet, was zu trinken. Das war am Tag vor der Kontrolle.“ Nach dem er zwei Jahre lang nichts getrunken hatte, trank er nun Rum. „Der Geburtstag war heftig.“ Gegen 0 Uhr habe ihn dann ein Freund nach Haus gefahren. Weil er eine Bestellung abholen musste, sei er dann am nächsten Tag mit dem Roller in die Stadt gefahren und dann erwischt worden. Neben der Trunkenheitsfahrt gab es noch ein zweites Problem. Der Roller fuhr schneller als 48 km/h. Dafür hatte der Mann keinen Führerschein. „Der Mann, von dem ich den Roller gekauft hatte, hat die Drosselklappe nicht eingebaut. Ich habe dann mit meinem Schwager geguckt: Die einzubauen kostet 800 Euro. Deswegen habe ich den Roller nach dem Vorfall sofort verkauft.“
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Richter Torsten Hoffmann schüttelte den Kopf: „Sie sind ja zumindest ehrlich hier. Aber verstehen kann ich die Aktion nicht. Erst recht nicht, wenn man unter Bewährung steht.“ Auch Staatsanwalt Markus Urner, war entsetzt. Vor allem ein Satz des Angeklagten mache ihn stutzig: „Wie das halt so ist...“ bei seiner Schilderung über den Geburtstag. „Sie müssen Unmengen getrunken haben, wenn sie zwölf Stunden später noch 2,07 Promille haben.“ Und Urner machte wie der Richter auch die Konsequenzen deutlich: „Wir reden hier über eine Freiheitsstrafe, weil Sie einschlägig vorbestraft sind und weil sie ein Bewährungsversager sind. Der Alkohol ist Ihr Lebensproblem“, so Urner.
Besondere Umstände für Bewährung
Dass der Mann doch nicht ins Gefängnis muss, liegt an besonderen Umständen. Er ist arbeitslos und kümmert sich um seine nach einer Lungenoperation schwer kranke, bettlägerige Lebensgefährtin, schmeißt den Haushalt und hat sich direkt nach dem angeklagten Vorfall in therapeutische Behandlung begeben. Die Bewährungshilfe bescheinigt ihm, dass er mitzieht und dass eine stationäre Behandlung in einer Klinik bei der aktuellen häuslichen Situation mit seiner kranken Lebensgefährtin nicht ideal sei. Auch sein Rechtsanwalt Norbert Hartmann unterstrich, wie sehr sein Mandant gegen die Sucht kämpfe. Und so fiel dann auch das Urteil aus.