Bad Berleburg. Die Festnahme einer 52-Jährigen nach einer eskalierten Polizeikontrolle wurde gefilmt. Das sagen Polizei und die Frau zum Videoclip.

Ein Handyvideo aus Bad Berleburg verbreitet sich gerade rasant. Es zeigt zwei Polizisten, die eine Frau nach einer Verkehrskontrolle festnehmen. „Das Video geht schön viral. Da ist das Fass zum Überlaufen gekommen“, sagt Tania Müller. Die 52-jährige Bad Berleburgerin ist jene Frau, die sich am Sonntag, 13. November, gegen die beiden Beamten zur Wehr gesetzt hat. Das knapp vier Minuten lange Video zeigt, wie die Frau am Boden liegend von den Beamten fixiert wird und sich gegen die Festnahme wehrt. Was es nicht zeigt, ist die Vorgeschichte dieser Eskalation, die nun auch Folgen für die Frisörmeisterin hat.

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Ihr 16-jähriger Sohn war auf der Poststraße angehalten worden, weil sein Motorroller offenbar zu schnell fuhr. Die Beamten hatten den Verdacht, das Zweirad könne frisiert sein. Auf einem mobilen Rollenprüfstand zeigte sich eine Geschwindigkeit von 65 km/h, zu viel für die Zulassung. Für den jungen Mann hieße das: Fahren ohne Führerschein, ohne Betriebserlaubnis und ohne Versicherung.

Keine Fotos oder Screenshots

Auf Wunsch von Tania Müller und ihrem Sohn haben wir auf Screenshots aus dem Video verzichtet. Das Video selbst ist 3,55 Minuten lang und kursiert in Sozialen Medien wie WhatsApp.

Tania Müller kritisiert, dass bei diesem Test niemand auf dem Roller gesessen habe und dass die Messwerte dann falsch seien, weil das Gewicht des Fahrers fehle und der Roller dadurch langsamer werde.

Festnahme gut dokumentiert

Der Sohn rief seine Mutter an und die schaltete sich dann ein. „Nach meinen Erfahrungen habe ich mit der Bad Berleburger Polizei abgeschlossen. Da werde ich elek­trisch“, sagt sie im Gespräch mit der Redaktion. Einmal sei sie auf dem Fahrrad – ohne Licht auf dem Gehweg – von der Polizei angehalten worden. Und einmal, als sie mit dem Hund an der Leine und einer behinderten Freundin die Poststraße nicht am Fußgängerweg überquert habe. „Die wollten mich anhalten, und ich habe sie einfach stehen gelassen“, erzählt Tania Müller.

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Richtig sauer wurde sie nun wegen ihres Sohnes: Insgesamt drei Mal hätten die Beamten ihren Sohn schon angehalten. „Ich habe gesagt, die sollen ihm nicht das Leben versauen, der ist doch erst 16. Aber das waren junge Beamte.“

Video-Veröffentlichung strafbar?

Um zu beweisen, dass der Roller nicht frisiert, sondern im Auslieferungszustand ab Werk sei, habe sie vorgeschlagen, doch eine Probefahrt zu machen. „Das haben die Polizisten abgelehnt. Und dann habe ich den Helm meines Sohnes genommen und vorgeschlagen, dass sie ja hinter mir herfahren könnten. Dann hat ein Polizist gesagt, der Roller ist beschlagnahmt und hat mich vom Roller gezogen.“ Was danach passiert, ist nicht vollständig auf dem Video: Die Polizei spricht davon, dass die Frau die Beamten geschlagen und getreten habe. „Gewehrt habe ich mich erst, als ich am Boden lag“, sagt Tania Müller. Die Festnahme ist allerdings gut dokumentiert – und auch, dass Tania Müller lächelt und dem Filmer zu ruft: „Film das ruhig alles“. Es wirkt, als wolle sie Beweise gegen Polizeigewalt sammeln. Anzeige habe sie aber nicht erstatten wollen, sagt sie.

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Nach Angaben der Polizei war die 52-jährige Mutter handgreiflich geworden, als Beamte sie von dem soeben sichergestellten Roller herunterholen und ihr Handschellen anlegen wollten. Das zuständige Kriminalkommissariat in Bad Berleburg prüfe jetzt, so Polizeisprecher Stefan Pusch, ob der Urheber der veröffentlichten Videoaufnahme möglicherweise gegen das geltende Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) verstößt. Danach dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Sollte hier ein Verstoß erkennbar sein, könnten sowohl die Polizeibeamten als auch die gefilmte Mutter Strafantrag stellen, sagt Pusch.

Beleidigungen und Schläge

Gegen die Mutter wird bereits wegen Widerstandshandlungen ermittelt. Ob ihr 16-jähriger Sohn womöglich gegen das Führerschein-Recht verstoßen habe, was eine Straftat wäre, ist noch offen, so die Polizei. Es werde jetzt mit der zuständigen Staatsanwaltschaft „abgeklärt, ob der Roller einer entsprechenden gutachterlichen Überprüfung zugeführt werden soll“.

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Was den Polizei-Einsatz an sich betrifft, so die Kreispolizeibehörde, hätten die Beamten den 16-Jährigen zunächst wegen angeblich zu hohem Tempo angehalten. Sie seien sowohl durch Nachfahren mit dem Streifenwagen als auch später bei einem Test auf ihrem mobilen Rollenprüfstand zu dem Ergebnis gekommen, dass der Roller etwa 65 km/h schnell fahren könne – das wäre allerdings zu schnell für den 16-Jährigen, der nur die Fahrerlaubnis AM besitze, für Krafträder bis maximal 45 km/h. Die Mutter sei als Erziehungsberechtigte ihres jugendlichen Sohnes hinzugezogen worden, so die Polizei. Sie habe die Beamten dann zunächst beleidigt, ihnen aber unter anderem auch mit angedeuteten Schlägen gedroht. Das ist im veröffentlichten Video nicht zu sehen.

Mit Steinen geworfen

Als sich die 52-Jährige jedoch auf den gerade sichergestellten Roller gesetzt und damit habe fahren wollen, sei ihre dies zunächst untersagt worden. Als es dann „erneut zu einer konkreten Schlagbewegung“ gegen einen Beamten gekommen sei, der dieser habe ausweichen können, seien die Polizisten aktiv geworden – mit der Folge, dass die Frau mit Steinen geworfen, getreten und geschlagen habe.

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