Wittgenstein. Durch die bundesweite Anti-Terror-Razzia liegt der Fokus wieder auf Reichsbürgern. Auch in Wittgenstein gibt es welche. Das sagt der Staatsschutz.
Bei einer großangelegten Razzia hat die Polizei bundesweit „Reichsbürger“ ins Visier genommen, die einen Umsturz planten. Dabei klickten auch im an Wittgenstein grenzenden Lahn-Dill-Kreis die Handschellen bei Terrorverdächtigen. Erst Anfang der Woche hatte diese Zeitung berichtet, dass der Staatsschutz Hagen auch in Wittgenstein ermittelt: „Für die Bereiche Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück werden bei der KI Staatsschutz der Polizei Hagen fünf Personen als Reichsbürger geführt“, erläuterte Sprecherin Ramona Arnhold.
Das Thema Reichsbürger lässt Erinnerungen wach werden – denn im Februar 2020 hatte die Staatsanwaltschaft in Wuppertal einen sogenannten Reichsbürger im Bad Laaspher Stadtteil Oberndorf festnehmen lassen. Der damals 52-jährige Mann war durch ein Spezialeinsatzkommando in einem Wohnhaus aufgegriffen und direkt nach Wuppertal gebracht worden. Die Festnahme erfolgte aufgrund eines Haftbefehls.
Richter und Politiker und Familie bedroht
Hintergrund der Festnahme war eine konkrete Bedrohungslage. Der Mann hatte den damaligen Wuppertaler Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD), eine Richterin am Landgericht und Personen aus seinem Umfeld massiv bedroht, hieß es in einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft. Als Reichsbürger wurde der Mann eingestuft, weil er auf der Videoplattform YouTube bis kurz vor seiner Festnahme Verschwörungstheorien verbreitet hatte. Er selbst sah sich als Justizopfer, weil ihm ein Familiengericht nach einer problematischen Trennung den Umgang mit seinem Sohn und seiner Tochter verboten hatte.
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Weil der Mann als ehemaliger Sportschütze im Umgang mit Schusswaffen geübt war, setzte die Polizei ein spezielles Team zur Festnahme ein.
Der Mann wurde später in einer forensischen Klinik untergebracht. Ein Gerichtsverfahren gab es nicht. „Ein Sachverständiger kommt in einem Gutachten zu dem Schluss, dass der Beschuldigte schuldunfähig ist“, erläuterte Richter Armin Kolat im Mai 2020.
Erst Ausweis zerstört, dann Polizisten geschlagen
Ein zweiter spektakulärer Fall wurde im Oktober 2021 vor dem Amtsgericht in Bad Berleburg verhandelt. Ein damals 52-jähriger Angeklagter hatte im September 2020 für einen Polizeieinsatz in Bad Berleburg gesorgt und dabei sogar Polizeibeamte geschlagen. Die Beamten waren im September 2020 zur Bad Berleburger Wohnanschrift des Angeklagten gerufen worden, weil dieser im Garten mit einer Axt auf seinen Personalausweis eingeschlagen haben soll. Nach einem zunächst friedlichen Gespräch zwischen der Polizei und dem 52-Jährigen sei der Beschuldigte plötzlich aggressiv geworden.
„Ich habe meinen Ausweis zerklopft und wollte Reichsbürger werden. So ein Schwachsinn“, erinnert sich der Angeklagte im Amtsgericht Bad Berleburg. Trotz erheblich verminderter Schuldfähigkeit wurde er zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.
Bundeswehrsoldat als Verschwörungstheoretiker
Im Januar 2022 wurde zudem bekannt, dass der Militärische Abschirmdienst gegen einen Bundeswehrsoldaten aus der Hachenberg Kaserne in Erndtebrück ermittelt. Der Soldat bekannte sich in einer Telegramm-Gruppe als Anhänger der „QAnon“-Verschwörungstheorie. Als abgeordneter Soldat innerhalb der Kaserne und beim Gesundheitsamt fiel er zudem mit drastischen Äußerungen zu den Corona-Maßnahmen auf.