Wemlighausen/Wittgenstein. Ein besonderer Tag: Zum letzten Mal kam eine Synode des Ev. Kirchenkreises Wittgenstein zusammen. So geht es nach der Fusion ab 2023 weiter.

Es ist ein historischer Moment, der ungewöhnlich entspannt verläuft: „Für mich war dieses Datum lange weit weg. Aber siehe, die Zeit ist gekommen“, sagte die Superintendentin Simone Conrad. Mit der letzten Synode des Kirchenkreises Wittgenstein setzten die Synodalen einen Schlusspunkt unter eine 204-jährige Eigenständigkeit – aber auch unter eine mehr als drei Jahre dauernde Diskussion um die Zukunft der Kirche in Südwestfalen. Zeitgleich traf sich die letzte Synode des Evangelischen Kirchenkreises Siegen.

Simone Conrad verabschiedet Dr. Dirk Spornhauer aus dem KSV. Es war die letzte Synode des Kirchenkreis Wittgenstein, der nach 204 Jahren durch Fusion mit Siegen zum Evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein wird.
Simone Conrad verabschiedet Dr. Dirk Spornhauer aus dem KSV. Es war die letzte Synode des Kirchenkreis Wittgenstein, der nach 204 Jahren durch Fusion mit Siegen zum Evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein wird. © Evangelischer Kirchenkreis Wittgenstein | Jens Gesper / Kirchenkreis Wittgenstein

Wir fassen noch einmal die Hintergründe zusammen und berichten, wie es nun weitergehen wird, wenn am 1. Januar 2023 der neue Evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein entsteht.

Keine Trauer mehr

Im großen Saal des Abenteuerdorfes in Wemlighausen saßen die Synodalen aus den 14 Kirchengemeinden Wittgensteines und des Hochsauerlandes nicht betrübt zusammen. „Wir sind über die Phase der Trauer hinweg“, formulierte es Pfarrer Dr. Dirk Spornhauer. Und es gibt eine Perspektive für positive Veränderungen nach der Fusion zum 1. Januar 2023.

Simone Conrad verabschiedet Synodalassessor Peter Liedtke. Es war die letzte Synode des Kirchenkreis Wittgenstein, der nach 204 Jahren durch Fusion mit Siegen zum Evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein wird.
Simone Conrad verabschiedet Synodalassessor Peter Liedtke. Es war die letzte Synode des Kirchenkreis Wittgenstein, der nach 204 Jahren durch Fusion mit Siegen zum Evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein wird. © Evangelischer Kirchenkreis Wittgenstein | Jens Gesper / Kirchenkreis Wittgenstein

An diesem Tag wird sich einiges verändern, aber es ist noch viel zu tun, wenn sich die Ausschüsse aus Wittgenstein und dem Siegerland zusammensetzen und aus zwei Kirchenkreisen einen machen. „Alle Ausschüsse bleiben erst einmal im Amt. „Wir werden uns ja nicht selbst arbeitsunfähig“, betonte Simone Conrad. Besonders positiv dabei: Das Bevollmächtigten-Gremium, dass die Leitung im Übergang bis 2024 übernehmen wird, ist je zur Hälfte mit Siegerländern und Wittgensteiner besetzt. „Das ist nicht selbstverständlich“, mahnte die Wittgensteiner Superintendentin Simone Conrad und hatte sogar eine weitere gute Nachricht im Gepäck: Die Gemeindepädagogik in Siegerland und Wittgenstein wird gemeinsam neu aufgestellt und macht aller Voraussicht nach einen größeren Personalschlüssel als bisher möglich. Conrad nannte 1,5 Planstellen, je Solidarraum, was sogar wieder eine Entsendung möglich mache. „Das ist gut ihr lieben, das ist gut für uns.“

Simone Conrad gibt Amt mit Fusion auf

Superintendentin Simone Conrad verabschiedet Anne Neumann und Katja Bald. Es war die letzte Synode des Kirchenkreises Wittgenstein, der nach 204 Jahren durch Fusion mit Siegen zum Evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein wird.
Superintendentin Simone Conrad verabschiedet Anne Neumann und Katja Bald. Es war die letzte Synode des Kirchenkreises Wittgenstein, der nach 204 Jahren durch Fusion mit Siegen zum Evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein wird. © Evangelischer Kirchenkreis Wittgenstein | Jens Gesper / Kirchenkreis Wittgenstein

Conrad selbst wird dann aber nicht mehr mit dabei sein. „Es kann nur einen Superintendenten geben“, sagte sie und erinnerte daran, dass sie bei ihrer Amtsübernahme gesagt hatte, dass sie den Übergang begleiten wolle. Für Conrad beginnt anschließend eine Arbeit in als Pfarrerin in Pastoralen Übergangsdienst - voraussichtlich in Hattingen.

In ihren Abschlussworten formulierte Conrad Zuversicht: „Nun brechen wir auf in die Zukunft des Kirchenkreises Wittgenstein Siegen-Wittgenstein: manche forsch und mit kernigen Schritten, manche zögerlich, vielleicht ängstlich oder verunsichert, manche fröhlich und wohlgemut, manche vielleicht immer noch irgendwie unfreiwillig, es muss ja sein.“ Doch Conrad sprach auch von Gottvertrauen und Neugierde und darauf, dass alle aufeinander Acht geben werden.

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Aus dieser Problemlage heraus entschlossen sich die Wittgensteiner und der Evangelischen Kirchenkreis 2019 zu einem Fusionsprozess dem in Wittgenstein 10 von 14 Kirchengemeinden zustimmten, drei enthielten sich eine war dagegen. Im Siegerland votierten zwei dagegen. Auf der Landessynode dann wurde der Fusionsvorschlag mit 120 Ja-Stimmen, bei fünf Gegenstimmen und elf Enthaltungen angenommen.

So geht es weiter

Der neue Kirchenkreis entsteht zum 1. Januar 2023 und wird Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein heißen. Er erstreckt sich von Drolshagen im Westen bis nach Winterberg im Osten, von Eslohe im Norden bis nach Burbach im Süden reichen und rund 135.000 Gemeindeglieder in 36 Kirchengemeinden haben.

Geleitet wird der Kirchenkreis zunächst von einem Bevollmächtigten-Gremium (BVG), das sich fast paritätisch aus den ehemaligen Kreissynodalvorständen in Siegen und Wittgenstein zusammensetzt. Von Wittgensteiner Seite gehören der Oberndorfer Pfarrer Oliver Lehnsdorf als Scriba, also Schriftführer, der Laaspher Pfarrer Steffen Post als Theologisches Mitglied sowie die Wemlighäuserin Edith Aderhold, die Steinbacherin Helga Afflerbach, der Schmallenberger Dr. Wolfgang Pollinger und der Berleburger Christian Schneider dazu. In der Stellvertretung sind der Pfarrer von Dorlar-Eslohe, Peter Liedtke, die Berghäuser Pfarrerin Berit Nolting sowie der Fischelbacher Thorsten Betz und der Girkhäuser Klaus Saßmannshausen.

Die neue Kirchenführung muss gewählt werden

Superintendentin Simone Conrad mit der künftigen Synodalassessorin des neuen Kirchenkreises, Kerstin Grünert (links). Es war die letzte Synode des Kirchenkreises Wittgenstein, der nach 204 Jahren durch Fusion mit Siegen zum Evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein wird.
Superintendentin Simone Conrad mit der künftigen Synodalassessorin des neuen Kirchenkreises, Kerstin Grünert (links). Es war die letzte Synode des Kirchenkreises Wittgenstein, der nach 204 Jahren durch Fusion mit Siegen zum Evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein wird. © Evangelischer Kirchenkreis Wittgenstein | Jens Gesper / Kirchenkreis Wittgenstein

Nach den Presbyteriums-Wahlen im Frühjahr 2024 werden die neue Superintendentin oder der neue Superintendent sowie der neue Kreissynodalvorstand des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein gewählt. Bis dahin ist der bisherige Siegener Superintendent Peter-Thomas Stuberg in einer 100-Prozent-Stelle Vorsitzender des BVG, seine Stellvertreter sind jeweils mit einem 50-prozentigen Dienstauftrag der Wendener Pfarrer Martin Eckey und dessen Wittgensteiner Kollegin Kerstin Grünert.

In Zusammenarbeit mit Kirchenkreis und Landeskirche werden aktuell Möglichkeiten zur Unterstützung von Pfarrerin Kerstin Grünert in der Erndtebrücker Gemeinde geprüft. Spätestens im Frühjahr soll es hierfür eine klare Perspektive geben.

Bestandschutz für Haus der Kirche in Bad Berleburg und Abenteuerdorf

Das Berleburger Haus der Kirche an der Schloßstraße ist in seinem Bestand bis 2026 gesichert, genau wie das Abenteuerdorf Wittgenstein. Die zwei sehr unterschiedlichen Modelle der Jugendarbeit werden möglichst im kommenden Jahr zusammengeführt, dabei werden in einem Planungsausschuss die verschiedenen bestehenden Angebote gemeinsam betrachtet und es wird überlegt, wie sich in einer veränderten Welt die Dinge an den verschiedenen Orten des sehr großen Kirchenkreises für eine zukunftsträchtige Jugendarbeit künftig gestalten können.

Hintergründe

Wittgenstein war mit 930 Quadratkilometern der flächenmäßig größte Kirchenkreis der Westfälischen Landeskirche, aber eben mit 32.000 Gemeindegliedern in 14 Kirchengemeinden auch der personell kleinste. Und auch in der Kirche wächst der der wirtschaftliche Druck. Neben Gebäuden - vielen auch sehr alten denkmalgeschützten Kirchen - war auch die Seelsorge ein Problem. Die Zahl der Gemeindeglieder, die für eine Pfarrstelle notwendig sind, steigt. Damit sind Pfarrer für immer mehr Menschen und damit auch immer größer werdende Gemeinden zuständig. Neue Seelsorger für vakante Stellen zu finden, wird auch immer schwerer.