Wittgenstein. Corona, Ukrainekrieg, steigende Kosten: Den kommunalen Haushalt zu erstellen, wird immer schwieriger. Kämmerer geben Einblicke in die Arbeit.

Gerd Schneider, Thomas Müsse und Manfred Zode haben schon viele Herausforderungen gemeistert, wenn es um die Erstellung des kommunalen Haushaltsplans geht – jenem Plan, der für viele Menschen ein Buch mit sieben Siegeln ist – doppelt verschlossen. Zu kompliziert, zu trocken, zu viele Zahlen – das ist es, was die meisten Menschen denken, wenn sie das Wort „kommunales Haushaltsbuch“ hören. Dabei steckt hinter jeder Zahl eine Geschichte, ein Mensch oder auch eine wichtige Anschaffung für die Menschen der Kommune. Es gibt eigentlich keinen Bereich des Lebens, der nicht vom Haushalt betroffen ist – von der Eintragung ins Geburtenregister über das Kitaessen, den Unterricht oder auch den Straßenbedingungen auf dem Weg zur Arbeit – bis hin zur Sterbeurkunde. Mal ganz abgesehen vom Katastrophen- und Brandschutz und vieles mehr – alles bis ins kleinste Detail aufgelistet in einem Band – und öffentlich einsehbar auf der Homepage der Kommunen. „Transparenz ist uns enorm wichtig“, so Gerd Schneider, Kämmerer der Stadt Bad Berleburg.

Lesen Sie auch:Erndtebrück: Diskussion um notwendige Maßnahmen

Schneider hat schon einige Haushaltsentwürfe der Stadt vorgestellt und beschließen lassen. Schon in wenigen Wochen soll der nächste – für das Jahr 2023 – vorgestellt werden. „Im Sommer bereits haben die Fachbereiche die zu erwartenden Werte erarbeitet – bis August hatten sie Zeit für Rückmeldungen“, erklärt Schneider das Vorgehen. Im Herbst werden dann die ganzen Zahlen gesichtet. „Hier zeigt sich dann, ob das angemeldete Budget so mit in den Entwurf aufgenommen werden kann, oder ob der Rotstift angesetzt werden muss“, so der Kämmerer. „Man muss schauen, wo überhaupt noch etwas abzuziehen ist. Der Haushalt muss in jedem Jahr in Planung und Rechnung ausgeglichen sein“, erklärt Manfred Zode. Seit vier Jahren ist er Kämmerer der Stadt Bad Laasphe. „Sollte dies nicht möglich sein, kann im Ergebnisplan auch eine pauschale Kürzung von Aufwendungen erfolgen.“

Ziel: Den Ausgleich schaffen

Ein Ausgleich schaffen – das ist nicht immer leicht. „Die Aufwendungen – also die Ausgaben steigen immer weiter an und es kommen immer mehr Aufgaben hinzu – andersherum aber steigen die Erträge nicht im gleichen Maße“, erklärt der Kämmerer die immer größer werdenden Herausforderungen, einen Plan auf weite Sicht zu erstellen. Herausforderungen, die auch Gerd Schneider kennt. „Die äußeren Rahmenbedingungen werden immer komplexer. Hinzu kommen die Pandemie und der Ukraine-Krieg mit seinen Folgen, wie die Energiekrise.“ Und die habe mit Sicherheit Auswirkungen – auch auf den Haushaltsplan, sind sich die Kämmerer sicher.

Lesen Sie auch:Bad Laasphe: Experte hilft Familien beim Stromsparen

„Zwar haben wir das Gesetz zur Isolierung der aus der COVID-19-Pandemie und dem Ukrainekrieg folgenden Belastungen der kommunalen Haushalte – aber das bedeutet auch, dass wir diese Summen in den kommenden Jahren abschreiben müssen. Das macht es für die nächsten Generationen nicht gerade einfach“, so Manfred Zode. „Niemand weiß, wie sich die Zukunft entwickelt“, sagt auch Gerd Schneider. „Das Vorausschauen wird immer schwieriger, je weiter man geht.“ Und immerhin werden im Haushalt nicht nur die Aufwendungen und Investitionen für das kommende Jahr aufgelistet, sondern auch eine Prognose für die weiteren Jahre im Voraus abgegeben. „Es ist wie ein Blick in die Glaskugel“, so Gerd Schneider. Doch die Kämmerer sind sich einig: Ein sparsamer Haushaltsentwurf ist wichtig – dunkle und kalte Klassenräume aber ein Tabu. „Es gibt Posten im Haushalt, wo eine Einsparung kaum möglich ist.“

Kämmerer rechnet mit Einbußen bei der Gewerbesteuer

Seit 2018 hat Bad Berleburg wieder einen beschlussfähigen Haushalt. „Die Konsolidierung war nicht einfach, aber wir haben sie geschafft – auch mithilfe der Bürger. Ohne das ehrenamtliche Engagement der Vereine, Privatpersonen und Dorfgemeinschaften wäre das nicht möglich gewesen.“ 2012 wurde mit der Konsolidierung in Bad Berleburg gestartet.

Lesen Sie auch:Bad Berleburg braucht mehr Geld für Ortsvorsteher und Straßen

Und auch in Bad Laasphe hat man den Ausgleich geschafft – auch wenn das eine Menge Arbeit bedeutete – und auch weiterhin bedeuten wird. Denn: Auch wenn die Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen aktuell gut ausschaut – in den kommenden Jahren rechnet Kämmerer Manfred Zode hier mit Einbußen. Die kommunalen Haushalte stehen angesichts der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und dem damit einhergehenden dramatischen Einbruch bei der Gewerbesteuer sowie den schmerzlichen Rückgängen bei dem Gemeindeanteil an der Einkommensteuer unter erheblichen Druck. „Es wird immer schwieriger, einen Haushalt zu erstellen. Wenn die Gewerbesteuereinnahmen einbrechen, fehlt ein großer Teil der Erträge“, so Zode. Umso wichtiger seien die Schlüsselzuweisungen für die Kommunen.

Lesen Sie auch:Für den Sport in Bad Berleburg gibt es jede Menge Geld

Denn: Während die Aufwendungen in den einzelnen Kommunen weiter steigen – steigt auch die Kreis- und Jugendamtsumlage: In Bad Laasphe etwa fließt ein Drittel der Mittel in eben diese Umlage. „Das macht rund 11,5 Millionen Euro – für uns eine enorm hohe Summe.“ Ein Betrag, der für die Kommunen und ihre Haushaltsplanung eine große Rolle spielt. „Die Kreisumlage, die Zuweisungen und die Orientierungszahlen vom Land sind für uns wichtige Indikatoren“, so Schneider, der betont: „Ein Haushalt entsteht nicht von heute auf morgen – es ist eine Arbeit der ganzen Verwaltung. Ohne die Zuarbeit der einzelnen Fachbereiche wäre es nicht möglich.“ Da sind sich alle einig.