Wittgenstein. Personalmangel, mehr Energie sparen, fehlende Kundschaft: Händler nehmen verkürzte Öffnungszeiten in den Blick – auch in Wittgenstein.

In Großstädten ist der Trend schon länger erkennbar: Händler verkürzen die Öffnungszeiten ihrer Geschäfte. Oft wegen Personalmangel, aber demnächst vielleicht auch, um Energie zu sparen. Oder weil die Kundschaft ausbleibt. Und in Wittgenstein? Denken einige Geschäftsleute zumindest darüber nach.

Im Friseursalon

Alexander Müller zum Beispiel, der sich als Kaufmann um den Friseursalon seiner Frau Diana kümmert. „Wir haben hier schon einmal darüber gesprochen“, sagt er – etwa über ein Vier-Tage-Modell unter der Woche. Aber das müsse man sich dann auch erst noch durchrechnen. Bislang hat der Salon dienstags bis samstags geöffnet.

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Und vor allem: Es sei ja noch gar nicht klar, „wohin die Reise geht“, hält Müller im Moment den Ball flach. Spannend werde es aber zum Beispiel, wenn Geringverdienern zum 1. Oktober der neue Mindestlohn von zwölf Euro die Stunde gezahlt werde – mit Auswirkung auf die Verbraucher-Preise. Und dann Sprit, Strom, Gas, höhere Lebenshaltungskosten insgesamt – da werde sich so mancher Kunde wohl überlegen, ob das mit dem nächsten Haarschnitt nicht noch etwas warten könne. Bei vielen Kunden gebe es „eine gewisse Unsicherheit“, hat Alexander Müller festgestellt, sogar eine „gewisse Angst vor der Zukunft“. Und gerade die Auswirkungen des Ukraine-Krieges seien ja auch „Wahnsinn“.

Im Buchladen

„Wir sind da für unsere Kunden“, betont Monika Schröder, Inhaberin der Berleburger Buchhandlung an der Poststraße. Sicher: „Wir heizen hier mit Gas und natürlich sind die Nebenkosten jetzt höher. Aber da müssen wir durch“, gibt sich Schröder optimistisch. Und: „Wir lassen uns die Freude an der Arbeit nicht kaputtmachen.“ Außerdem wirbt die Händlerin dafür, mal wieder ein gutes Buch in die Hand zu nehmen: „Wir brauchen schöne Dinge in diesen Zeiten.“ Die Öffnungszeiten? Bleiben so, wie es der Kunde gewohnt ist, sagt Monika Schröder.

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Verein Markt und Tourismus

Karsten Wolter, 1. Vorsitzender des Bad Berleburger Vereins „Markt und Tourismus“: „Es gibt auch Mindest-Raumtemperaturen, um den Arbeitnehmer zu schützen.“
Karsten Wolter, 1. Vorsitzender des Bad Berleburger Vereins „Markt und Tourismus“: „Es gibt auch Mindest-Raumtemperaturen, um den Arbeitnehmer zu schützen.“ © Margot Huebner

Dass sich bei den Öffnungszeiten im Bad Berleburger Einzelhandel etwas verändere, sei derzeit „nicht erkennbar“. Und Karsten Wolter, der Vorsitzende des Bad Berleburger Vereins „Markt und Tourismus“, führt viele Gespräche in der heimischen Geschäftswelt. Allgemein gültige Verabredungen unter den Bad Berleburger Geschäftsleuten werde es ohnehin nicht geben, weil die Entwicklung doch sehr von den jeweiligen Branchen abhänge. Darüber hinaus sollte man gerade bei den Öffnungszeiten nicht gegen die Kundenströme agieren, findet Wolter.

Eine Absenkung der Raumtemperatur sei auch nicht in jedem Ladenlokal möglich, so der Vorsitzende – schließlich gebe es „Mindest-Raumtemperaturen, um den Arbeitnehmer zu schützen“. Wenn es allerdings „so weit käme, dass Betriebe aus Kostengründen die Temperatur nicht halten können, wäre das ein Schließungsgrund“, spekuliert Wolter. Aber wer wolle das im Moment abschätzen?

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Im Modehaus

Eingeschränkte Zeiten zum Shoppen? „Wir haben ja sowieso schon keine langen Öffnungszeiten“, sagt Stefan Wonsyld, Filialleiter des Bad Berleburger Modehauses Krug an der Poststraße. Noch aus Corona-Zeiten heraus öffne das Geschäft morgens erst um 10 Uhr, statt wie früher um 9.30 Uhr. Dafür gehe es abends bis 18.30 Uhr. Kürzere Öffnungszeiten – das sei vielleicht „eher etwas für die Supermärkte, die deutlich länger offen haben“, findet Wonsyld. Und in eine ungewisse Zukunft mit womöglich weiter steigenden Energie-Preisen und einer erneuten Corona-Welle mag der Filialleiter heute noch gar nicht schauen.

Im Schuhhaus

„Wir haben nur Mittwochnachmittags geschlossen“, sagt Petra Roth, Inhaberin von Schuhe Sport Belz an der Marburger Straßen in Erndtebrück – und das solle auch so bleiben, im Interesse der Kundinnen und Kunden. Montags bis freitags macht das Geschäft außerdem zwischen 12.30 und 14 Uhr Mittagspause und schließt samstags schon um 12 Uhr. Das gilt übrigens auch für die Werkstatt von Roths Sohn, dem Orthopädie-Schumachermeister Florian Roth.

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Händlergemeinschaft Pro Bad Laasphe

Je größer ein Fachgeschäft, desto schwieriger werde es natürlich mit dem Personal und der Energieversorgung, so Otto Wunderlich, Vorsitzender Händlergemeinschaft „Pro Bad Laasphe“. In Großstädten wie Bielefeld oder Münster verkürzten deshalb einige Läden zum Beispiel ihre Öffnungszeiten abends von 22 auf 21 Uhr. In Bad Laasphe und Erndtebrück sei das „noch nicht so gravierend“, sagt Wunderlich – soweit er das beurteilen könne. Jedenfalls habe er „noch von keinem Betrieb gehört, dass Personalkürzungen sich so auswirken“. Das Handwerk suche weiterhin Fachkräfte und die Industrie sei mit der Auftragslage offensichtlich zufrieden. Was Wunderlich jedoch befürchtet: „Die Energiekosten werden uns noch drücken – aber auch unsere Kunden.“