Siegen-Wittgenstein. Im Krematorium Siegen verblassen Diskussionen um Gaspreise. An manchen öffentlichen Überlegungen übt der Geschäftsführer deutlich Kritik.

Wenn sich Menschen von ihren Geliebten für immer verabschieden und die Verstorbenen ihre letzte Reise antreten, ist dies eine hochemotionale und sensible Situation. Das Krematorium Peter & Schmidt in Siegen, das für die Einäscherung Verstorbener im gesamten Kreis und darüber hinaus zuständig ist, bietet den Raum für diese Momente. In den vergangenen Wochen jedoch ist die Pietät angesichts der Debatte um steigende Gaspreise und Energiesparen in den Hintergrund getreten.

„Die Diskussion und mediale Darstellung ist dem Anlass überhaupt nicht angemessen“, macht Uwe Peter, Geschäftsführer des Krematoriums, im Gespräch deutlich. Sicherlich: Auch für das Krematorium gelte letztlich dasselbe wie für alle anderen Verbraucher. „Auch wir werden es mit Preiserhöhungen zu tun bekommen“, so Peter.

Keine industrielle Abfertigung

Jedoch sollte man sich im Fall eines Krematoriums bewusst machen, worüber dabei eigentlich diskutiert werde: „Wir sind verantwortlich für den letzten Weg eines Menschen und die Betreuung der trauernden Angehörigen. Das ist keine industrielle Abfertigung.“ Daher stehe hier vor allem eines an oberster Stelle, erklärt Peter, nämlich das deutsche Grundgesetz, Paragraf 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

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Eine Überlegung zur Reduzierung des Gasverbrauchs in Krematorien, die medial verbreitet werde, störe ihn dabei besonders: „Dabei soll es um die mögliche Reduzierung der Temperatur unter 850 Grad Celsius in den Einäscherungsöfen gehen. Das Bundesimmissionsschutzgesetz schreibt dort aber eine Mindesttemperatur von 850 Grad vor. Eine Reduzierung dieser Temperatur würde diese Vorschrift unterwandern.“

Außenwirkung ist bewusst so wie sie ist

Diesbezüglich gibt es jedoch noch einen weiteren Aspekt, der nicht außer Acht gelassen werden sollte: Eine Reduzierung der Temperatur könnte das Krematorium ganz anders auf die Außenwelt wirken lassen. „Man kann es weder riechen, hören oder sehen, wenn ein Krematorium in Betrieb ist. Das liegt an der vorgeschriebenen Temperatur in den Öfen. Wäre sie niedriger, ist es möglich, dass es anders sein könnte“, macht Peter deutlich.

So sieht das Erinnerungszeichen im Ganzen aus.
So sieht das Erinnerungszeichen im Ganzen aus. © WP | Lisa Klaus

Dabei ist es jedoch vor allem auch die Außenwirkung und die Art und Weise, wie sich das Krematorium vor allem den Angehörigen präsentiert, die eine große Rolle für den Anlass des Abschieds spielt – und dies wird in Siegen ganz bewusst besonders sorgfältig behandelt. Im Trauerraum zum Beispiel kann eine Abschiedszeremonie vollkommen individuell und auf den Verstorbenen angepasst gestaltet werden.

Viele verschiedene Zeremonien möglich

„Wir haben hier zum Beispiel einen Beamer und eine Leinwand, wenn die Angehörigen Bilder oder Videos zeigen wollen. Oder es kann ein Flügel im Raum stehen, auf dem ein Pianist spielt. Ganz anders sehen zum Beispiel auch buddhistische oder hinduistische Zeremonien aus. Dann werden alle Stühle aus dem Raum entfernt und der ganze Boden ist zehn Zentimeter mit Blütenblättern bedeckt. Angehörige kommen dann den ganzen Tag über, um sich zu verabschieden.“

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Auch der Raum mit den beiden Einäscherungsöfen ist alles andere als bedrückend oder gar erschreckend. In Siegen plätschert hier ein Brunnen, in der Mitte des hellen Raums steht ein grüner Baum und auch hier können die Angehörigen das Ganze individuell gestalten. „Das ist etwas, das es woanders so auch nicht gibt“, so Peter weiter: „Es können kleine Dinge auf den Sarg gelegt oder etwas auf den Sarg geschrieben werden.“ Bis zum Schluss, wenn der Sarg in den Einäscherungsofen gefahren wird, dürfen die Angehörigen, wenn sie es wünschen, mit dabei bleiben.

Einäscherungsraum soll schön sein

Und, so berichtet es Peter, einige haben ihm bereits gesagt, wie schön sie den Raum fänden – und sich dann kurz deshalb erschrocken. „Darf so ein Raum schön sein, darf man ihn schön finden? Natürlich“, weiß der Geschäftsführer des Krematoriums. Es sei wichtig, trotz des traurigen Anlasses eine Wohlfühlatmosphäre für die Angehörigen zu schaffen und den Verstorbenen die Würde, die ihnen zusteht, zuteil werden zu lassen.

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Dazu gehört auch, den Angehörigen nach der Feuerbestattung etwas mitzugeben, das sie auf ewig mit dem Verstorbenen verbindet. „Wir nennen es Erinnerungszeichen – es besteht aus Holz und ist zweigeteilt. Einer der beiden Teile kommt auf den Sarg des Verstorbenen. Den anderen Teil, darin brennt während der Bestattung ein Teelicht, bekommen die Angehörigen – zusammen mit dem abgebrannten Teelicht und Sonnenblumensamen.“ Und vor diesem Hintergrund verblassen dann auch Diskussionen um Gaspreise.