Siegen. Seit 2005 werden in Siegen Feuerbestattungen durchgeführt. Seither steigt die Nachfrage, zuletzt auch wegen Corona, deshalb soll angebaut werden
Feuerbestattungen werden in Deutschland immer beliebter. Auch das Krematorium „Peter & Schmidt“ in Siegen verzeichnet ständig mehr Kunden, besonders in der Coronazeit. Deshalb möchten die Gesellschafter ihr Gebäude schon seit längerer Zeit erweitern, doch der nötige Grundstückskauf von der Stadt Siegen ist immer noch nicht abgeschlossen.
2005 in Siegen gegründet
2005 gründeten Peter Schmidt und Uwe Peter ihr Krematorium auf dem Lindenberg in Siegen, direkt neben dem größten Friedhof im Stadtgebiet. Vorher hatten die beiden Gesellschafter beruflich nichts mit dem Bestattungsgeschäft zu tun. Peter Schmidt war im Straßenbau tätig, Uwe Peter im Bereich Radio- und Fernsehtechnik. Das Anliegen, ein Krematorium in Siegen zu eröffnen, resultierte in erster Linie aus zwei Umständen: Erstens gab es in weitem Umkreis keine Möglichkeit zur Feuerbestattung, so dass Hinterbliebene weite Wege auf sich nehmen mussten. Zweitens waren auch die weiter entfernten Krematorien jenseits der Kapazitätsgrenze und die Wartezeit auf einen Termin betrug bis zu acht Wochen. „Wir hielten das für einen unhaltbaren Zustand“, erinnert sich Geschäftsführer Peter Schmidt.
Siegens Stadtbaurat setzt Bauhausarchitektur durch
Das Krematorium war ein kompletter Neubau. Außer den erforderlichen technischen Voraussetzungen waren die Gründer in der Gestaltung des Hauses relativ frei, sagt Peter Schmidt – aber nur theoretisch. Praktisch hatte der damalige Stadtbaurat Joachim Brune genaue Vorstellungen, wie das Krematorium aussehen sollte und setzte eine Bauhausarchitektur durch. „Mir gefällt unser Haus besser, als wir es ursprünglich geplant hatten“, sagt Peter Schmidt heute.
Innen haben die Gründer alles so gestaltet, wie sie es sich vorstellten. Alle Planungen drehten sich dabei darum, dass die Hinterbliebenen sich „geborgen und wohl“ fühlen – so weit das den Umständen entsprechend möglich ist. Anscheinend ist das gelungen. „Viele Hinterbliebene sagen, wie gut es ihnen bei uns gefallen hat – ein größeres Lob kann man nicht kriegen“, sagt Peter Schmidt.
Siegen erteilt Auftrag zur Feuerbestattung
„Ganz wesentlich für den Betrieb eines Krematoriums ist, den Auftrag der Kommune zu bekommen“, erklärt Peter Schmidt. Die Bestattung ist in Deutschland eine öffentlich-rechtliche Aufgabe. Teilweise werden Krematorien auch von den Kommunen selbst betrieben. In Siegen habe es sich das aber nie ergeben und die Stadt hatte kein Interesse, selbst ein Krematorium einzurichten. Deshalb übertrug man den Auftrag gerne an Peter und Schmidt – die diesen wiederum etwas anders ausführten, als es vorher üblich war.
„Wir haben sehr viel Wert darauf gelegt, dass die Hinterbliebenen dabei sein können, wenn die Verstorbenen dem Feuer übergeben werden“, sagt Peter Schmidt. Das habe es vorher überhaupt nicht gegeben. Der Leichnam wurde abgeholt und die Asche kam zurück. „Wir fanden das fürchterlich anonym“. Mit ihren Plänen seien sie auf ungläubiges Staunen gestoßen, echten Widerstand habe es aber keinen gegeben. Dass es von den Kommunen anders gehandhabt wurde, führt Peter Schmidt auf den zusätzlichen Aufwand zurück. „Wir wollen das und machen das gerne“.
Das zahlt sich aus. Immer mehr Kunden kommen zu Peter und Schmidt nach Siegen, nun wiederum teilweise aus weiter entfernten Kommunen, in denen es zwar eigene Krematorien gibt, nicht aber die Möglichkeit, bei der Feuerbestattung dabei zu sein. „Für viele Menschen ist es eine Erleichterung“, beschreibt Schmidt seinen Eindruck von der Zeremonie.
1000 Grad in Siegen
Generell habe die Akzeptanz von Feuerbestattungen in Deutschland stark zugenommen, berichtet Peter Schmidt. Auch in ihrem Krematorium sei die Anzahl stetig gestiegen. Etwa 6500 Feuerbestattungen finden auf dem Lindenberg jährlich statt.
Ein Bestatter bringt den Leichnam ins Krematorium, danach schaut ihn auch immer noch ein Amtsarzt an. Wenn die Feuerbestattung dann stattfindet, können die Hinterbliebenen im Trauerraum zunächst eine Abschiedsfeier veranstalten. Der Prozess der Einäscherung dauert insgesamt etwa drei Stunden. Der Leichnam wird im Sarg in einen der zwei computergesteuerte Öfen gefahren, in dem er dann verbrannt wird. Über 1000 Grad werden die Öfen heiß, der Innenraum besteht aus feuerfesten Schamottesteinen.
Auf mehreren Ebenen wird der Leichnam zersetzt, bis nur noch die Asche bleibt. Schadstoffe und Gase werden in einem Extra-Ofen verbrannt. Die Asche erhalten die Hinterbliebenen schließlich in einer einheitlichen Aschekapsel, die mittlerweile aus Maisstärke gefertigt sind. Individuelle „Überurnen“ gibt es dann zum Beispiel wieder beim Bestatter.
Bei Peter und Schmidt wird mit dem Verstorben auch immer ein individuell gefertigtes Stück Holz verbrannt, passende Gegenstücke erhalten die Hinterbliebenen – mit einem Teelicht, das genau für die Zeit der Feuerbestattung gebrannt hat.
Mehr Feuerbestattungen durch Corona
In der Coronazeit ist die Anzahl der Feuerbestattungen noch stärker gewachsen. Nicht, weil es mehr Todesfälle gegeben habe, vermutet Schmidt, sondern wegen der Auflagen für Beerdigungen. Eine Urne kann im Zweifelsfall auch eine Weile stehen bleiben. Mittlerweile stößt das Krematorium in Siegen langsam an seine Kapazitätsgrenzen, gleichzeitig müssen die Öfen nach 15 Jahren erneuert werden. Das dauert aber bis zu drei Monate – „so lange können wir nicht auf einen Ofen verzichten“, sagt Schmidt.
Deshalb soll zunächst ein dritter Ofen gebaut und anschließend die beiden existierenden Öfen nacheinander erneuert werden. Dafür muss aber auch das Gebäude erweitert werden und deshalb brauchen Schmidt und Peter mehr Platz. „Der Erwerb des Grundstücks zieht sich sehr lang“, beschwert sich Peter Schmidt. „Ich gehe davon aus, dass der Vertrag kurzfristig unterschrieben werden kann“, sagt er – eine Zusicherung seitens der Stadt hat er allerdings noch nicht. Sollte ein Ofen ausfallen oder Corona zurückkehre, „bricht das System in Siegen zusammen“, sagt Schmidt.
Einige Tote mit Corona wurden im Siegener Krematorium bereits verbrannt. Eigentlich ist das aber nichts neues für Peter und Schmidt. Auch mit anderen Infektionen hat das Team im Krematorium regelmäßig zu tun und achtet deshalb auf die Einhaltung von Schutzmaßnahmen. Zur Zeit gebe es nur eine leichte Häufung. Und gegen das Feuer haben Viren und Keime ohnehin keine Chance.
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