Wittgenstein. Viessmann soll 45.000 Wärmepumpen im Rückstand sein. Schuld seien gleich zwei Krisen. Was heimische Bauherren nun wissen sollten.

Hausbauende und Installateure machen lange Gesichter. Wer heute eine Luft-Wärmepumpe einbauen will, muss mit monatelangen Wartezeiten rechnen. Um im Bild zu bleiben: Der Markt ist überhitzt. Es fehlt an Bauteilen, wie Computerchips, Kabelbäumen. Große Hersteller wie die österreichischen Konzerne Vaillant und Stiebel Eltron oder der deutsche Klassenprimus Viessmann aus dem benachbarten Allendorf/Eder können ihre Kunden nur auf lange Wartezeiten verweisen. Wir haben uns in Wittgenstein umgehört.

Das sagen die Hersteller

Wir alle hören es fast täglich in den Nachrichten: Covid-19-Pandemie, geopolitische Auseinandersetzungen, sowie ein großer Bedarf an Rohstoffen sorgen weltweit für Lieferengpässe bei wichtigen Bauteilen. Auch Vaillant kann sich dieser dynamischen Entwicklung nicht entziehen. „Daher ist derzeit auch bei einzelnen Vaillant Produkten mit längeren Lieferzeiten zu rechnen“, kommentiert die Presseabteilung von Vaillant die Lage.

Lesen Sie auch: Auch beim Einkauf lässt sich Energie sparen

Die deutsche Firma Viessmann aus Allendorf/Eder, bei dem auch viele Wittgensteiner arbeiten, soll nach Informationen dieser Zeitung mit 45.000 bereit bestellten Einheiten im Rückstand sein. Hintergrund ist wohl auch der Krieg in der Ukraine. Eine Viessmann-Niederlassung bei Kiew wurde nach Angaben von Firmenchef Max Viessmann im Handelsblatt „völlig zerstört“.

Lesen Sie auch:„Wärmepumpe im Neubau alternativlos“

Auf unsere schriftliche Anfrage äußerte sich das Unternehmen in Allendorf bislang nicht. Am 14. Juli aber gab das Unternehmen bekannt, dass es in den kommenden drei Jahren eine Milliarde Euro in den Ausbau der Wärmepumpen-Produktion und grüne Klimalösungen stecken will. 200 Millionen Euro fließen allein in ein neues Werk im polnischen Legnica. Dort wurde gerade der Grundstein gelegt.

Das sagen die Installateure

Das Problem der fehlenden Wärmepumpen löst das aber nicht schnell. Der Bad Berleburger Installateurmeister Henning Weller von der Firma Pommer weiß: „Das ist bei allen Herstellern gleich.“ Das hat auch Auswirkungen auf das Handwerk vor Ort: „Die Auftragslage ist gut, aber wir können nichts machen, weil uns einfach die Aggregate fehlen.“ Das bestätigt auch der Bad Laaspher Diplom-Ingenieur Christian Gerhardt: „Jetzt ist eigentlich Kesseltauschzeit. Das ist die Zeit, in der es Brei für die Heizungsinstallateure regnet. Nur haben wir keinen Löffel, weil uns einerseits die Anlagen und andererseits auch das Personal fehlen“, sagt Gerhardt.

Lesen Sie auch: Ganz einfach in erneuerbare Energien einsteigen

Wer bei dem Niederlaaspher Unternehmer im Februar oder März eine Wärmepumpe bestellt hat, der muss sich noch bis August oder September gedulden. Und Henning Weller erklärt: Wer jetzt bestellt, bekommt seine Wärmepumpe „frühestens im nächsten Jahr.“

Für Hausbauer und Modernisierer entsteht eine schwierige Situation. Für die Estrichtrocknung und das spätere Wohnen sind funktionierende Heizungen unerlässlich. Der Ausweg: Elektro-Heizgeräte für Baustellen oder aber sogar große Durchlauferhitzer, die vorübergehend Warmwasser für Heizung und Haushalt produzieren, bis die Wärmepumpe eingebaut werden kann. Um die Zeit bis zur Lieferung der eigentlichen Heizung zu überbrücken „ist das eine Alternative“, weiß Henning Weller, „aber auch da steigt die Nachfrage“, macht er das Dilemma für die Bauherren deutlich, die nicht warten können.

Woher kommt der Strom für Wärmepumpen?

Und mit Blick auf die Energiekrise sieht Weller noch ein weiteres Problem. Zwar ist man mit Luft-Wärmepumpen unabhängig von fossilen Brennstoffen oder Holz. Aber sie brauchen Strom. „Wer soll den ganzen Strom produzieren?“, fragt sich der Installateurmeister mit Blick auf die Energiewende. Eine Antwort darauf, wie die aktuelle Lage ist, hat das Frauenhofer-Institut: 490 Milliarden Kilowattstunden wurden in Deutschland in 2021 erzeugt. 53 Prozent des Stroms in Deutschland durch fossile Brennstoffe und Kernenergie erzeugt. 45,7 Prozent waren regenerative. Und dieser Anteil ist im Vergleich zu 2020 sogar gesunken. Damals waren es 50,5 Prozent.

Lesen Sie auch: Ein Mittel gegen explodierende Energiepreise

Die Energiekrise treibt aber nicht nur die Technik in den Neubauten voran. Explodierende Preise bei Heizöl, Gas und Holz lassen auch viele Besitzer von Bestandsimmobilien über Alternativen und Modernisierung nachdenken. Die Mehrheit aller Häuser wird mit Gas oder Öl geheizt. Hinzu kommen Holz und Pelletkessel für Kamine und Öfen. Hier rät Weller dazu, sich gut beraten zu lassen. Nicht immer seien Wärmepumpensystem auch auf Bestandsimmobilien übertragbar.