Bad Berleburg. Ohne Schützenfeste und Familienfeiern lief das Geschäft schlecht. Jetzt brummt es. Uwe und Andrea Brockhaus berichten über ihren den „Kaltstart“

„Wir sind so glücklich, dass es wieder losgeht“, sagt Andrea Brockhaus und hängt frisch gereinigte Kleider- und Schützenuniformen auf ein Laufband. Die Corona-Pandemie hat dem Bad Berleburger Reinigungsunternehmen fast drei Jahre lang arg zugesetzt. Mit der neuen Schützenfestsaison in Wittgenstein und dem Sauerland starten Uwe und Andrea Brockhaus wieder voll durch – quasi von Null auf Hundert binnen weniger Tage. Aber ganz spurlos sind die schweren Jahre nicht am Team des im weitem Umkreis einzigen Reinigungsunternehmens vorübergegangen.

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„Während der Pandemie haben wir oft nur einen Tag in der Woche arbeiten können. Denn für acht Hemden brauche ich eine Maschine für 8o Hemden nicht anzuwerfen“, erinnert sich Uwe Brockhaus. Und auch der Gaskessel, der Dampf für Reinigungs- und Bügelprozesse liefert, blieb öfters aus. Zu hoch wären die laufenden Kosten gewesen. „2019 hatten wir keine Schützenfeste oder Hochzeiten. 2020 nur vier und erst jetzt geht es wieder los.“ Das hat Folgen: „Von früher 18 Mitarbeitern sind wir nur noch sechs“, sagt Andrea Brockhaus.

Sorge vor Ansteckung

Deswegen darf jetzt, wo die Menschen wieder Hochzeiten, Abschlussbälle und vor allem Schützenfeste feiern, nichts passieren: „Wir sind nicht auf unserem Berleburger Schützenfest gewesen; haben uns nur den Festzug angesehen. Da blutet einem schon das Herz“, sagt Uwe Brockhaus, für den der Besuch des Vogelschießens zu den schönsten Terminen im Jahr gehört. Zu groß ist bei beiden die Sorge, dass man sich trotz Impfung doch mit dem Virus ansteckt und dann im Betrieb ausfalle, denn jetzt laufen die Maschinen schon wieder an vier oder fünf Tagen in der Woche.

Andrea und Uwe Brockhaus mit einigen ihrer Mitarbeitern Irina Haidt, Natascha Schell und Marine Boghean (von links) und Dalmatinerrüde Armani.
Andrea und Uwe Brockhaus mit einigen ihrer Mitarbeitern Irina Haidt, Natascha Schell und Marine Boghean (von links) und Dalmatinerrüde Armani. © WP | Lars-Peter Dickel

Kunden kommen oft, wenn es zu spät ist

Neben der Corona-Pandemie sind es auch die Vorurteile über Kosten und Möglichkeiten einer Reinigung, mit denen Uwe und Andrea Brockhaus immer wieder zu tun haben.Manchmal kämen Kunden leider erst in die Reinigung, wenn sie mit Hausmittelchen oder sogar teuren Fleckentfernern nicht zum Ziel gekommen sind. „Die haben dann ein kleines Vermögen ausgegeben und ich erkläre ihnen, dass die Reinigung eines Hemdes bei uns 2,75 Euro kostet.“ Ähnlich sei es auch beim Anzug, der für 22 Euro gereinigt werde.FamilientraditionUwe Brockhaus, hat das Familienunternehmen von seinem Vater übernommen. 1977 hatten seine Eltern Alfred und Christel Brockhaus den alteingesessenen Betrieb der Familie Schneider (Färbersch) in der Edertstraße übernommen. Der Vater war Autodidakt. Sein Sohn Uwe hat das Geschäft dann 1997 übernommen, das Reinigungshandwerk von der Pike auf gelernt. Und auch Uwe Brockhaus weiß, dass manche Kunden erst in seinen Laden kommen, wenn es bereits zu spät sei. Mit fehlgeschlagenen Reinigungsversuchen könne man Textilien nachhaltig beschädigen.Nachhaltiger und günstiger„Das Problem sind beispielsweise Fett- oder Ölflecken vom Essen auf einem Hemd oder einer Krawatte. Ich rate dann immer, gar nichts zu machen und in die Reinigung zu gehen. Dann kann ich den Fleck entfernen, weil die Verschmutzung noch auf der Faser liegt.“ Wenn man aber mit Wasser oder Reinigungsmitteln sein Glück versuche, reibe man den Fleck in die Faser. Dann sei im Grunde alles zu spät, so Brockhaus. Selbst wenn dann im Anschluss auch die Verunreinigung weg sei, sehe man aber an der Schädigung der Textilfarbe immer noch den früheren Fleck. Greife man sofort zur richtigen Technik und zum richtigen Mittel, sei das eben nicht der Fall, plädiert der Fachmann für sein Handwerk. „Die Reinigung ist außerdem viel nachhaltiger und kostengünstiger, als es zuerst mehrmals in der heimischen Waschmaschine zu probieren“, sagt Brockhaus.

Aus dem weiten Umkreis kommen Abendkleider, Uniformen aber auch Anzüge, Hosen, Hemden und Funktionskleidung in die Bad Berleburger Ederstraße. Grüne Zettel auf wasserfestem Spezialpapier heften in den Kleidungsstücken. So lassen sich die Sachen den Kunden und Annahmestellen zuordnen. Neben Bad Berleburg gibt es Annahmestellen in Bad Fredeburg, Schmallenberg, Oberkirchen, Fleckenberg und dem hessischen Biedenkopf und Breidenbach. Vom Sauerland bis nach Olpe und ins hessische Dillenburg reicht das Einzugsgebiet. „Früher hatten wir sogar 50 Annahmestellen – im Grunde gab es in jedem Dorf eine – aber heute sind die Kunden mobiler“, erinnert sich Uwe Brockhaus, der das Familienunternehmen von seinem Vater Alfred übernommen hat.

Breit aufgestellt

Mit modernen Reinigungsmaschinen, Trocknern und Bügelgeräten kann Brockhaus heute bis zu 500 Kilogramm Kleidung am Tag bearbeiten. Hinzu kommen auch Teppiche, Betten, Tisch- und Bettwäsche, Polster und Lederwaren. „Wir machen auch Brand-, Wasser- und Schimmelsanierungen“, erläutert Uwe Brockhaus. Das sind Kleidungsstücke, die aus Haus- und Wohnungsbränden gerettet wurden, aber beispielsweise durch Ruß und Rauchgase kontaminiert sind. Ähnlich aufwendig ist auch das Reinigen von Feuerwehr-Einsatzkleidung, für die sich Uwe Brockhaus zusätzlich qualifiziert hat.

All diese Standbeine haben dem Unternehmen in der schweren Zeit des Lockdowns geholfen. Aber das Hauptgeschäft bleiben eben Anzüge, Kleider und Schützenuniformen. „Für uns beginnt die Saison normalerweise an Ostern“, erläutert Andrea Brockhaus. „Dann kommen die Konfirmationen, die Kommunionfeiern und die Schulabschlussbälle und später die Schützenfeste. Das war alles weggebrochen.“

Auch Familienfeiern wie Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen spielen eine Rolle. Während des Lockdowns waren aber auch diese Anlässe auf ein Minimum reduziert. Ganz zu schweigen von Homeoffice: „Da trage ich Jogginghose und keinen Anzug“, schmunzelt Uwe Brockhaus.

Jetzt ist der Lockdown vorbei. Die Schützenfeste werden wieder gefeiert, es wird geheiratet und Ballkleider und Uniformen auf Vordermann gebracht. Nur selbst mitfeiern wollen Uwe und Andrea Brockhaus erstmal nicht, weil das Geschäft endlich wieder richtig läuft. „Darauf haben wir lange gewartet“, sagt Andrea Brockhaus.