Wittgenstein. Worauf sich Bürgerinnen und Bürger einstellen müssen, erklären die Betreiber lokaler Teststellen. Am höchsten ist die Gebühr in Bad Berleburg.

Das Land NRW hat die Corona-Schutzverordnung sowie die Test- und Quarantäneverordnung verlängert. Die Maßnahmen gelten vorerst bis Ende Juli. Die Landesregierung schränkt jedoch wie angekündigt das Angebot der kostenlosen Bürgertests seit Donnerstag langfristig ein. Was das für die Wittgensteiner Bürgerinnen und Bürger bedeutet, worauf sie sich zukünftig einstellen müssen -- das hat unsere Redaktion bei lokalen Teststellen erfragt.

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Weiterhin gratis bleiben die Tests nach der neuen Verordnung nur für Kinder unter fünf Jahren, nachweislich nichtimpfbare Personen, Schwangere bis zum dritten Monat, Haushaltsangehörige von infizierten Personen sowie Menschen, die eine medizinische Einrichtung wie ein Krankenhaus oder Altenheim besuchen möchten und für Infizierte, die sich freitesten wollen. Die Freitestung aus der Quarantäne bleibt in NRW kostenlos. Wer eine Veranstaltung in einem Innenraum oder einen über 60-Jährigen besuchen will, Kontakt mit einem Risikopatienten mit Vorerkrankung hatte oder eine rote Corona-Warn-App hat, muss seit dem 30. Juni drei Euro für einen Schnelltest bei einer Teststation bezahlen. Der Staat zahlt die Differenz. Die Testzentren haben eine Liste an die Hand bekommen mit Testgründen für kostenlose Testungen wie auch die Schnelltests, für die eine Pauschale von drei Euro notwendig wird.

Die neue Gebühren

Bei diesem ganzen Durcheinander wusste Thomas Decker, der Inhaber des Testzentrums „Am Nordknoten“, selbst zunächst nicht ganz genau, was zum 30. Juni nun für sein Testzentrum gilt. Am Morgen mussten daher erstmal noch ein paar offene Fragen geklärt werden. Denn für die allermeisten Wittgen­steiner gelten diese Regelungen nicht. „Fest steht jetzt: Wenn man sich ohne richtigen Grund testen lassen möchte, weil es einem beispielsweise nicht gut geht und man seine Kollegen nicht gefährden möchte, werden die Schnelltests im Bad Berleburger Stadtgebiet nun einheitlich 12 Euro kosten“, erklärt Decker. Für Schüler, Auszubildende und Studenten gibt es eine Ermäßigung. Der Test kostet für sie 9,50 Euro. „Fakt ist, dass wir von nun an jeden, der in unser Testzentrum kommt nach einem Grund für seine Testung fragen müssen – Datenschutz ade“, beklagt Decker.

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Die Umsetzung

Die Umsetzung der neuen Verordnung sei unter anderem deshalb und wegen der Abwicklung der Bezahlungen mit einem deutlich höheren organischen Aufwand verbunden, weshalb Decker eigentlich mehr Personal bräuchte. Allerdings habe die Regierung die Erstattungen für die Testzentren-Betreiber und die Gehälter reduziert. „Das Problem ist, dass der Aufwand nun deutlich mehr wird, die Personalkosten dadurch steigen, uns aber gleichzeitig die Entlohnung gekürzt wurde.“ Darüber hinaus sei auch die Materialpauschale um einen Euro abgesenkt worden.

Der weitere Betrieb

Lohnt es sich denn dann überhaupt noch, ein Testzentrum weiter zu betreiben? Diese Frage hat sich Decker in den letzten Tagen auch schon gestellt. „Ich könnte mir vorstellen, dass das ein oder andere Testzentrum bald aufgibt, weil es sich einfach nicht mehr rentiert.“ Er wolle aber weitermachen, so Decker, weil er darin Sinn und Wichtigkeit sehe. „Klar wussten wir, dass was kommt. Aber wir konnten natürlich nicht absehen, in welchem Ausmaß es unsere Arbeit beeinflussen wird – und daher konnten wir im Vorfeld noch nicht so viel vorbereiten oder umsetzen.“

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Die kurzfristigen Entscheidungen

Gerade diese sehr sehr kurzfristigen Entscheidungen würden ihn immer wieder sprachlos machen, so Decker. „Wenn ich zwölf Stunden, bevor die Tür aufgeht, erst wichtige Informationen zum Testbetrieb bekomme, ist das natürlich ärgerlich. Aber wir sind es leider gewöhnt von unserer Regierung.“ Bis jetzt seien die Reaktionen der Bürger auf die kostenpflichtigen Tests gemischt gewesen: „Ein paar Leute waren da, die wussten, dass ab heute irgendetwas anders ist – andere wussten es zum Beispiel gar nicht und waren überrascht“, sagt Decker. Es sei alles noch sehr chaotisch – und die Umsetzung der Vorgabe müsse sich noch einspielen.

Die Wettbewerbsanalyse

Andrea Wohlert, Inhaberin zweier Apotheken in Bad Laasphe und Erndtebrück, hat „die Gebühr noch nicht abschließend festgelegt“. Sie wolle erst noch eine Wettbewerbsanalyse bei den Kollegen der anderen Testzentren in der Umgebung machen. Dabei stelle sich natürlich auch die Frage, „wer von unserer Kundschaft überhaupt den Anspruch hat, kostenlos getestet zu werden“. Die Corona-Tests „sollten auf jeden Fall kostendeckend sein“, so Wohlert – und „für uns kein Zuschussgeschäft werden“. Für Bürgerinnen und Bürger, die sich die Test-Gebühren nicht leisten können, möchte die Apothekerin im Einzelfall Lösungen finden. Bei den Nachweisen für Ausnahmefälle habe die Kassenärztliche Vereinigung (KV) inzwischen die Details ausgearbeitet, berichtet Wohlert. Insgesamt laufe es auf eine Selbstauskunft hinaus. Was die Test-Kosten betreffe, „wollen wir das jedenfalls bezahlbar halten“.

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Die Tests seien auch weiterhin ein wichtiger Bestandteil bei der Versorgung der Bevölkerung, betont Andrea Wohlert. „Die Zahlen sind nicht so, dass man auf das Testen verzichten könnte“, sagt sie, denn: Wenn die Menschen jetzt wieder feierten, steige natürlich auch die Gefahr, sich anzustecken.

Testen im Fitness-Studio

Kilian Giese, Inhaber des Bad Laaspher Fitness-Studios „RadioActiv“ an der Bahnhofstraße mit Testzentrum, verlangt seit Donnerstag drei Euro pro Bürger-Test – ebenso wie die Stadt-Apotheke. Von der KV gebe es künftig also nicht mehr acht Euro pro Test zurück, sondern im Grunde nur noch fünf. Die Abrechnung sei aber komplizierter.

Um die Ausnahmen von der Gebührenpflicht zu kontrollieren, müssen Testwillige schon bei der Termin-Buchung im Internet angeben, warum sie Anspruch auf einen Gratis-Test erheben. Giese glaubt aber, dass sich die Ausnahme-Regelungen „nicht lange halten, weil es von der Umsetzung her eine Katastrophe ist. Wir müssen darauf vertrauen, dass uns die Leute da die Wahrheit sagen“.

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Sein „Testzentrum Bad Laasphe“ im Sauna-Bereich hat Giese übrigens im Januar eröffnet, nachdem das Gesundheitsamt ein anderes Testzentrum in der Kernstadt aus Hygiene-Gründen geschlossen hatte. Nur so sei es für die Kunden seines Fitness-Studios weiter möglich, so Giese, auch schnell einen Test-Termin zu bekommen. Offen stehe das Testzentrum natürlich allen Bürgerinnen und Bürgern.