Bad Berleburg. Waldbesitzer fürchten um ihre Zukunft, Jäger um ihr Hobby. Was das Regionalforstamt berichtet macht Angst. Aber es gibt auch eine Perspektive.

Die Lage ist viel schlimmer als gedacht. Begriffe wie „Alarmstufe Rot“ fallen. Von 100 Millionen Euro Kosten für die Wiederaufforstung in Siegen-Wittgenstein ist die Rede und davon, dass weder Saatgut noch Setzlinge, geschweige denn fachlich dafür ausgebildetes Personal vorhanden ist. „Ein Waldpakt ist nötig“, sagen der Leiter des Regionalforstamtes Siegen-Wittgenstein, Manfred Gertz, und Förster Klaus Daum aus Bad Berleburg. Kleine und große Waldbesitzer, Forstamt und Jäger müssen dafür an einen Tisch. Das passiert aktuell auch bei den Regionalkonferenzen „Wiederbewaldung und Jagd“ im Kreis. Am Donnerstag berichteten die Fachleute dem Bad Berleburger Haupt- und Finanzausschuss von der Situation im gesamten Kreisgebiet und dem Stadtwald. „Die Lage hat sich dramatisch verändert“, sagt Gertz und gibt die Schuld nicht dem Borkenkäfer. Der vollziehe nur das, was Klimawandel und Dürre verursacht haben.

Trauriger Spitzenplatz in NRW

Südwestfalen, speziell der Kreis Siegen-Wittgenstein belegt jetzt den traurigen Spitzenplatz bei den Waldschadensbildern. Im ganzen Land sind 130.000 Hektar von 900.000 Hektar Waldfläche vernichtet. „Wir sind mit 20.000 Hektar Spitzenreiter in NRW“, macht Gertz die Bilanz der Forstämter klar. Bis jetzt sei drei Mal so viel Holz angefallen, wie bei Kyrill. „Und wir sind noch nicht am Ende“, so Gertz.

Lesen Sie dazu auch:

Im Bad Berleburger Stadtwald seien 44.000 Festmeter Holz geerntet worden. Das Positive: „Der Holzpreis ist so hoch, wie wir ihn noch nie hatten.“ Das Negative: Nach dem Verkauf werde auf Jahrzehnte kein Geld mehr aus dem Wald fließen.

Ende der „Hoffnungsträger“

Das Problem sei aber nicht nur die Vermarktung des Käferholzes, sondern vor allem auch die Zukunft des Waldes: „Wir müssen davon ausgehen, dass wir unsere Landschaft anders erleben“. Nicht nur die Fichte werde vom Borkenkäfer befallen, sondern auch Douglasie, Lärche und Kiefer, die „Hoffnungsträger der Waldbesitzer“.

In einer Falle in Beddelhausen misst das Forstamt den Borkenkäfer-Befall. Bei 3000 Tieren, die pro Woche in die Falle gehen ist die „Alarmstufe rot“ erreicht. Aktuell zähle man dort 30.000 pro Woche. Und das an einem Ort, an dem es keine Fichten mehr gibt. „Alles, was wir bislang über den Käfer wussten, stimmt nicht“, sagt Daum. Man habe gedacht, der fliege nur 500 Meter von Baum zu Baum, deshalb ließe sich der Befall lokal eingrenzen. Inzwischen ist klar, der Käfer fliegt so lange, bis er einen geeigneten Baum findet.

Auch Laubbäume fallen

Im Stadtwald Bad Berleburg mit seinen 263 Hektar Fichten sind inzwischen 194 Hektar „liquidiert“, rechnet Daum vor. „Die Aussicht für die Baumart Fichte ist düster“. Die Trockenheit, die die Nadelbäume anfällig für den Käfer und die Stürme macht, trifft aber auch die Laubwälder: „Die Frühjahrsstürme haben 20 Prozent Laubwald geworfen“, sagt Gertz. Und Klaus Daum berichtet von Eichenbeständen, deren Wurzelwerk durch fehlendes Wasser aussieht, als seien die Bäume im Pflanzkübel gewachsen. Die können dem Wind nicht standhalten.

Lesen Sie auch:

Die Wiederaufforstung ist eine „gesamtgesellschaftliche Verpflichtung“, sagt Daum. Aber die wird nicht einfach. Das macht er am Beispiel Stadtwald deutlich. Um 220 Hektar aufzuforsten brauche man etwa 1,1 Millionen Pflanzen. „Die sind einfach nicht zu kaufen. Es gibt kein ausreichendes Saatgut.“

Konzept für Aufforstung

Aber es gibt ein Konzept, das sich die Naturverjüngung zunutze macht. Dadurch reduzieren sich bei Flächenanalyse und gezielter Ergänzungspflanzung der Bedarf auf r 60.500 Setzlinge. Und verteilt man das auf drei Jahre, lassen sich Kosten und der Arbeitsaufwand reduzieren. Unterm Strich sei es so: „Alles, was man im Wald schnell macht, kostet Geld." Zwei weitere Faktoren sind aber auch problematisch: Es gibt quasi kein Personal, das forstwirtschaftlich ausgebildet ist. Dazu müssen die Rentkammern, der Staatsforst und die Waldbesitzervereinigung an einen Tisch. „Das geht nur gemeinsam“, sagt Daum. Es müssen Strukturen für Ausbildung und Festanstellung geschaffen werden: „Wir können 10 bis 15 Leute in den nächsten Jahren beschäftigten“, nennt Daum die Dimension.

Jäger gefordert

Wenn die Wiederaufforstung gelingen soll, müssen alle an einem Strang ziehen, machen die Forstleute deutlich: Waldbesitzer, Forstleute und Jäger. Die Jäger sind wichtig, weil die Wildbestände drastisch reduziert werden müssen, erläutert Manfred Gertz: „Was auf die Jäger in den nächsten zehn Jahren zukommt, ist Arbeit.“ Die Waldbesitzer müssten den Jagdpächtern deutlich machen, was sie von ihnen erwarten. „Wir rechnen damit, dass die Hobbyjagd unter Druck gerät“. Die großen Waldbesitzer seien bereits dabei, die Bestände zu reduzieren: „Prinz Gustav hat das Ruder rumgerissen und auch die Rentkammer Laasphe steuert radikal um“, berichtet Gertz. Das ist auch Thema der Regionalkonferenzen.